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M. Hoernes Die neolithische Keramik in Österreich
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Körperschmuck darstellend (wie an dem von mir
publizierten thrakischen Sitzbild), machen weniger
den Eindruck des Umlaufstiles, als den des Rahmen-
stiles -mit seinen Füllfiguren, und man sieht auch
daraus, daß H. Schmidts Ableitung des „band-
keramischen“ oder „freien“ Stiles und insbesondere
des Spiralornamentes und seiner Derivate von der
Körperzeichnung sehr wenig berechtigt ist. Der
fixe Leibesschmuck ist ebenso an die Formen des
Körpers gebunden wie die bewegliche „Hals- und
Schulterdekoration“; er bedingt aber nicht so sehr
rhythmisch fortlaufende Motive, als geschlossene,
umrandete Einzelfiguren. Man müßte also eher den
Rahmenstil mit seinen, bestimmtePunkte amVasen-
körper bezeichnenden Figuren von der Zeichnung
auf dem menschlichen Leibe herleiten, als den Um-
laufstil mit seinen Spiralbändern, wie Schmidt will.
Fig. 85 und 86 Tonfigur von Klicevac, ]/6 n. Gr.
Nach M. Vat.trovic, Starinar VII (1891) Taf. X fg.
Es ist eine offene Frage, ob und inwiefern
die Herstellung' kleiner plastischer Tonidole, deren
z. B. in Butmir und in Jablanica ja über 80 Stücke
gefunden wurden, mit dem zu jener Zeit eifrig
betriebenen Feldbau und der Verehrung einer
mütterlichen Erdgottheit zusammenhängt.
2. Der Rahmenstil
Die Existenz des reinen Umlaufstils bedarf
keines Beweises. Gegen die Aufstellung dieser
ersten Stilgruppe ließe sich sogar einwenden, daß
in ihr zu viele verschiedenartige Dinge unter einem
wenig charakteristischen Merkmale zusammenge-
faßt seien. Allein im vorstehenden sollte haupt-
sächlich gezeigt werden, daß es innerhalb dieser
großen Gruppe eine besonders alte Untergruppe
von auffallend ähnlichen Gefäß- und Ornament-
formen gegeben hat, welche am östlichen und am
westlichen Mittelmeere und in Mitteleuropa von
den Karpathen bis über den Rhein hinweg, also
auch über Österreich, verbreitet war. Diese Unter-
gruppe ist am Mittelmeere kupferzeitlich und früh-
bronzezeitlich, im östlichen Mitteleuropa teils neo-
lithisch, teils kupferzeitlich, in Österreich und im
weiteren Westen aber rein neolithisch, all das kaum
so sehr infolge verschiedenen absoluten Alters der
betreffenden Kulturschichten, als infolge des ver-
schiedenen Alters der ersten Metallbenutzung in
den einzelnen Ländern dieses ausgedehnten Ge-
bietes.
Anders steht es mit dem Rahmenstil, den ich
als eine jüngere Erscheinung innerhalb eines
Teiles jener Länderräume erweisen will. Dieser
neue Stil ist dem ersteren nicht gleichwertig. Er
entsteht nicht durch ein völliges Aufgeben der
älteren und die Einführung ganz anderer Ele-
mente. Es finden sich in ihm vielmehr dieselben
Ornamentmotive und zum Teile auch noch die-
selbe reihenweise Anordnung der letzteren, jetzt
häufig in der symmetrisch wechselnden Form des
„Metopenbandes“. Neu ist nur das Hinzutreten
eines Elementes, welches manchmal scharf her-
vortritt, aber keineswegs gleichmäßig und durch-
gehend in allen Erzeugnissen herrscht. Der neue
Stil ist streng genommen ein „Umlaufstil, vermehrt
durch Rahmenbildung' und Füllfiguren“ (oder
„Streufiguren“); der erstere ist sogar oft das do-
minierende Element, welches die neuen Erschei-
nungen mehr oder weniger verdunkelt. Scharfen
Kritikern empfehle ich daher, sich auf das Fol-
gende gar nicht einzulassen, sondern meine Ein-
teilung gleich hier zu verwerfen.
