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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Jugendwerke von Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0011
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Jugendwerke von Rubens.

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zosen im Jahre 1797 in einen Futterspeicher verwandelt wurde, zerschnitt ein französischer Kom-
missär das mächtige Bild in eine Anzahl von kleineren Stücken, um es bequemer nach Frank-
reich schaffen zu können. Es gelang zwar, diese Absicht zu vereiteln; doch als man die einzelnen
Teile wieder zusammensetzen wollte,
stellte es sich heraus, daß einige da-
von fehlten.1 Heute besitzt die Bi-
bliothek von Mantua nur mehr zwei
große Bruchstücke, die allerdings
die Hauptteile des Ganzen sind. Das
eine davon, die obere Hälfte des
Gemäldes, enthält die heilige Drei-
faltigkeit, in den Lüften schwebend,
umgeben von Engelsgestalten (Fi-
gur 7), und scheint ziemlich voll-
ständig erhalten zu sein. Das zweite
Stück zeigt die Hauptgestalten der
unteren Hälfte, die überlebensgroßen
knienden Figuren des Herzogs Vin-
cenzo und seiner Gemahlin Eleo-
nore von Medici, hinter ihnen die
der Eltern Vincenzos, des Herzogs
Guglielmo und der Herzogin Eleo-
nore, einer Tochter Kaiser Ferdi-
nands I. (Fig. 8). Auf beiden Sei-
ten sieht man jetzt glatte Vorhänge,
die in unserer Wiedergabe unter-
drückt sind. Nach den älteren Be-
schreibungen wissen wir aber, daß
nicht nur die genannten Personen
dargestellt waren, sondern außer
ihnen noch die sämtlichen Kinder
Vincenzos, das heißt: die Prinzen
Francesco (geb. 1586), Fernando

(geb. 1587) und Vincenzo (geb. 1594) und die Prinzessinnen Margarete (geb. 1590) und Eleonore
(geb. 1598), außerdem die Gestalt eines Trabanten, der Rubens' Züge getragen haben soll, und ein
großer Windhund, wohl ein Lieblingstier der Familie. Diese Teile scheinen nicht etwa durch eine
Ubermalung verdeckt sondern bei jener Zerstückung des Bildes abhanden gekommen zu sein.

Nun glauben wir, daß in unserem Bruchstück eines von den verlorenen Bildnissen der drei
Prinzen erhalten sei. Im Format paßt es ganz zu den überlebensgroßen Gestalten der herzoglichen
Eltern und Großeltern und auch die dekorative malerische Behandlung, die die Figur des Prinzen
durch hell angelegte Umrisse vom Grunde zu lösen versteht, stimmt mit der des Bildes in Mantua
überein. Endlich ist die Form des Teiles einer Säule genau dieselbe wie die der Säulen hinter
- den Gestalten der beiden herzoglichen Ehepaare. Es ist jene gewundene und reichverzierte Form, die
Rubens in dieser seiner italienischen Zeit mit besonderer Vorliebe verwendet, so auch auf dem
Bilde der heiligen Helena in Grasse.2 Das Vorbild ist hier, wie schon in Raffaels Teppichen und

Fig. 2.

Rubens, Der heil. Paulus.
Madrid, Prado.

: Zum Teil beruft sich Armand Baschet (Gazette des Beaux-Arts XXII [1867], p. 307) auf eine handschriftliche, in
der Bibliothek zu Mantua erhaltene Geschichte des mantuanischen Jesuitenkollegiums von Paler Gorzoni. Seine übrigen
wahrscheinlich verläßlichen Quellen über die Geschichte der Verstümmelung des Bildes sind uns hingegen nicht bekannt.

2 Abgebildet bei F. M. Haberditzl, a. a. O., Fig. 1, und bei Rosenberg, Rubens, S. 3.

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