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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Jugendwerke von Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0013
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Jugendwerke von Rubens.

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gekommen sind. Zu dieser Figur paßt vortrefflich der wie betend gesenkte Kopf des jüngeren
Prinzen, Fernando, auf der Stockholmer Zeichnung. Auf dieser sehen wir nun auch ganz deutlich,
obgleich etwas flüchtig angedeutet, jenes Kreuz, das die Brust des auf dem Gemälde Dargestellten
schmückt. Wenn wir hören, daß gerade dieser Prinz der einzige von den Brüdern war, der Jeru-
salemritter (Cavaliere gerosolomitano) gewesen ist,1 so wird uns der Zusammenhang leicht klar:
die beiden Bildniszeichnungen sind offenbar nichts anderes als Studien zu dem großen
Gern aide der heiligen Dreifal-
tigkeit. So erklärt sich auch am
besten die eigentümliche Haltung
des Kopfes des ältesten Prinzen
Francesco. Er blickt ebenso wie
der Knabe des Bruchstückes der
Wiener Galerie den Beschauer an.

Wir müssen annehmen, daß
auf dem großen, heute verstümmel-
ten Bilde der älteste Prinz, Fran-
cesco, unmittelbar links hinter sei-
nem Vater, dem regierenden Her-
zog Vincenzo, kniend dargestellt
war. Ihm folgte, stehend oder viel-
leicht eher an erhöhter Stelle knie-
end, Prinz Fernando. In dem links
neben und vor diesem knienden
Knaben, der uns in dem Bilde der
Wiener Galerie erhalten geblieben
ist, haben wir ohne jeden Zweifel
den jüngsten der drei Prinzen, Vin-
cenzo, den späteren Herzog Vin-
cenzo II., zu erkennen.

Stellt man sich die linke un-
tere Hälfte des großen Gemäldes
in dieser Weise ergänzt vor, so ge-
winnt die Komposition überraschend
an Leben und Bewegung. Die ver-
schiedenen Blickrichtungen der jun-
gen Prinzen stehen in wohltäti-
gem Gegensatz zu der eintönigen Wendung der aufblickenden, anbetenden Köpfe der beiden her-
zoglichen Paare. Für die Ergänzung der rechten Hälfte blieben die beiden Prinzessinnen, der
große Windhund und vielleicht der in seinen Zügen Rubens ähnliche Trabant übrig, zu dem das
von Franz Martin Haberditzl2 veröffentlichte Bruchstück einer knienden männlichen Figur, deren
linke Hand einen aufspringenden Pintscher liebkost, im Museum zu Verona gehört haben könnte.

Das Bildnis Vincenzos IL, das in dem Bruchstücke der Wiener Galerie erhalten ist, gibt uns
nicht nur eine willkommene Vorstellung von der malerischen Behandlung der verlorenen oder
vielleicht auch nur verschollenen Teile des Gemäldes der heiligen Dreifaltigkeit sondern es bietet
uns auch eine Art von Ersatz für die heute nicht mehr auffindbaren Einzelbildnisse der mantuani-
schen Kinder, die noch in den fürstlichen Sammlungen des siebzehnten Jahrhunderts als Rubens'

Fig. 4.

Rubens, Der heil. Thomas.
Madrid, Prado.

1 Litta, Le famiglie celebri: Gonzaga, Tav. VI.

2 A. a. O., Fig. 4.
 
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