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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0115
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

I07

Als Basis hat unser Portal einen Sockel mit von Rosetten gefüllten Feldern. Darauf erheben
sich die Türpfosten, gleich dem spitzen Tympanonbogen mit einer Ranke verziert, in deren Win-
dungen Halbfiguren der Evangelisten, Patriarchen, Propheten und Apostel angebracht
sind. Der Architrav ist in ein von gekuppelten Säulen getragenes ßogensystem eingeteilt. Die
dadurch gebildeten Nischen reihen sich zu je vier an den Seiten eines Baldachins, unter dem
Christus im Segenaktus thronend dargestellt ist; zwei Engel halten den Vorhang. Unter jedem
der runden Seitenbogen steht eine Heiligenfigur, und zwar von rechts nach links folgende: der
hl. Stephanus, die hl. Klara, der hl. Antonius, der hl. Laurentius, der hl. Johannes Evang., der
hl. Franziskus, der hl. Ludwig und der heil. Vinzentius.1 An den äußeren Seiten des Giebels, in
der Verlängerung der von den Löwen getragenen Säulen, stehen, wie an vielen oberitalienischen

Fig. 71. Grabmal des Fulgenzio Sala.
Padua, Kreuzgang des Santo.

Portalen des XII. Jahrhunderts, zwei Figuren, die in unserem Falle die Verkündigung darstellen.:
Das Tympanonfeld ist nicht durch eine Reliefplatte sondern von einer Gruppe freistehender
Rundskulpturen ausgefüllt. In der Mitte die thronende Madonna mit dem auf ihrem linken
Knie sitzenden Kinde, das in der Hand einen Vogel hält. Rechts davon der hl. Laurentius,
der empfehlend die Hände über einen vor ihm knienden plumpen Zwerg hält; rechts der hl.
Franziskus mit einem Buche und einem Kreuze in den Händen. Die charakteristische Figur des
Zwerges stellt Pietro da Marano, genannt il Monaco, Ratgeber des Cangrande, des Alberto
und des Martino della Scala, den Auftraggeber unseres Werkes, dar. Eine Inschrift an den Seiten

1 Wie die gesamte Portalanlage, ist auch diese Art der Verwendung des Motivs mit den gekuppelten Säulen einer
älteren Kunstphase entnommen. Derartiges rinden wir schon — um auf venezianischem Boden zu bleiben — im Baptisterium
von S. Marco, einem Bau des Dugento.

2 Am Portale des Domes von Ferrara, Ii35 vom Meister Nikolaus erbaut, am Portale des Domes von S. Zeno zu
Verona am linken Nebenportal des Domes zu Piacenza. Am Anfange des XIV. Jahrhunderts kommt das Motiv am Portal
des Domes von Venzone, erbaut von einem Magister Johannes i3o8, vor. — M. G. Zimmermann, Oberitalienische Plastik
im frühen und hohen Mittelalter, Leipzig 1897, passim; G. T. Rivoira, Le origini dell'architettura lombarda, Mailand 1908.
 
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