Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0169
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

161

XII.

Während der Zeit zwischen i36o und i38o kann man neben den vielen Überresten anderer,
bereits überwundener Stilrichtungen ihrer zwei in den Vordergrund rücken, die auch der Skulptur
dieses Zeitabschnittes das Hauptgepräge verleihen: die eine Richtung entfaltet sich als Folge einer

Fig. 115. Devotionsrelief (1363).
Venedig, Seminario patriarcale.

inneren Weiterentwicklung unter französischem Einflüsse, für die andere muß man die
Triebfedern wiederum in der Toskana suchen.

Vorderhand einige Beispiele, die als vermittelnde Bindeglieder gelten können.

Ein in der Renaissancezeit adaptiertes Relief an der Scuola di S. Giorgio e Trifone zu
Venedig stellt die thronende Madonna mit dem Kinde, die hl. Katharina mit Rad und
Märtyrerpalme, den Evangelisten Johannes und einen neben dem Throne knienden Stifter
dar (Fig. 114). Die Komposition ist nichts Seltenes; auch die stilistische Behandlung der Madonna
ist bereits bekannt, da sie den frontalen, ernsten Typus der vierziger Jahre widerspiegelt. Nur in
der Faltengebung der Gewänder ist mehr Ruhe als zuvor eingetreten: nicht mehr die dünnen,
engen, parallelen Falten der Madonna am Gradenigo-Sarkophag sondern ruhige, mit großen Flächen
variierende Falten. An der Figur der hl. Katharina kommt das Gesagte am besten zur Geltung.
Ihre Kleidung besteht aus einer langen Tunika, über welche, die Schultern entlang, ein Mantel
fällt. In der Kopfbehandlung stecken noch toskanische Elemente: ihr Gepräge erinnert etwa an
eine antike Stadtgöttin.1 In denselben Zusammenhang möchte ich zwei Reliefs der Estensi-

1 Ein stilistisch ähnliches Relief der thronenden Madonna zwischen zwei Heiligen in der Calle S. Giovacchino; Ab-
bildung bei Paoletti di Osvaldo a. a. 0., p. 42.

21*
 
Annotationen