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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0106
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98

Leo Planiscig.

der VQrderwand ist ein großes Relief angebracht: der Tote wird der thronenden Madonna und dem
auf ihrem Knie sitzenden Jesukindlein von seinem Namensheiligen vorgestellt; auf der anderen
Seite des Thrones steht der hl. Markus als Patron Venedigs (Taf. XIII).

Die Madonna und der Engel der Verkündigungsszene sind bereits bekannte Erscheinungen
der Grabskulptur Venedigs. Wie am Grabmal des Castellano da Salomone, so kann man sie an einer
langen Reihe ähnlicher Beispiele in Venedig und im Veneto nachweisen, als eine venezianische
Umwertung erlernter toskanischer Kunst, als konstantes Motiv, das durch das ganze Trecento
zur Verwendung gelangt. Neben den schon erwähnten zwei Verkündigungsfiguren der Estensi-
schen Sammlungen (Taf. XI) mögen hier noch weitere Beispiele angeführt werden, die
dem Stilcharakter der venezianischen Skulptur vor 1350 entsprechen und die Umwertung der toska-
nischen in eine einheimisch-venezianische zu veranschaulichen geeignet sind:

a) Verkündigungsmadonna. Padua, Museo Civico (Fig. 59). Fragment eines Sarko-
phages. Haltung, Gebärde und Faltenwurf der Gewänder ähnlich der Madonna am Gradenigo-
Grabe.

b) Verkündigungsmadonna. Venedig, Museum des Seminario patriarcale. Wahr-
scheinlich ebenfalls die Eckfigur eines Sarkophages. Sie erinnert stark an die vorher besprochene.

c) Verkündigungsmadonna. Venedig, Hof des Museo Correr. Die Figur steht unter
einem spitzen Bogen, wahrscheinlich der Eckfiale eines um ein Grabmonument gestellten Bogens
angehörend. Gewöhnlich wird die Madonna von links nach rechts gewendet dargestellt, also an
der linken Sarkophagecke angebracht. Hier haben wir ein Beispiel der umgekehrten Anordnung.
Auch die Haltung der Arme ist neu. Kein Segengestus.

d) Verkündigungsmadonna. Wien, Estensische Sammlungen (Taf. XIV). Stammt von
einem Sarkophag, an dessen Ecken gewundene Säulen angebracht waren. Hält ein Buch in der
Hand. Faltenwurf der Gewänder wie an der Madonna des Gradenigo-Grabmals.1

e) Verkündigungsmadonna. Wien, Estensische Sammlungen (Taf. XV). Ebenfalls
von einem Sarkophag mit Ecksäulen stammend. Stark der vorhergehenden ähnlich, obwohl stilis-
tisch, namentlich in der Behandlung des Gesichtes, älter.2

f) Verkündigungsmadonna, Wien. Estensische Sammlungen (Fig. 60). Rohes Bei-
spiel gleicher Art.3

g) Verkündigungsengel. Wien, Estensische Sammlungen (Fig. 61). Rohes Beispiel,
Gegenstück zu der Madonna unter /.4

h) Verkündigungsengel. Venedig, im Hofe des Museo Correr (Fig. 62). Von der
Ecke eines Sarkophags. In der Linken ein Spruchband, die Rechte zum Segengestus erhoben.

i) Verkündigungsengel, Wien. Estensische Samm'lungen (Taf. XIV). Von der Ecke
eines Sarkophags.5

k) Verkündigungsengel. Wien, Estensische Sammlungen (Taf. XV). Von einer
Sarkophagecke. Erinnert stark an den vorhergehenden. Gegenstück zur Madonna unter e.6

1 882 E 141; weißer istrianischer Marmor; 65 X 23 cm. Spuren einer alten Vergoldung am Nimbus, an den Schuhen
und an dem Buche. — Gehört stilistisch zu der Madonnengruppe unter französischem Einfluß, um l36o—1370 (siehe Kap. XII).
Der dazugehörige Verkündigungsengel unter 1.

* 46 E?; weißer istrianischer Marmor; 65 X 20 cm. Spuren alter Vergoldung am Nimbus, an den Schuhen und an
dem Buche. Stilistisch zu den Gradenigo-Grabmalfiguren gehörig. Verkündigungsengel dazu unter k.

3 20 E?; weißer istrianischer Marmor; 62 X 17 cm. Spuren von Vergoldung am Nimbus und am Schuh. Verkündi-
gungsengel dazu unter g, Fig 61.

4 908 E 112; weißer istrianischer Marmor; 58 X '6 cm, untere Teile lädiert. Spuren von alter Vergoldung am Nimbus
und an dem Knopf auf der Brust.

! 51 E 141; weißer istrianischer Marmor; 64 X 23 cm. Spuren alter Vergoldung am Nimbus, an der Schriftrolle
und an den Schuhen. Gehört zu der Madonna unter d.

6 45 E?; weißer istrianischer Marmor; 6i'^^2icm. Spuren von Vergoldung am Nimbus, am Knauf des Mantels
an der Brust und an den Schuhen.
 
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