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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 3.1905

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Nr. 2
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Tietze-Conrat, Erica: Unbekannte Werke von G.R. Donner
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https://doi.org/10.11588/diglit.47867#0318
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E. Tietze-Conrat Unbekannte Werke von G. R. Donner

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bildet den Hintergrund für das Bild; er ist außen
blau mit Gold gemalt, innen mit silbergrauen
Kreuzen verziert. Zwei Putten fliegen mit dem
schweren gebauschten Baldachin nach den beiden
Seiten hin; der eine, der nach links fliegt, zeigt
den Rücken, der andere wendet sein Antlitz dem
Beschauer zu, Arme und Kopf sind unter den
Falten des schweren Stoffes fast ganz verborgen.
Zwei andere Putten, hinter denen geflügelte
Engelsköpfe sichtbar werden, fliegen über der
spitzen Bekrönung des Madonnenbildes und tragen
das Spruchband: Sancta Maria. Sie sind alle sehr
natürlich in der Bewegung und von großer Schön-
heit der Ausführung und dürften eigenhändige
Arbeiten sein, während die großen Engel unten in
ihrer manirierten Stellung zwischen Knien und
Schweben mit den zurückgebogenen Oberkörpern
und den oberflächlich modellierten Beinen und
Armen von einem Schüler ausgeführt sein dürften.
Hinter diesem Altar, schon im Chor, ist eine Tafel
aus rotem Marmor, die in goldenen Buchstaben
den Stifter dieses Altäre privilegiatum nennt. Es
ist Carolus Zichy de Vasonteo; das Jahr, in dem
die Stiftung erfolgte, ist 1736. Dieser Graf Karl
Zichy ist ein Sohn des Grafen Adam Zichy; sein
Geburtsjahr wird verschieden angegeben1): 1701,
1699 oder noch früher; 1713 wurde er Obergespan,
1716 Kämmerer; er zog unter Prinz Eugen gegen
die Türken und machte 1717 die Belagerung
Temesvars mit. 1735 wurde er „Cron-Hütter“ und
wirklicher geheimer Rat Karl VI; am 14. Juni
1741 starb er in Preßburg und liegt in Orosvär
begraben. Neben dieser Stiftungstafel befindet
sich ein Gedenkstein aus rotem Marmor, — es ist
der gleiche Stein wie der bei den ornamentalen
Teilen des Marienaltares verwendete — der die
Figur eines Mannes darstellt, den die Tradition
mit dem Grafen Karl Zichy, dem Stifter des
Altares identifiziert. Doch scheint diese Benennung
des Gedenksteines eine irrige zu sein. Denn ein
Porträt im Senioratsschloß zu Zsely, das dem Grafen
Karl Zichy gehörte, zeigt diesen vollkommen bart-
los und dem Preßburger Stein unähnlich.2) Ich
b Wurzbach, Oesterreichische National-Encyclopaedie
von Gräffer und Czikann, Wien 1832, Zedlers Universal-
lexikon, Schönfeld, Adelsschematismus des oesterreichi-
schen Kaiserstaates, Wien 1824.
2) Ich verdanke diese Mitteilungen Seiner Exzellenz

möchte diesen Gedenkstein als eigenhändige Arbeit
Donners ansprechen. Er ist (Abb. 94) in der Art
der gotischen Grabsteine und wird von einem
breiten Rand umgeben, auf dem weder Name noch
Inschrift steht. Innerhalb dieses Randes in dem
vertieften Stein ist das Bild des Mannes, der in
der rechten Hand ein großes, gleichfalls unbe-
schriebenes Pergament hält, das mit seiner einen


Fig. 94 Gedenkstein in der Kreuzpaterkirche
zu Preßburg

Ecke über den Rand hinausgeht; die andere Hand
trägt ein Buch. Der Dargestellte ist in ungarischer
Nationaltracht gekleidet; auf dem Kopf eine mit
Pelz verbrämte Mütze, der Mantel auch an den
Ärmeln und vorn mit Pelz verbrämt und im In-
nern damit gefüttert. Der Rock, der zwischen den
Aufschlägen des Mantels sichtbar wird, ist ver-
schnürt und mit einem Gürtel um die Mitte be-
Graf Theodor Zichy, der die Liebenswürdigkeit hatte, den
Gedenkstein mit dem Porträt für mich zu vergleichen.
 
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