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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0157
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

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sehr früh dessen Umarbeitung in eine genrehafte Form. Die distinguierende Darstellungsart besteht
noch weiter, aber die dramatische Klarheit, die Konzentration der Handlung räumt langsam einer
im Detail reichen Schilderung den Platz. Dies zeigen die Reliefs, die Lorenzo Maitani und seine
Schule seit dem Jahre i320 an der Fassade des Domes von Orvieto ausführten. Die landschaft-
lichen Szenen bekommen hier einen neuen Charakter (man betrachte die Vertreibung aus dem
Paradiese; Adam und Eva, der eine die Erde aufackernd, die andere spinnend), die Figuren einen
neuen Ausdruck in dem sie umgebenden Räume. Erzählende Szenen im sienesischen Sinne findet
man aber an einer Gruppe von Werken, die mit den Namen der Bildhauer Agostino und Agnolo

Fig. io3. Grabmal des Dogen Giovanni Dolfin.
Venedig, SS. Giovanni e Paolo.

in Verbindung gebracht werden. Wir können uns hier nicht mit der Frage beschäftigen, ob die
Meister der Reliefs der nun zerstückelten Area des hl. Oktavianus im Dom zu Volterra wirklich,
wie Venturis Meinung ist, diese beiden Sienesen gewesen sind.1 Uns genügt es, die neue Inter-
pretation der erzählenden Szenen festzustellen, die man auch an anderen Werken der sienesischen
Bildhauerschule weiter verfolgen kann: an der Area des San Cerbone in der Kathedrale von
Massa Marittima oder an dem Monument des Tabiati (f 1333) in der Kathedrale von
Messina, zwei Werken des Sienesen Goro di Gregorio. Der erzählende Charakter, die Be-
schaffenheit der landschaftlichen Szenerie, die Gruppierung der Figuren erreichen eine noch höhere
Bedeutung in den Reliefs des Grabmonumentes Guido Tarlatis im Dom zu Arezzo, die
Agostino und Agnolo im Jahre i33o ausführten. Schon die architektonische Gestaltung dieses Mo-
numentes zeigt Besonderheiten, die Venturi allerdings nur als eine Parodie auf die Werke Tinos
auffassen zu sollen glaubt:2 eine neue Interpretation des Wandgrabes, die der malerischen Auf-
fassung der sienesischen Schule entspricht. Die sechzehn Reliefs nebst dem der Sarkophagvorder-

1 Eines von diesen Reliefs (Fig. 54) wurde bereits bei der Besprechung der Area des B. Odorico in Udine in Er-
wägung gezogen.

3 Venturi a. a. 0. IV, p. 3/3: «Una forma che pare la parodia dell'opera di Tino.2
 
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