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M. Hoernes Die neolithische Keramik in Österreich
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Fig. 40—58 Figurale Keramik aus Tordos. Nach Photographien im
k. k. naturhistorischen Hofmuseum
der prämykenisch-ägäischen Kultur des
östlichen Mittelmeerbeckens zu erken-
nen geglaubt. Das läßt sich bestreiten,
und ich will auch keineswegs unerschüt-
terlich daran festhalten. Man kann, wie
fast immer in der Prähistorie, bei offen-
bar zusammenhängenden Erscheinungen
in benachbarten oder nicht allzuweit
auseinander liegenden Länderräumen,
den einen oder auch den entgegenge-
setzten Weg der Übertragung annehmen.
In dem einen Falle spricht man vom
Handel und Verkehr, im andern von
Wanderungen und Ausbreitung der
Völker. Mir scheint diese, wie so viele
ähnliche Fragen, noch durchaus unge-
löst, und mit Sicherheit erkennt man nur
eine Reihe der merkwürdigsten Über-
einstimmungen, die sich hoffentlich ein-
mal in befriedigender, nicht allzu hypo-
thetischer Weise miteinander ver-
knüpfen lassen werden. Die bisherigen
Versuche zu ihrer Erklärung — meine
eigenen natürlich nicht ausgenommen —
waren alle billig zu haben; ihr Wert ist
auch danach.
Die bemalte neolithische Keramik
gehört durchaus dem Umlaufstil an.
Zweierlei läßt sich von ihr mit einiger
Zuversicht auch für die Zukunft aus-
sagen: 1. Sie findet sich ausschließlich
im O und besonders im SO des Gebietes
Nach der Feststellung jenes Verbreitungs-
gebietes gleichartiger Gefäß- und zum Teile gleicher
Ornamentformen, welches in südnördlicher Rich-
tung mitten durch Osterreich-Ungarn von Bosnien
bis Schlesien und in südost-nordwestlicher Richtung'
vom griechischen Archipel bis über den Rhein
reicht, ist zu bemerken, daß sich zwei Begleit-
erscheinungen jener Gefäßtypen nur in einem Teile
dieses Gebietes finden, und zwar hauptsächlich
im SO desselben. Diese sind die bemalte Keramik
und die figurale Tonplastik. Ich habe die Zeugnisse
dafür in meiner Urgesch. d. bild. Kunst in Europa
(Tonplastik S. 205 - 235, bemalte Keramik S. 278—
291), soweit sie damals bekannt waren, zusammen-
gestellt und in ihnen auf mitteleuropäischem Boden
allerdings den durch Handel vermittelten Einfluß
der sogenannten „Bandkeramik“, so daß sie bei
uns nur in der Bukowina und in Ostgalizien
eine herrschende Rolle spielt und außerdem nur
noch im adriatischen Küstenland, in Niederöster-
reich und Mähren nach Österreich hereinreicht.
2. Sie zerfällt in Gruppen, die sowohl räumlich
getrennt als auch nach Formen und Verzierungen
voneinander sehr unabhängig sind, so daß sie
nicht als eine Erscheinung zusammengefaßt, ja
sogar sehr wohl verschiedenen Alters sein kön-
nen. So spricht die Form der Gefäße und der
Verzierungen in einigen Gruppen und Fund-
orten für zeitlichen Zusammenhang mit den Er-
scheinungen in Butmir (wo keine bemalten Ge-
fäße vorkamen), also für etwas höheres Alter;
dies ist der Fall in Lengyel, im österreichischen
M. Hoernes Die neolithische Keramik in Österreich
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Fig. 40—58 Figurale Keramik aus Tordos. Nach Photographien im
k. k. naturhistorischen Hofmuseum
der prämykenisch-ägäischen Kultur des
östlichen Mittelmeerbeckens zu erken-
nen geglaubt. Das läßt sich bestreiten,
und ich will auch keineswegs unerschüt-
terlich daran festhalten. Man kann, wie
fast immer in der Prähistorie, bei offen-
bar zusammenhängenden Erscheinungen
in benachbarten oder nicht allzuweit
auseinander liegenden Länderräumen,
den einen oder auch den entgegenge-
setzten Weg der Übertragung annehmen.
In dem einen Falle spricht man vom
Handel und Verkehr, im andern von
Wanderungen und Ausbreitung der
Völker. Mir scheint diese, wie so viele
ähnliche Fragen, noch durchaus unge-
löst, und mit Sicherheit erkennt man nur
eine Reihe der merkwürdigsten Über-
einstimmungen, die sich hoffentlich ein-
mal in befriedigender, nicht allzu hypo-
thetischer Weise miteinander ver-
knüpfen lassen werden. Die bisherigen
Versuche zu ihrer Erklärung — meine
eigenen natürlich nicht ausgenommen —
waren alle billig zu haben; ihr Wert ist
auch danach.
Die bemalte neolithische Keramik
gehört durchaus dem Umlaufstil an.
Zweierlei läßt sich von ihr mit einiger
Zuversicht auch für die Zukunft aus-
sagen: 1. Sie findet sich ausschließlich
im O und besonders im SO des Gebietes
Nach der Feststellung jenes Verbreitungs-
gebietes gleichartiger Gefäß- und zum Teile gleicher
Ornamentformen, welches in südnördlicher Rich-
tung mitten durch Osterreich-Ungarn von Bosnien
bis Schlesien und in südost-nordwestlicher Richtung'
vom griechischen Archipel bis über den Rhein
reicht, ist zu bemerken, daß sich zwei Begleit-
erscheinungen jener Gefäßtypen nur in einem Teile
dieses Gebietes finden, und zwar hauptsächlich
im SO desselben. Diese sind die bemalte Keramik
und die figurale Tonplastik. Ich habe die Zeugnisse
dafür in meiner Urgesch. d. bild. Kunst in Europa
(Tonplastik S. 205 - 235, bemalte Keramik S. 278—
291), soweit sie damals bekannt waren, zusammen-
gestellt und in ihnen auf mitteleuropäischem Boden
allerdings den durch Handel vermittelten Einfluß
der sogenannten „Bandkeramik“, so daß sie bei
uns nur in der Bukowina und in Ostgalizien
eine herrschende Rolle spielt und außerdem nur
noch im adriatischen Küstenland, in Niederöster-
reich und Mähren nach Österreich hereinreicht.
2. Sie zerfällt in Gruppen, die sowohl räumlich
getrennt als auch nach Formen und Verzierungen
voneinander sehr unabhängig sind, so daß sie
nicht als eine Erscheinung zusammengefaßt, ja
sogar sehr wohl verschiedenen Alters sein kön-
nen. So spricht die Form der Gefäße und der
Verzierungen in einigen Gruppen und Fund-
orten für zeitlichen Zusammenhang mit den Er-
scheinungen in Butmir (wo keine bemalten Ge-
fäße vorkamen), also für etwas höheres Alter;
dies ist der Fall in Lengyel, im österreichischen