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Leo Planiscig.
mit Muschelwölbung flankieren, die Figur des segnenden Christus; an den Ecken, in gleichartig
gebildeten Nischen, der hl. Markus und der hl. Johannes d. T.; in den Feldern zwischen diesen
Figuren, umfaßt von einem reich ornamentierten Rahmen, zwei Reliefdarstellungen aus der Mar-
tyriumlegende des Heiligen: links wie er von einem Pferde geschleppt wird, rechts seine Enthaup-
tung. In der Nische oberhalb des Verstorbenen ein Engel mit einem Weihrauchgefäß in den
Händen. An beiden Seiten der Archivolte die Verkündigungsmadonna und der Erzengel Gabriel.
Auffällig an diesem Werke
ist die ausgesprochen dekora-
tive Tendenz und ein gewisser
antiquierter Zug, der haupt-
sächlich an den Figuren der Sar-
kophagvorderseite und an der
Verkündigungsszene zutage tritt.
Perkins 1 glaubte, hier ein «par-
fait tombeau gothique venitien»
vor sich zu haben; aber noch
merkwürdiger ist die Charakteri-
sierung Gabelentz',2 der in den
drei Einzelfiguren einen «un-
zweifelhaften toskanischen Ein-
fluß» findet und dabei bemerkt,
sie hätten «in der allgemeinen
Kunst jener Zeit nicht ihresglei-
chen». Spricht man von diesen
drei Einzelfiguren, so ist es
vor allem notwendig, sie stilis-
tisch voneinander zu trennen:
die Verkündigungsgruppe ist
doch vom Weihrauch spenden-
den Engel verschieden. Aber
alle drei sind für uns nicht un-
bekannt: Madonna und Ver-
kündigungsengel sind typische
Nachfolger einer an Sarkophagen
üblichen und hier wiederholt an-
geführten Darstellung. Schwerlich
wird man hingegen behaupten können, diese Figuren seien gleichzeitig mit dem Sarkophag entstan-
den. Die Fältelung der Gewänder ist reicher und fortgeschrittener, auch die Art der Drapierung
würde eher einer noch zu besprechenden Gruppe von Skulpturen der zweiten Trecentohälfte als den
Figuren des Sargkastens entsprechen. Der Kopf- und Gesichtsbildung nach gehören sie aber ganz
der zeitgenössischen Kunst an: ein Vergleich mit den Figuren des Dandolo-Sarkophags, etwa mit
den Engeln, die den Vorhang am Paradebett halten (gleiche Haarbehandlung) oder mit der
Heiligen am Arsendi-Grabmal wird uns davon überzeugen können.3 Auch hier spielt noch
die Kunst der vierziger Jahre die Hauptrolle, der gegenüber aber bei der Besprechung des Arsendi-
Grabes ein Fortschritt in der Entwicklung festgestellt worden ist. Der Engel mit dem Weih-
rauchfaß hingegen steht den adorierenden Engelsfiguren des Ubertino-Grabmales nahe: dieselbe
Fig. 99. Heil. Georg.
Venedig, S. Marco.
1 Perkins a. a. 0. II, p. 2o3.
2 Gabelentz a. a. O., S. 253.
3 Vgl. auch die Madonnenstatue Fig. 94.
Leo Planiscig.
mit Muschelwölbung flankieren, die Figur des segnenden Christus; an den Ecken, in gleichartig
gebildeten Nischen, der hl. Markus und der hl. Johannes d. T.; in den Feldern zwischen diesen
Figuren, umfaßt von einem reich ornamentierten Rahmen, zwei Reliefdarstellungen aus der Mar-
tyriumlegende des Heiligen: links wie er von einem Pferde geschleppt wird, rechts seine Enthaup-
tung. In der Nische oberhalb des Verstorbenen ein Engel mit einem Weihrauchgefäß in den
Händen. An beiden Seiten der Archivolte die Verkündigungsmadonna und der Erzengel Gabriel.
Auffällig an diesem Werke
ist die ausgesprochen dekora-
tive Tendenz und ein gewisser
antiquierter Zug, der haupt-
sächlich an den Figuren der Sar-
kophagvorderseite und an der
Verkündigungsszene zutage tritt.
Perkins 1 glaubte, hier ein «par-
fait tombeau gothique venitien»
vor sich zu haben; aber noch
merkwürdiger ist die Charakteri-
sierung Gabelentz',2 der in den
drei Einzelfiguren einen «un-
zweifelhaften toskanischen Ein-
fluß» findet und dabei bemerkt,
sie hätten «in der allgemeinen
Kunst jener Zeit nicht ihresglei-
chen». Spricht man von diesen
drei Einzelfiguren, so ist es
vor allem notwendig, sie stilis-
tisch voneinander zu trennen:
die Verkündigungsgruppe ist
doch vom Weihrauch spenden-
den Engel verschieden. Aber
alle drei sind für uns nicht un-
bekannt: Madonna und Ver-
kündigungsengel sind typische
Nachfolger einer an Sarkophagen
üblichen und hier wiederholt an-
geführten Darstellung. Schwerlich
wird man hingegen behaupten können, diese Figuren seien gleichzeitig mit dem Sarkophag entstan-
den. Die Fältelung der Gewänder ist reicher und fortgeschrittener, auch die Art der Drapierung
würde eher einer noch zu besprechenden Gruppe von Skulpturen der zweiten Trecentohälfte als den
Figuren des Sargkastens entsprechen. Der Kopf- und Gesichtsbildung nach gehören sie aber ganz
der zeitgenössischen Kunst an: ein Vergleich mit den Figuren des Dandolo-Sarkophags, etwa mit
den Engeln, die den Vorhang am Paradebett halten (gleiche Haarbehandlung) oder mit der
Heiligen am Arsendi-Grabmal wird uns davon überzeugen können.3 Auch hier spielt noch
die Kunst der vierziger Jahre die Hauptrolle, der gegenüber aber bei der Besprechung des Arsendi-
Grabes ein Fortschritt in der Entwicklung festgestellt worden ist. Der Engel mit dem Weih-
rauchfaß hingegen steht den adorierenden Engelsfiguren des Ubertino-Grabmales nahe: dieselbe
Fig. 99. Heil. Georg.
Venedig, S. Marco.
1 Perkins a. a. 0. II, p. 2o3.
2 Gabelentz a. a. O., S. 253.
3 Vgl. auch die Madonnenstatue Fig. 94.