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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0077
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Heinrich Rüttinger.

wendung gebracht. Die Bestimmung der Blätter geht aus ihrem Zusammenhange mit der nachfolgend
beschriebenen Reihe von Handzeichnungen hervor.

Im k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien erliegt ein vom 2. Juli 1563 datierter Brief des Erz-
herzogs Ferdinand von Tirol an den König Maximilian IL, mit dem er diesem nebst einigen Schriftstücken
eine größere Anzahl «abgemalte figuren des hochlöblichen hauß Österreych Pluetlini» übersendet, die
ihm König Ferdinands I. «geweßner Ernholdt Hanns Tyrol» übergeben habe.1 Die 38 Zeichnungen

— es waren, wie eine alte Numerierung
auf ihren Rückseiten zeigt, ursprünglich
mindestens 40; die Blätter 11 und 12 sind
in Verlust geraten — stellen Herrscher-
gestalten im Stile der beiden Blätter der
Albertina vor, sind jedoch nur mit der
Feder nach einer hin und wieder noch
kenntlichen Kohlevorzeichnung ausge-
führt und nicht laviert. Jede Zeichnung
mißt 135 X 90 in den Einfassungslinien.
In den Rüstungen, deren Formen bald
an die Antike, bald an Harnische des XV.
und XVI. Jahrhunderts anklingen, sowie
in den Posen ist die erdenklichste Ab-
wechslung erstrebt. Mit Ausnahme einer
einzigen ist an jeder Figur die Stelle, die
der Kopf einnehmen sollte, leer. Nur die
Gestalt des Blattes 17 trägt ein mit einem
Kronreifen geschmücktes römisches Im-
peratorenhaupt. Jede der Figuren —
nebensächliche Abweichungen übergehe
ich — hat einen leeren Schild, den ab-
genommenen Helm und ein Täfelchen
oder sonst ein zur Aufnahme eines Na-
mens taugliches Sockelfragment etc. neben
sich. Als Folie sind ihnen antike Ruinen,
Teile von Renaissancearchitekturen, Stadt-
plätze, Palastfassaden oder auch einfache
Mauern und Landschaften mit Felsen
und Bäumen beigegeben. Zuweilen sind
Tiere (Pferd, Affe, Kranich, Pfau, Papa-
Fig. 26. Breu d. J., Königsfigur. gei, Eule) mit diesen Motiven verbunden.

Lavierte Federzeichnung der Albertina. Ohne Frage Stammen auch die Figuren

der Blutlinie aus der Werkstätte Breus.
An der Herstellung der Reihe, wie sie uns jetzt vorliegt, waren drei Zeichner beteiligt. Blatt 22
(Fig. 29), das schönste Stück der Serie, flott und gewandt ausgeführt, stammt sicher von dem Meister
selbst. Der Hauptanteil mit 36 Blättern fiel einem gleichfalls sehr geschickten Gesellen zu.2 Das Papier

1 Ehedem im Archive des k. k. Ministeriums des Innern. Publiziert von H. Zimmermann, dem ich auch den Hinweis
auf die Serie verdanke, im Jahrbuche V (1887), S. CLXIVf., Nr. 4539. Daselbst auch eine Abbildung des Blattes Nr. 3.

2 Seine Gruppe zerfällt nach dem Tone des zur Anwendung gebrachten Farbstoffes in zwei Unterabteilungen. Die eine,
22 Blätter umfassend, ist mit Bister, die andere mit schwarzer Tinte gezeichnet; sie zählt 14 Blätter. Diese weisen in den
Konturen und Schatten Korrekturen auf, die von derselben Hand mit dem bei der Herstellung der ersten Unterabteilung
verwendeten Bister vorgenommen wurden.
 
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