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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0056
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Leo Planiscig.

Unter einem runden Bogen, der in mancher Hinsicht noch an jenen des Mater Domini-Reliefs
(Fig. 7) erinnert, steht der hl. Donatus in strenger Frontalansicht. In der Rechten hält er den
Bischofsstab, in der Linken ein Buch. Zu seinen Füßen, außerhalb des Bogens, befinden sich, ge-
malt, die knienden Figuren zweier Stifter, des Podestä von Murano Donato Memo und seiner
Frau.1

Aus den bisher erwähnten Skulpturen im Verein mit unserem hl. Donatus können wir eine
ganz klare Entwicklungsreihe aufstellen, die als Anfangsglied etwa den hl. Bischof im Semi-
nario patriarcale (Fig. 4) hat, den hl. Leonhard (Fig. 16) und den hl. Christophorus
(Fig. 19) an der Nordseite von S. Marco, den hl. Hermolaus (Fig. 6), die Heiligenreliefs, speziell
den hl. Nikolaus, auf der Umrahmung der Taufe Christi in S. Marco (Fig. 21), die Heiligen-
büsten an den Türen des Meisters Bertucius, den Sarkophagdeckel von Aquileja (Fig. 20)
umfaßt und als willkürlich angenommenes Endglied den hl. Donatus vom Jahre i3io hat.
Die Zufälligkeit aber, daß unser Relief datiert ist und daß wir es an das Ende einer Reihe von
anderen meist undatierten Werken setzen, darf nicht zu dem irrigen Schluß führen, daß damit

Fig. 20. Grabmal des Patriarchen Raimundus della Torre.

Aquileja, Basilika.

die Antezedenz der übrigen Werke behauptet werden sollte. Sie gehören nur zu einer Gruppe,
deren Entstehung an den Anfang des XIV. Jahrhunderts zu setzen ist. Schalten wir die Bronzetüren
des Bertucius aus, so ist uns ein Beispiel, und zwar ein qualitativ gutes, datiert erhalten. Um dieses
gruppieren sich die genannten Werke; einige darunter können zeitlich später entstanden sein, sie
stehen aber auf derselben Entwicklungsstufe wie unser Donatus-Relief. Es handelt sich hier nicht
um das Werk eines Meisters, dessen individuelles Werden man verfolgen kann, sondern um ein-
zelne Werke von verschiedener Hand, sicherlich sogar aus verschiedenen Werkstätten, die in einem
engen Zeitraum von vielleicht nur zwei Jahrzehnten eine langsame aber stete Entwicklung durch-

1 Holzrelief polychromiert, H. 200 cm, Br. 44 cm. Teilweise ist die Bemalung erneuert worden. Darunter haben die
zwei Donatorenfigürchen am meisten gelitten. Zu beiden Seiten des Kopfes des Heiligen SC ... NATVjEPS. Unten links
zwischen Bischofstab und Säule folgende Inschrift in gotischen Lettern: CORRANDO j MGCCX INDI | CION VIII ] IN TEPO
DE LO | NOBELE HOMO | MISER DONATO j MEMO HONORA | DO PODESTA DE | MVRAN FACTA | FO QVESTA
AN|CONA DE MISER ] SAN DONADO : Siehe Cicognara a. a. O. III, p. 349; Selvatico a. a. O., p. 104; Mothes a. a. O.
I, S. 180: «wenig wert näher besprochen zu werden». Vincenzo Zanetti, Guida di Murano, Venedig 1846, p. 144 f., sagt
Folgendes: «Questo lavoro, preziosissimo per la sua vetustä, fu detto d'ignoto, ed io m'indurrei a crederlo, rispetto al pennello,
fattura del nostro antichissimo pittore Bartolomeo Nason, che moriva nel l32j. Questo sarö per dimostrare con validi argo-
menti quando pubblicherö : I pittori muranesi e Ie loro opere.» Nun hat Zanetti seine hier angekündigten Pittori muranesi
nie veröffentlicht und sein Künstler Nason scheint gänzlich unbekannt zu sein. Vgl. darüber Crowe und Cavalcaselle, Ge-
schichte der italienischen Malerei (deutsch von Jordan) V (Leipzig 1873), S. 17, Anm. 2; Laudadeo Testi, Storia della pittura
Veneziana I (Bergamo 1909), p. 148; Perkins a. a. O.II, S. 192; Pompeo Molmenti, Storia di Venezia nella Vita privata I
(Bergamo 1905), p. 386; P. Molmenti u. D. Mantovani, Le isole della laguna veneta, Bergamo 1910, p. 108, in «Italia
artistica» VIII; Adolfo Venturi, Storia dell'arte italiana IV (Mailand 1906), p. 868.
 
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