Der neue Stil charakterisiert sich im Gegensatz
zum älteren hauptsächlich dadurch, daß er größere
Teile der Gefäßoberfläche zwar sorgfältig' glättet
und poliert, aber nicht verziert, um den Glanz und
die Farbe der nackten Wandung gegen das Or-
nament wirkungsvoll abstechen zu lassen. Daher
jetzt reinere Farben und feinere Glättung, spar-
samere Ornamente, die aber kräftiger, tiefer und
breiter eingestochen und meist mit weißer Masse
gefüllt sind. Aus diesem Stilprinzipe des Abstiches
M. Hoernes Die neolithische Keramik in Österreich
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Körperschmuck darstellend (wie an dem von mir
publizierten thrakischen Sitzbild), machen weniger
den Eindruck des Umlaufstiles, als den des Rahmen-
stiles -mit seinen Füllfiguren, und man sieht auch
daraus, daß H. Schmidts Ableitung des „band-
keramischen“ oder „freien“ Stiles und insbesondere
des Spiralornamentes und seiner Derivate von der
Körperzeichnung sehr wenig berechtigt ist. Der
fixe Leibesschmuck ist ebenso an die Formen des
Körpers gebunden wie die bewegliche „Hals- und
Schulterdekoration“; er bedingt aber nicht so sehr
rhythmisch fortlaufende Motive, als geschlossene,
umrandete Einzelfiguren. Man müßte also eher den
Rahmenstil mit seinen, bestimmtePunkte amVasen-
körper bezeichnenden Figuren von der Zeichnung
auf dem menschlichen Leibe herleiten, als den Um-
laufstil mit seinen Spiralbändern, wie Schmidt will.
Fig. 85 und 86 Tonfigur von Klicevac, ]/6 n. Gr.
Nach M. Vat.trovic, Starinar VII (1891) Taf. X fg.
Es ist eine offene Frage, ob und inwiefern
die Herstellung' kleiner plastischer Tonidole, deren
z. B. in Butmir und in Jablanica ja über 80 Stücke
gefunden wurden, mit dem zu jener Zeit eifrig
betriebenen Feldbau und der Verehrung einer
mütterlichen Erdgottheit zusammenhängt.
2. Der Rahmenstil
Die Existenz des reinen Umlaufstils bedarf
keines Beweises. Gegen die Aufstellung dieser
ersten Stilgruppe ließe sich sogar einwenden, daß
in ihr zu viele verschiedenartige Dinge unter einem
wenig charakteristischen Merkmale zusammenge-
faßt seien. Allein im vorstehenden sollte haupt-
sächlich gezeigt werden, daß es innerhalb dieser
großen Gruppe eine besonders alte Untergruppe
von auffallend ähnlichen Gefäß- und Ornament-
formen gegeben hat, welche am östlichen und am
westlichen Mittelmeere und in Mitteleuropa von
den Karpathen bis über den Rhein hinweg, also
auch über Österreich, verbreitet war. Diese Unter-
gruppe ist am Mittelmeere kupferzeitlich und früh-
bronzezeitlich, im östlichen Mitteleuropa teils neo-
lithisch, teils kupferzeitlich, in Österreich und im
weiteren Westen aber rein neolithisch, all das kaum
so sehr infolge verschiedenen absoluten Alters der
betreffenden Kulturschichten, als infolge des ver-
schiedenen Alters der ersten Metallbenutzung in
den einzelnen Ländern dieses ausgedehnten Ge-
bietes.
Anders steht es mit dem Rahmenstil, den ich
als eine jüngere Erscheinung innerhalb eines
Teiles jener Länderräume erweisen will. Dieser
neue Stil ist dem ersteren nicht gleichwertig. Er
entsteht nicht durch ein völliges Aufgeben der
älteren und die Einführung ganz anderer Ele-
mente. Es finden sich in ihm vielmehr dieselben
Ornamentmotive und zum Teile auch noch die-
selbe reihenweise Anordnung der letzteren, jetzt
häufig in der symmetrisch wechselnden Form des
„Metopenbandes“. Neu ist nur das Hinzutreten
eines Elementes, welches manchmal scharf her-
vortritt, aber keineswegs gleichmäßig und durch-
gehend in allen Erzeugnissen herrscht. Der neue
Stil ist streng genommen ein „Umlaufstil, vermehrt
durch Rahmenbildung' und Füllfiguren“ (oder
„Streufiguren“); der erstere ist sogar oft das do-
minierende Element, welches die neuen Erschei-
nungen mehr oder weniger verdunkelt. Scharfen
Kritikern empfehle ich daher, sich auf das Fol-
gende gar nicht einzulassen, sondern meine Ein-
teilung gleich hier zu verwerfen.
Der neue Stil charakterisiert sich im Gegensatz
zum älteren hauptsächlich dadurch, daß er größere
Teile der Gefäßoberfläche zwar sorgfältig' glättet
und poliert, aber nicht verziert, um den Glanz und
die Farbe der nackten Wandung gegen das Or-
nament wirkungsvoll abstechen zu lassen. Daher
jetzt reinere Farben und feinere Glättung, spar-
samere Ornamente, die aber kräftiger, tiefer und
breiter eingestochen und meist mit weißer Masse
gefüllt sind. Aus diesem Stilprinzipe des Abstiches