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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0059
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

51

e) der Sarkophag des Dogen
Francesco Dandolo (f i33g) im
Museum des Seminario patriarcale
zu Venedig1 (Figg. 24— 27), ur-
sprünglich ein Grabmonument, wo-
von uns nur der Sarkophagkasten
erhalten geblieben ist. Eine einzige
Szene, der Tod Maria, nimmt die
ganze Vorderwand in Anspruch. Es
ist das gewöhnliche byzantinische
Schema, das aber auch im Abend-
lande Verbreitung gefunden hat: in
der Mitte die liegende Figur der
Toten; Christus nimmt ihre Seele
in Gestalt eines Kindes auf; rechts
und links Apostelgruppen mit dem
Ausdrucke der Aufmerksamkeit und
des Schmerzes. An den Sargecken
je eine Engelsfigur. An den Schmal-
seiten links der geflügelte Markus-
löwe, rechts der Adler des Evange-
listen Johannes.

Das Grabmonument befand
sich ursprünglich im Kreuzgang der
Frari-Kirche (jetzt Archivio di Stato),
wurde aber schon im zerstörten
Zustand nach dem jetzigen Aufstel-
lungsort übertragen. Seine ursprüng-
liche Form können wir aus einer
Zeichnung Grevenbrochs2 und aus
einem Stiche eines nicht zur Ver-
öffentlichung gelangten Werkes von
Giovanni Maria del Sasso3 entneh-
men. Der Sargkasten ruhte, von zwei Konsolen getragen, an der Mauer. Darüber erhob sich ein
spitzer Bogen, der eine gemalte Holztafel mit der Darstellung der thronenden Madonna mit dem

1 Rötlicher Veroneser Marmor. Breite der Vorderwand 2 38 cm, Höhe 81 cm. Spuren einer alten Vergoldung. —
Francesco Dandolo, Doge von 1329—133g. Kat.-Nr. des Museo des Seminario patriarcale 15. Siehe Guida etc. a. a. O.,
p. 49; hier auch die lateinische Grabinschrift wiedergegeben. Das Grabmal befand sich früher im Kreuzgang der Frari-
Kirche (Frati Minori), jetzt Archivio di Stato. Siehe auch G. A. Moschini, La chiesa ed il Seminario di S. Maria della Sa-
lute in Venezia, Venedig 1842, und L. Testi a. a. O., p. 59'; Fulin Molmenti a. a. O., p. 33$; Gabelentz a. a. O., S. 252. —
Auch in der venezianischen Trecentomalerei finden wir das ikonographische Schema unseres Sarkophags öfters wiederholt.
Ich erwähne beispielsweise eine Altartafel im Dom von Murano, wo die Komposition des Todes der Muttergottes ganz
gleich der unserigen ist. Das Motiv erhält sich in den hergebrachten Formen noch lange: wir finden es im Museo Civico
in Padua (Nr. 3g8), selbstverständlich mit einer entwickelteren Formensprache, auf einem kleinen venezianischen Bilde aus
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts. Eine ganz gotische Interpretation dieses Motivs, wie wir sie bereits aus den Frag-
menten des Tympanons der Kathedrale von Paris und aus dem Tympanon des Querschitfes der Kathedrale von Straßburg
kennen, finden wir in Italien an der Rückseite des Orcagna-Tabernakels in Or' San Michele in Florenz (i3$9) oder an dem
Grabmale des Bischofs d'AIancon (1400) in S. M. in Trastevere in Rom.

5 Grevenbroch, Monumenta Veneta ex antiquis ruderibus Templorum aliarumque Aedium Vetustate collapsarum col-
lecta studio et cura Petri Gradonici Jacobi Sen F. anno MDCCLIV (drei Bände Aquarelle im Museo Civico Correr zu Ve-
nedig Nr. 228), Bd. II, 52.

1 Giovan Maria Sasso, Venezia pittrice. Das Werk wurde wegen des Todes des Autors nicht fertig gedruckt. Ein
Exemplar des erwähnten Stiches befindet sich in der Sakristei der Salute-Kirche in Venedig.

Fig. 23.

Heil. Donatus, Holzrelief, i3io.
Murano. Dom.
 
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