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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0128
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I 20

Leo Planiscig.

angehören und die jetzt, in einer Periode des gotischen Stils, in der der ursprüngliche tektonische
Charakter schon im Verschwinden ist, neuerdings auftauchen. — In der Mittelnische, die von zwei
gewundenen Säulen und dem nach oben ausgebogenen Teil des Gesimses gebildet ist, steht die
Madonna mit dem Kinde, in den Ecknischen, deren Wölbung durch Verschneidung zweier Gesims-
teile die Form eines sphärischen Dreieckes erhält, je ein leuchtertragender Engel, Durch dieses
neue Nischensystem, wodurch die obere Linie des Kastens sich nicht mehr als eine Horizontale

ergab, entstand die Unmöglich-
keit, die Figur des Toten un-
mittelbar auf dem Sarkophag-
deckel liegend darzustellen. Es
war deshalb notwendig, ein Zwi-
schenglied zu konstruieren, eine
Erhöhung des Kastens über die
Nischen, etwas, das mit dem de-
korativen Charakter des Ganzen
nicht im Widerspruche stand.
Diese Erhöhung wurde an der
Schauseite durch Halbfiguren be-
tender Engel maskiert, deren je-
der symmetrisch den einen Flü-
gel erhoben, den anderen gesenkt
hält. Die Figur des Toten wurde
schließlich nicht horizontal lie-
gend dargestellt sondern, wie man
dies im Trecento schon öfter ver-
sucht hatte, auf einem Teil des
Paradebettes, gegen den Beschauer
zugewendet, schräg angebracht.
So wurde diese Figur, die durch
den architektonischen Aufbau in
einer beträchtlichen Höhe zu ste-
hen kam, erst sichtbar. Jacopo
Carrara ruht mit den Füßen auf
einer Erhöhung des Paradebettes,
unter dem Kopfe hat er ein Kis-
sen, daneben einen Leuchter.
Fit». 82. Grabmal des Ubertino da Carrara. .. _

Ahnlich dem Grabmonu-

Padua, Eremitam-kirche.

mente Jacopos ist auch das zwei te

Carrara-Grab der Eremitani-Kirche, jenes des Ubertino, das sich rechts vom Haupteingang der
Kirche befindet (Fig. 82). Ubertino, der dritte Herr von Padua, starb am 2g. März 1345. Hier
wurde zuerst das Grabmal des um fünf Jahre später verstorbenen Jacopo besprochen, da dieses ein-
wandfrei datiert ist. Man darf aber wohl annehmen, das Grabmal Ubertinos sei das zuerst entstan-
dene. Stilistisch stehen beide Werke auf derselben Stufe und gehören auch derselben Werkstatt an.

Am Grabmal des Ubertino fehlen die schlanken Säulen, die den Nischenbogen tragen.
Dieser ruht hier einfach auf zwei Konsolen. Im übrigen ist die Architektur gleich jener des Jacopo-
Monumentes. Auch hier der dekorative Charakter in der Gesamtbehandlung, Änderungen nur an
den Figuren: an Stelle der Verkündigungsgruppe der Lisenen des Nischenbogens stehen zwei Hei-
lige, die Engel an den Ecken des Sargkastens sind etwas größer und berühren fast die sphärische
Kappe der Nische. Auch das Verhältnis zwischen Mutter und Kind ist ein anderes. Eine neue
 
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