Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 26.1906/​1907

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Suida, Wilhelm: Die Spätwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.5946#0374
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Spätwerke des Bartolommeo Suardi, genannt Bramantino. 363

Daß Bramantinos Stil auch von Miniaturmalern angenommen wurde, lehrt ein entzückendes
kleines Büchlein, das zu den Schätzen der Trivulziana gehört: «II libretto di Jesus, detto anche l'a b c
a uso di Massimiliano Sforza figlio di Lodovico il Moro, duca di Milano» (Triv. cod. 1546).

Schon im Katalog der Trivulziana von Porro 1 ist von den beiden ganzseitigen Miniaturen des
Büchleins die Rede und es wird verzeichnet, daß sie zuerst als Werke Leonardos galten, dann dem Bra-
mantino zugeschrieben wurden. Auf dem ersten Bilde ist die Begegnung des Kaisers Maximilian mit seinem
Patenkinde dargestellt. Der Kaiser ist in langen, goldverzierten braunen Mantel gekleidet, unter dem
die blauen Ärmel des Wamses vorkommen, und trägt eine schwarze Kappe. Der kleine Massimiliano
hat ein lichtblaues Kleid mit Goldstickerei und rote Strümpfe. Sein Begleiter ist in rote, lila und kobalt-

Fig. 60. Bernard'mo Luini, Bruchstück eines Freskos der Beschneidung Christi vom Castell von Abbiategrasso.

Mailand, im Besitze des Malers Oreste Silvestri.

blaue Farben gekleidet. Die zierliche Landschaft, vorne grün, blau in der Ferne, zeigt Goldhöhung im
Lichte. Die zarte, schöne Bewegung der Figuren, die sensitiven Hände kommen der Kunst Bramantinos
sehr nahe. Im Texte finden wir nach einigen Gebeten passende Verhaltungsmaßregeln für den jungen
Massimiliano gelegentlich der Begegnung mit dem Kaiser. Auch ist hier angegeben, was er in deutscher
Sprache dem Oheim sagen soll. Auf p. 9 finden wir dann das zweite Miniaturbild: Vor einem Turm,
auf dem ein Mann mit einem Blasinstrumente sitzt, sieht man den jungen Massimiliano auf der Erde
herumkriechen und Eidechsen in einen Käfig fangen. Vögel aber fliegen auf den jungen Herzogssohn
zu. Sein Erzieher, Conte Borella, steht seitwärts und weist auf den Stern am Himmel. Landschaft und
Figuren sind in ähnlichen schönen, lebhaften Farben wie auf dem ersten Bilde gegeben. Ein Gedicht
erläutert diese Darstellung:

1 Giulio Porro, «Catalogo della Trivulziana», Milano 1884.
 
Annotationen