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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Jugendwerke von Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0030
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22

Gustav Glück.

Eine ziemlich flüchtige Zeichnung im Louvre zu Paris, hier fälschlich als Porträt Karls V.
gedeutet,1 mag als Entwurf zum Reiterbildnisse Lermas gelten; merkwürdigerweise ist auf diesem
Blatte der Kopf mit dem eines bärtigen Mannes überklebt, in dem sicherlich nicht Karl V. zu er-
kennen ist. Ein zweites, mehr ausgeführtes Blatt im Museum zu Weimar,2 das mit dem gemalten
Bilde — abgesehen von dem veränderten Kopfe — in allen wesentlichen Einzelheiten überein-
stimmt und auch hier als Bildnis Karls V. bezeichnet wird, dürfte kaum von Rubens' eigener
Hand sein sondern eher als eine Kopie eines Schülers nach dem ausgeführten Bilde angesehen
werden können. Warum in beiden Fällen der Kopf Lermas beseitigt worden ist, läßt sich schwer
sagen. Eine hochgestellte Persönlichkeit stellen die Köpfe dieser Zeichnungen sicherlich nicht dar,

Fig. 16. Kopie nach Rubens' «Reitschule».
London, Buckingham-Palast.

eher einen Bereiter oder Reitknecht. Nach solchen Leuten hat Rubens in der Tat, wie wir gleich
sehen werden, seine Studien gemacht.

Das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin besitzt ein interessantes, großes Bild (Fig. 15), das
«Die Reitschule» genannt und einem vlämischen Meister um 1610 zugeschrieben wird, wozu der
Katalog in neuester Zeit bemerkt, es handle sich wahrscheinlich um ein Jugendwerk von Rubens,
dessen Namen das Bild auch früher schon getragen hat. Dargestellt ist ein Reiter in drei ver-
schiedenen Ansichten. Im Hintergrunde der ebenen Landschaft sieht man deutlich die Türme von
Rubens' Vaterstadt Antwerpen. Wer die Werke in Erinnerung hat, die Rubens in der ersten Zeit
nach seiner Rückkehr aus Italien geschaffen hat, wird in dem nicht durchaus tadellos erhaltenen Ge-
mälde mit Sicherheit eine Arbeit seiner Hand aus dieser Periode erkennen.

Zu welchem Zwecke mag nun der Meister dieses im Gegenstande so ganz ungewöhnliche
Bild gemalt haben? Um ein Porträt kann es sich auf keinen Fall handeln; denn der Reiter gehört
trotz dem Degen, der an seiner Seite hängt, nicht den höheren Ständen an; es ist wohl nur ein
Bereiter oder Diener, was seine groben und wenig intelligenten Züge beweisen. Ohne Zweifel ist
bei der Darstellung das Pferd die Hauptsache. Wir möchten nun vermuten, daß der Künstler mit

1 Max Rooses, L'ceuvre de Rubens V, p. 263, nr. 1503; abgebildet bei E. Michel, Rubens, Paris 1900, p. 110.

2 Max Rooses, a. a. O. V, p. 263, nr. 1504; abgebildet bei E. Verhaeren, Rubens, Leipzig 1913, Nr. 75.
 
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