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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Fröhlich-Bum, Lili: Einige unbekannte Werke des Andrea Schiavone: Nachtrag zu dem Aufsatz "Andrea Meldolla, genannt Schiavone" im XXXI. Bande dieses Jahrbuches
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0384
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372 Uli Fröhlich-Bum.

weisen läßt. Er zeigt sich zunächst in der Darstellung; diese bringt in einem kompositioneil voll-
ständig aufgelösten Nebeneinander Szenen aus dem Landleben, die vielleicht Noah und seine Söhne
bei der Arbeit darstellen sollen, ohne daß dieser Vorwurf klar ausgedrückt wäre. Das Bild macht
gerade wegen seiner kompositioneilen Auflösung einen monumentalen Eindruck; die Landschaft
gehört zu den reifsten dieser Schaffenszeit des Meisters und reicht ebenso wie die Landschaft mit
Jupiter und Jo in St. Petersburg (abgeb. a. a. O., S. 188, Fig. 64) an die Landschaften Tizians
heran. Auch wie stark die wechselseitige Wirkung zwischen nordischer und italienischer Kunst
war, zeigt dieses Bild, dessen säender Bauer eine Figur ist, wie wir sie etwa bei Pieter Aertsen
finden.

Das zweite Gemälde der Sammlung Brass (Fig. 7)1 ist eine große dekorative Landschaft in
der Art der beiden Berliner Bilder (abgeb. a. a. O., S. 189 und 190, Fig. 65 und 66) und zeigt

das gleiche Verhältnis zwischen
Figuren und Landschaft wie diese.
In dieser Landschaft, die ein ge-
lungenes Abbild der scheinbaren
Unendlichkeit und ewigen Ab-
wechslung einer waldigen Gegend
ist, leben zahlreiche Figuren ein
mannigfaltiges Leben, das aus den
einzelnen Erlebnissen der Jagd
zusammengesetzt ist, ohne daß
man darin eine Begebenheit aus der
Antike oder eine andere «Storia»
finden könnte. Das Kolorit ist
warm, doch bis auf wenige Lich-
ter ganz auf grün und braun ge-
stellt.

Auch dieses Bild zeigt in
überzeugendster Weise, daß es um
Fig. 9. Schiavone, Herkules erschlägt den Cerberus. der Landschaft willen entstanden

Venedig, Sammlung Brass. ist und gewiß dem damals in

Italien noch neuen, an den frü-
hen niederländischen Landschaftern geschulten Geschmack entsprach.

Das Porträt eines alten Mannes derselben Sammlung (Fig. 8) 2 zeigt die allergrößte Verwandt-
schaft mit dem einzigen mir bekannten Porträt Schiavones im Wiener Hofmuseum (abgeb. a. a. O.,
S. 180, Fig. 56). Der Kopf ist zum Bildraum ähnlich dimensioniert; die hohe Stirne hebt sich
leuchtend vom Hintergrund ab, die Behandlung des flockigen weißen Bartes, die einzelnen Glanz-
lichter am Nasenrücken und der Ansatz des Ohres sind Einzelheiten, die sich auf den beiden
Porträtdarstellungen finden. Auch auf dem Porträt in Venedig überzeugt die technische Uberein-
stimmung mit andern Bildern des Schiavone, so daß auch dieses Bildnis mit Sicherheit als sein
Werk anzusprechen ist.

Das vierte Bild von Schiavone im Besitze des Malers Brass ist ein Cassonebild: «Herkules
erschlägt den Cerberus» (Fig. 9),3 das alle Merkmale seines Stiles und seiner Handschrift in über-
zeugendster Weise trägt.

Schließlich sei noch ein hochinteressantes Bild von außerordentlicher Qualität erwähnt, das
zu den Hauptwerken des Schiavone gehört. Es ist die «Steinigung des heil. Stephanus» im

1 Leinwand, i"02 : 0-82 m.

2 Holz, 0-31 : 0-38 m.

3 Leinwand, 0'54 : o-43 m.
 
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