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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0123
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

auf, der uns schon im XIII. Jahrhundert in der Gruppe der Salute-Kirche (Fig. i) entgegen-
getreten war.

Einem oberflächlichen Beobachter könnte die Figur des heiligen Franziskus als etwas
ganz Neues erscheinen. Neu daran ist aber nur die Qualität. Eine ähnliche Figur kommt als
Relief bereits am Architrav desselben Portals vor (zweite
Figur links vom Baldachin), die ihr in Stellung, Schwung
und Faltenwurf äußerst nahesteht. Auch der hl. Fran-
ziskus vom Grabmal des B. Odorico in Udine (Skulptur
der ursprünglichen Rückseite) kann als Vorstufe zu die-
sem — ungefähr zwölf Jahre jüngeren — Werke be-
trachtet werden. Einen weiteren Beweis dafür, daß —
abgesehen von der Qualität — der Typus und die sti-
listische Behandlung auch dieser Figur nicht isoliert
in der Entwicklung dastehen, liefern vier Reliefs der
Estensischen Sammlungen, die ebenfalls den hl.
Franziskus in gleicher stilistischer Behandlung (senk-
recht niederfließende Falten der Gewänder, die sich
auf dem Boden umbiegen) darstellen (Taf. XVIII).
Weitere sechs Reliefs derselben Sammlungen, die wie
die zuerst genannten von Sarkophagen herstammen, ge-
hören stilistisch derselben Gruppe an und sind ähnlich
behandelt wie die Halbfiguren an den Türpfosten und
am Tympanonbogen des Vicentiner Portals:

a) Jugendlicher Heiliger, ein Buch in den
Händen 1 (Taf. XIX).

b) Segnender Heiliger in Frontalansicht, mit
einem Buch in der Linken (Taf. XIX). Hier ist noch
stark jenes Schema erhalten geblieben, das am Relief
des hl. Donatus von Murano, an den Eckfiguren der
Area des B. Enrico zu Treviso und am Soranzo-Grab-
mal im Baptisterium von S. Marco festgestellt wurde:
eine Werkstatt-Tradition, die mitten in den neuen Er-
rungenschaften weiterklingt.

c) Heiliger Johannes d. T. zwischen zwei ge-
wundenen Säulen2 (Taf. XIX).

d) Bärtiger Heiliger, ein Buch mit beiden Hän- pig yg_ Relfcf in v;Ua vkentina.
den tragend (Taf. XX).

e) Heiliger Paulus (Schwert teilweise abgebrochen), ähnlich den Figuren am Tympanon-
bogen von Vicenza (Taf. XX).

f) Heiliger Petrus, die Schlüssel haltend (Taf. XX).

Diesen Figuren gegenüber ist der hl. Franziskus vom Vicentiner Portaltympanon an techni-
schem Können weit fortgeschritten. Dem markanten Gesichte wohnt zwar keine Individualisierung
inne (dieselben Züge wie er hat auch der ihm gegenüberstehende hl. Laurentius); im Kopfe steckt
aber eine feste Schädelstruktur, die sich von der molligen Masse der angeführten stilistisch ver-
wandten Reliefs stark unterscheidet. Feiner durchgeführt sind auch die Hände, die vielleicht in

1 36 E 119; istrianischer Marmor; 62 X'3 cm; einige Spuren alter Vergoldung. Vielleicht ein Verkündigungsengel.
Ursprüngliche Eckfigur eines Sarkophages.

2 Zu vergleichen mit dem hl. Johannes am Grabdenkmal des Giovanni Scaligero zu Verona.
 
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