Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Peltzer, Rudolf Arthur: Hans Rottenhammer
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0333
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hans Rottenhammer.

Sowohl in der Färbung als auch in der Typik macht sich auf diesem Bilde außerdem der
Einfluß seines Freundes Palma Giovane bemerkbar. Die Heiligen und Engel auf dessen Haupt-
werk, dem großen Jüngsten Gericht im Dogenpalast, sind denen Rottenhammers in der Körper-
bildung, Kleidung und Stellung sehr ähnlich. Auch hat Palma die gleiche Vorliebe für reine
Lokalfarben, namentlich für Rot und Blau. Aber er ist dem Deutschen an Temperament und Kraft
des Kolorits weit überlegen. Auch andere Kompositionen Palmas, z. B. die von L. Kilian ge-
stochene Verkündigung, die Anbetung der Hirten oder die Auferweckung des Lazarus, bestätigen
die Richtigkeit der Beobachtung Ridolfis, daß Rottenhammer «segui alcune volte la di lui maniera,
valendosi anco tal'hora d'alcuna sua inventione». Als Nachahmer Palmas erscheint er auch in

Fig. iö. Rottenhammer und Paul Brill, Sturz des PhaetOD.
Haag, Mauritshuis.

der Geißelung Christi der kaiserlichen Galerie (Tafel XXXVII), die sich durch eine angenehme,
weichverschmolzenc Farbigkeit auszeichnet. Wenn auch nicht signiert, dürfte das tüchtige Bildchen
den besten Arbeiten der venezianischen Zeit zuzurechnen sein.1

Die geschickte Hand, die Rottenhammer bei dem Aufbau des Allerheiligenbildes und des
Jüngsten Gerichtes zeigt, läßt die Behandlung religiös-historischer Stoffe meist vermissen,
namentlich wenn es sich darum handelt, größere Massen in Bewegung zu setzen. Hier gerät er
in sklavische Abhängigkeit von Tintoretto, dessen gewaltiges Pathos er vergeblich nachzuahmen
sucht. So auf den häufig vorkommenden Studien zur Anbetung der ehernen Schlange, deren
erste 1599 datiert ist.2 Am stärksten lehnt sich Rottenhammer auf der von L. Kilian gestochenen

1 Die unsichere Zuschreibung an Stradanus läßt sich nicht halten. Das Bild hat alle Kennzeichen von Rottenhammers
Manier und findet sich außerdem schon im Inventar des Erzherzogs Leopold Wilhelm verzeichnet mit dem Zusatz: «Man
halts von Hannsz von Rottenhamer.» «Ein klein Stückl von Ölfarb auf Kupfer, wann die Geiselung Christi und dabey unser
liebe Frau auf der Seilhen in Ohnmacht liegt. In einem schwarzen Rahmen, hoch 1 Spann 9 Finger [395 mm] und ein
Spann 5 Finger [3i2mm] breith»: Jahrbuch I, II. Teil, Reg. Nr. 495, Fol. 240v, Nr. 501. Die jetzigen Maße sind ohne den
Rahmen 32 cm hoch, 25 cm breit.

2 Verz. IV, Nr. 38. Ähnliche Handzeichnungen in Berlin, Chatsworth und Köln, ein Gemälde auch in Frederiksborg.
 
Annotationen