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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0078
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Breu-Studicn.

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dieser Gruppe wie das Papier des von Breu selbst gezeichneten Regenten trägt als Wasserzeichen einen
kleinen Doppeladler, der einen Schild mit einem Insekt in den Fängen hält. Das Papier ist augsburgi-
schen Ursprunges.1 Allein steht wieder Blatt 38. Es ist von sehr ungelenker Hand mit stumpfer Feder
und einem graubraunen Farbstoffe gezeichnet, der auftrocknend einen schwarzen mehligen Rückstand
hinterließ. Das Papier zeigt als Wasserzeichen den zweischwänzigen böhmischen Löwen in einem Kreise
mit der darüber hinausragenden dreizackigen Krone. Das Blatt wurde nachträglich zum Ersätze eines
irgendwie schadhaft gewordenen wahrscheinlich erst in Prag hergestellt.

Mit Blatt 3o und 33 der Reihe decken sich nun (linear und bis auf die fehlenden Köpfe) die beiden
farbigen Zeichnungen der Albertina, und zwar müssen diese die Vorlage (für die Kohlevorzeichnungen)
gebildet haben. So hatte der Nachzeichner bei 3o den Schlitz des linken Schuhes für eine Schleife ge-
halten (was nicht möglich gewesen wäre, hätte ihm das farbige Blatt bei der Ausführung der Feder-
zeichnung vorgelegen), bei 33 den Sockel der Architektur auf die linke Fußspitze der Herrscherfigur
gesetzt und die goldenen Teile des Kettenpanzers, die in der Vorlage nur durch die Höhung hervor-
gehoben sind, auch zeichnerisch anders behandelt. Die Figur des signierten Blattes halte ich ihrer feinen
Ausführung wegen für eine Arbeit Breus selbst; daß auch das Gegenstück von ihm gezeichnet ist, be-
zweifle ich. Keinesfalls rühren die Köpfe von ihm her. Dem Gesellen, der sie ausführte, werden wir noch
begegnen.

Betreffs der Bestimmung der Serie sind
wir auf Vermutungen angewiesen. Ihr Be-
steller war jedenfalls Hans Tirol, der Schwa-
ger des jungen Breu, ein bewegliches Talent,
Maler, Ehrenhold, Baumeister und Lebzelter,
vor allem aber Unternehmer und Agent,2 ihr
nächster Zweck, wie acht Jahre vorher der
Schnitt der Belehnung, die Annäherung Ti-
rols, der 1544 noch Bauvogt in augsburgi-
schen Diensten war, an den König Ferdinand
anzubahnen. Die beiden farbigen Blätter
dürften als Muster gedient haben, nach deren

Approbierung Breu über Tirols Auftrag zur Ausführung der ganzen Serie schritt. Die Köpfe blieben
vorerst weg, da Tirol für sie eine nach seiner Meinung authentische Porträtreihe im Auge gehabt haben
mochte. Das Unternehmen, von dem wir nicht einmal wissen, ob es auf die Herstellung einer Folge
von Buchmalereien, Holzschnitten oder, weniger wahrscheinlich, Wandmalereien abzielte, gelangte
zwar nicht zur Ausführung, scheint aber Tirols Absichten nicht abträglich gewesen zu sein. Als er 1563
die Ahnenreihe dem Erzherzog Ferdinand überreichte, hatte er allerdings seine Rolle am Prager Hofe
schon wieder ausgespielt, da er nicht lange vorher seiner Stellung als Oberstbaumeister der Krone
Böh men enthoben worden war. Vielleicht hatte Tirol damals in Erfahrung gebracht, daß zu eben der
Zeit (mindestens seit 1558) Francesco Terzio, wenn auch nicht im Auftrage des Erzherzogs Ferdinand,
so doch in Erwartung seiner Erkenntlichkeit an den Imagines domus Austriacae3 arbeitete, und gehofft,
durch Überreichung seiner nach Plan und Anlage mit der Terzios sich deckenden Serie die alten Be-
ziehungen wiederherstellen zu können.

Fig. 27 und 28. Medaillons von der Hand des Gesellen C aus dem
Augsburger Ehrengedächtnisbuch im Bayrischen Nationalmuseum.

1 F. v. Hössle, Die alten Papiermühlen Augsburgs, Nr. 222.

2 Vgl. Essenweins Ausgabe der Belehnung und die Anzeige der Publikation von R. Stiassny in der Kunstchronik,
N. F. II (1890/91), Sp. 33 ff.; ferner Roth, S. 5. Gesicherte Werke des Mannes sind uns nicht überliefert; der Entwurf zu dem
Fresco aus dem Leben Sigismunds, den er zur Ausführung im Prager Dome dem Erzherzog Ferdinand vorlegte (Abb. Jahr-
buch V, S. LXIII), braucht durchaus nicht von ihm herzurühren. Er hatte ja auch die Blutlinie nur als Vermittler, als der er
auch sonst sich bewährte, in Händen.

3 Vgl. Ilg im Jahrbuche IX (1889), S. 243 ff. Ferdinand scheint an dem seit Maximilians genealogischen Unternehmungen
in fürstlichen Häusern eingebürgerten Ahnenreihenkulte besonderen Geschmack gefunden zu haben. Ich erinnere an den um
1571 für ihn durch Pietro Rosa von Brescia hergestellten Freskenschmuck des spanischen Saales in Ambras.
 
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