Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 3.1905

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Tietze-Conrat, Erica: Unbekannte Werke von G.R. Donner
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.47867#0306
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22 1

E. Tietze-Conrat Unbekannte Werke von G. R. Donner

222

gleichfalls Bleireliefs, die in der Brüstung der
Kanzel eingelassen sind und — von links nach
rechts gesehen — folgende Szenen veranschau-
lichen; die gute Seele, die in den Himmel aufge-
nommen wird, Johannes, der dem Volke predigt,
Moses, dem Gottvater die Gesetzestafeln reicht, die
Himmelfahrt des Propheten Elias, die Bekehrung
des Paulus und — als Pendant zur ersten Dar-
stellung — die böse Seele, die Satan fesselt und
mit sich fortzieht.
Die größte Ähnlichkeit1) mit dem Melker Re-
lief hat die Darstellung der Bekehrung des Paulus
(Abb. 81), bei der Donner in der Figur des Hei-
landes das Stellungsmotiv des Engels, der Hagar
die Quelle weist,2) wieder aufnimmt. Diese in den
Wolken verschwindende Figur des Herrn, der sich
herabneigt, steht in scharfem Kontrast zu Paulus,
der aus dem Reliefgrund herausfällt; er liegt am
Boden, von seinem Pferd gestürzt, das mit den
anderen davonstürmt. Auf dem Relief der Gesetz-
gebung schwebt rechts oben Gottvater in einer
Wolke, bis zur Mitte nur sichtbar, von zwei En-
geln umgeben; links unten, frei herausgearbeitet,
kniet Moses und empfängt mit den erhobenen
eben den weltberühmten Herrn Donner ausgearbeitet und
in Composition gegossen, somit aber alles cum Ottonem
praepos. Gurcensem bemerkt und verfertigt worden. Die
Fassung aber unter reverendissimo successore (Johann
Maria Rechbach) beschehen.“ Meines Erachtens müssen wir
darin Syhn nicht unbedingt glauben; es dürfte eine Ver-
wechslung stattgefunden haben; der Gesamtbau der Kanzel
und ihre interessante Bekrönung (B. Moll 1767) kann nach
Zeichnungen der Gebrüder Bibiena gearbeitet sein. Es besteht
auch eine gewisse Ähnlichkeit mit den prunkvollen Kata-
falken und scenarischen Apparaten dieser Meister. Die Kom-
position der „Schilde“ ist Donners Eigentum. Sie stehen
Donners früheren Arbeiten viel zu nahe, um nach fremden
Vorlagen gearbeitet zu sein. Die Fassung der Reliefs und
die Einrichtung der Kanzel ist das Werk B. Molls und fällt
in das Jahr 1767. Moll war auch noch sonst für Kärnten tätig.
Das große Maria-Theresiamonument (1764) auf dem neuen
Platz in Klagenfurt war von seiner Hand. Es war in der Kom-
position von der Statue Karl VE von Donner beeinflußt
(der gleiche fliegende Genius der Fama) und wurde, da es
aus Blei war und so vielfach Beschädigungen erlitten hatte,
durch ein modernes Bronzemonument ersetzt (1871).
b Auch mit andern früheren Arbeiten zeigt die Melker
Arbeit Zusammenhang: z. B. in der Taufe Christi (Abb. 71)
schwebt der trauernde Engel in Wolken verschwindend zum
Himmel — Johannes steht in greifbarer Wirklichkeit am
Ufer des Jordans —.
2) Marmorrelief, Hofmuseum.

Händen die Tafeln. Auf dem vierten Relief
(Abb. 82) findet sich der gleiche Kontrast: links
oben Elias, der auf seinem flammenden Wagen
zum Himmel auffahrt; den Mantel hat der Prophet
abgeworfen, er wird zu Boden fallen, vor Elisäus
hin, der rechts unten anbetend in die Knie sinkt;
seine linke Schulter mit dem ausgestreckten Arm
tritt ganz aus dem Reliefgrunde heraus. Noch ein
Gemeinsames besteht zwischen diesen „Schilden“


Fig. 83 Merkur, Statuette im Stiftsmuseum
zu Klosterneuburg

und dem Melker Medaillon: die Illusion des Erd-
reiches ist durch einfache Rauhung erzeugt, in-
dem der Künstler auf jedes Detail verzichtet; auch
tritt bei allen der Grund nach unten zu stark
hervor, wodurch eine größere Tiefenwirkung des
Raumes erzielt wird.
4-
Bei dem Aschacher Altar und dem Melker
Relief war durch urkundliche Überlieferung die
Zuweisung an Donner möglich gemacht und die
Datierung gegeben; anders ist es bei dem Werk,
das jetzt zur Besprechung gelangt, bei dem Paris ’)
b Die Figur ist im Besitz des Dr. H. Modern, der so
liebenswürdig war, mich darauf aufmerksam zu machen.
 
Annotationen