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Leo Planiscig.
der Arbeiten am Portal ernannt
worden. Venturi zeigt übrigens
kein besonderes Interesse für diese
Skulpturen; er hält sie für min-
dere Arbeiten und setzt sie an den
Anfang des XV. Jahrhunderts.1
Auf der mittleren Darstel-
lung des Architravs kehrt das
alte arnolfianisch-sienesische Motiv
des Paradebettes wieder, dies-
mal — in venezianischer Art —
in einen Baldachin verwandelt,
an dem zwei Engel den Vorhang
beiseite ziehen, um wie bei einem
Schließaltärchen die thronende
Figur Christi zu zeigen. Die Hei-
ligenfiguren in den Nischen zei-
gen denselben gotischen Charak-
ter wie jene des Gradenigo-Sarko-
phags.2 Die Skulpturen des
Architravs bedeuten somit we-
der in der ikonographischen Auf-
fassung noch in der stilistischen
Behandlung etwas Neues im
Gange der bisher verfolgten Ent-
wicklung. An dem Sarkophag
eines Unbekannten in der Frari-
Kirche (Fig. 67) und an einem
Relief der Estensischen Samm-
lungen (Taf. XVI) wurde bereits
die venezianische Umwertung des
Paradebettmotives in eine Art Bal-
dachin nachgewiesen, unter dem
die Madonna thront, während
zwei Engelsgestalten den Vorhang
hoben.3 Dasselbe Motiv findet sich
auch hier; nur daß an Stelle der
Madonna die segnende Figur Christi
gestreten ist: der alte Christus
Pantokrator in einer toskanisch-
venezianischen Umformung.4
Fig. 74. Thronender Christus.
Wien, Estcnsisclie Sammlungen.
1 Vgl. auch Mothes, Die Baukunst
des Mittelalters in Italien, S. 472; Gabe-
lentz a. a. O., S. 218 f.
2 Man vergleiche den Evangelisten links vom Baldachin mit dem hl. Markus oder mit dem hl. Bartholomäus der Gra-
dcnigo-Arca: dieselben Köpfe mit derselben Bartbehandlung.
3 Die unter einem Baldachin thronende Madonna kommt — wie wir es an dem Original der Kathedrale von Orvieto
sehen können — auch in der Pisani-Schule vor. Hier handelt es sich jedoch um einen wirklichen Baldachin, nicht um eine
Entlehnung aus der Grabskulptur.
4 Vgl. den segnenden Christus auf dem Estensischen Relief, F'ig. 12 und die Mittelfigur der Vorderwand am B. Enrico-
Grabmal zu Treviso (Fig. 3i).
Leo Planiscig.
der Arbeiten am Portal ernannt
worden. Venturi zeigt übrigens
kein besonderes Interesse für diese
Skulpturen; er hält sie für min-
dere Arbeiten und setzt sie an den
Anfang des XV. Jahrhunderts.1
Auf der mittleren Darstel-
lung des Architravs kehrt das
alte arnolfianisch-sienesische Motiv
des Paradebettes wieder, dies-
mal — in venezianischer Art —
in einen Baldachin verwandelt,
an dem zwei Engel den Vorhang
beiseite ziehen, um wie bei einem
Schließaltärchen die thronende
Figur Christi zu zeigen. Die Hei-
ligenfiguren in den Nischen zei-
gen denselben gotischen Charak-
ter wie jene des Gradenigo-Sarko-
phags.2 Die Skulpturen des
Architravs bedeuten somit we-
der in der ikonographischen Auf-
fassung noch in der stilistischen
Behandlung etwas Neues im
Gange der bisher verfolgten Ent-
wicklung. An dem Sarkophag
eines Unbekannten in der Frari-
Kirche (Fig. 67) und an einem
Relief der Estensischen Samm-
lungen (Taf. XVI) wurde bereits
die venezianische Umwertung des
Paradebettmotives in eine Art Bal-
dachin nachgewiesen, unter dem
die Madonna thront, während
zwei Engelsgestalten den Vorhang
hoben.3 Dasselbe Motiv findet sich
auch hier; nur daß an Stelle der
Madonna die segnende Figur Christi
gestreten ist: der alte Christus
Pantokrator in einer toskanisch-
venezianischen Umformung.4
Fig. 74. Thronender Christus.
Wien, Estcnsisclie Sammlungen.
1 Vgl. auch Mothes, Die Baukunst
des Mittelalters in Italien, S. 472; Gabe-
lentz a. a. O., S. 218 f.
2 Man vergleiche den Evangelisten links vom Baldachin mit dem hl. Markus oder mit dem hl. Bartholomäus der Gra-
dcnigo-Arca: dieselben Köpfe mit derselben Bartbehandlung.
3 Die unter einem Baldachin thronende Madonna kommt — wie wir es an dem Original der Kathedrale von Orvieto
sehen können — auch in der Pisani-Schule vor. Hier handelt es sich jedoch um einen wirklichen Baldachin, nicht um eine
Entlehnung aus der Grabskulptur.
4 Vgl. den segnenden Christus auf dem Estensischen Relief, F'ig. 12 und die Mittelfigur der Vorderwand am B. Enrico-
Grabmal zu Treviso (Fig. 3i).