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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0081
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

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für die Skulptur von Bologna dieses große Werk von nicht geringem Einfluß gewesen ist, darf uns
nicht wundern. Wir finden einige Jahre nach der Ausführung unserer Area ganz ähnliche Figuren
an dem Sarkophage des Buonandrea dei Buonandrei (i333), der einst im Kreuzgange von S. Dome-
nico aufgestellt war und sich jetzt im Museo civico von Bologna befindet (Fig. 44). Man ver-
gleiche den Kopf irgendeiner Figur an der Basis der Sieneser Kanzel mit einem von der Area des
hl. Lukas oder des Buonandrei-Grabmales und man wird sofort die gleiche Behandlung der Wangen,
der Grübchen, die sich zwischen diesen und dem Munde bilden, der Biegung der Lippen, der
mandelartig geschlitzten Augen mit aufgeschwollenen Lidern finden. Wenn im Faltenwurfe Diver-
genzen zwischen unseren Figuren und jenen des Buonandrei-Grabmales bestehen, so müssen diese

Fig. 45. Grabmal des Bartoluzzo de' Preti.
Bologna, Museo Civico.

durch den Zeitunterschied, der die beiden Werke trennt, erklärt werden. Dies ist aber zwischen
dem bolognesischen Professorengrab und der Basis der Sieneser Kanzel nicht der Fall.

Es könnte auch das Weihwasserbecken von S. Giovanni in Fuorcivitas in Pistoia zum Ver-
gleich herangezogen werden, da es stilistisch und kompositionell mit unserer Mittelstütze manche
Berührungspunkte aufweist. Aber die Meinungen der Kunsthistoriker sind auch darüber verschieden.
Frev, der als letzter sich darüber geäußert hat, hält es für ein Jugendwerk des Giovanni Pisano.
Ist es nun aber wirklich notwendig zu wiederholen, daß Jugendwerke im Oeuvre auch modernerer
Künstler schwer festzustellen sind? Um so mehr in unserem Falle, wo es sich um eine Zeit handelt,
in der das Typische von dem Individuellen nur mit Hilfe besonderer Merkmale (Dokumente, In-
schriften) unterschieden werden kann! Es ist gefährlich, bestimmte, uns erhaltene Denkmäler direkt
mit Künstlerindividualitäten zu verbinden. Der Stil des Nicolö und des Giovanni Pisano wird
schon am Ende des XIII. Jahrhunderts Gemeingut der toskanischen Skulptur und am Anfange des
Trecento bahnt er sich den Weg nach Venezien, während ihn Neapel gleichzeitig von den Sienesen
empfängt. In kurzer Zeit ist also dieser Stil beinahe in ganz Italien verbreitet. Bei der Fülle von
Werken, mögen diese auch im Ursprungslande Toskana sich befinden, ist das Scheiden von Künstlern
eine recht schwere Sache. Man kann höchstens allgemeine stilistische Untersuchungen anstellen, um
den Platz, den das besprochene Objekt in der Stilentwicklung einnimmt, zu ermitteln. In unserem
Falle möchte ich mich an die Bestimmung Justis halten, der das Weihwasserbecken als ein «mattes»
und «trockenes» Werk der Pisani-Schule bezeichnet und es in die siebziger Jahre des XIII. Jahr-

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