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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Jugendwerke von Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0010
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2

Gustav Glück.

Doriaschen Galerie zu Rom (Fig. 5) und endlich auch das von Bode mit gutem Recht dem Meister
zugeschriebene, zeitlich jenem Münchner Doppelporträt sehr nahe stehende Familienbild der Karls-
ruher Galerie (Fig. 6) gelten. Unter den Zeichnungen ist unserem Knabenporträt das Brustbild

eines bärtigen Mannes in der Al-
bertina zu Wien 1 am nächsten ver-
wandt (Taf. II). Neben der Haar-
behandlung, die in ihrem kalligra-
phischen Zuge dieselben Eigentüm-
lichkeiten aufweist wie die des Kna-
benbildnisses, ist hier auch die ganze
Anlage des Bildnisses, der nach
dem Beschauer hin gerichtete Blick
so ähnlich, daß auf eine Entstehung
genau in derselben Zeit geschlossen
werden muß.

Wer mit Rubens' Jugendstil
vertraut ist, der freilich erst durch
die deutsche und österreichische
Forschung, vor allem durch die Un-
tersuchungen Wilhelm von Bodes
und Franz Martin Haberditzls,2 im
letzten Jahrzehnt völlig deutlich ge-
worden ist, wird schon nach diesen
Vergleichungen in unserem Bruch-
stück die Hand des Meisters nicht
verkennen können.3 Glücklicher-
weise sind wir aber auch in der
Lage, das Werk, zu dem das Frag-
ment gehört, mit Sicherheit nachwei-
sen zu können. Es ist dies das Mit-
telstück des reichen Altarschmuckes
der ehemaligen Jesuitenkirche zu
Mantua, den Rubens im Auftrage
seines Herrn, des Herzogs Vincenzo Gonzaga, geschaffen hat. Während er in den beiden ge-
waltigen Seitenstücken von breitem Format die Verklärung (heute im Museum von Nancy) und die
Taufe Christi (jetzt im Antwerpener Museum)4 darstellte, malte er in dem fast quadratischen Mittel-
bilde die heilige Dreifaltigkeit, verehrt von der Familie Gonzaga. Die Seitenstücke sind, von Schäden
der Erhaltung abgesehen, noch in ihrem ursprünglichen Zustande, das Mittelstück hat aber ein
härteres Schicksal erlitten. Als nämlich die Kirche bei der Einnahme von Mantua durch die Fran-

Fig. 1.

Rubens, Der heil. Simon.
Madrid, Prado.

1 Schönbrunner und Meder, Handzeichnungen aus der Albertina Nr. 183.

5 W. von Bode. Die Graphischen Künste XI (1888), S. 23, und Zeitschrift für bildende Kunst N. F. XVI (1905), S. 200;
F. M. Haberditzl, Studien über Rubens: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Ah. Kaiserhauses XXX (1912),
S. 257. Hiezu vergleiche man unsere Besprechung von Rosenbergs Werk über Rubens in Wickhoffs Kunstgeschicht-
lichen Anzeigen 1905, S. 51.

3 Die Zweifel, die Fierens-Gevaert in seiner wenig eindringenden Studie über Rubens in «Tresor de l'Art Beige au
XVIIe siecle», Brüssel 1912, p. 12, ohne Angabe von Gründen ausgesprochen hat, beweisen nur, wie wenig noch Rubens'
Stil in seinem Heimatslande bekannt ist.

4 Die im Louvre erhaltene quadrierte Vorzeichnung zu diesem Bilde, die von Mai Rooses bezweifelt worden war,
hat F. M. Haberditzl (a. a. O.) mit vollem Recht dem Meister zurückgegeben. Schon die Abweichungen der vorzüglichen
Zeichnung von dem ausgeführten Bilde sprechen deutlich genug für Rubens' Urheberschaft.
 
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