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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 3.1905

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Nr. 2
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Tietze-Conrat, Erica: Unbekannte Werke von G.R. Donner
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249

E. Tietze-Conrat Unbekannte Werke von G. R. Donner

250


liehen Arbeiten Georg Raphael Donners“1) setzt
Schlager bei der Aufzählung der vier Figuren
noch die Bemerkung hinzu: „Der Bildhauer Ra-
phael Donner soll sie auf Anordnung des Grafen
Anton Grassalkowits, der den Palast von Grund
aus erbaute, verfertigt haben.“ Karl Weiss, der
in seiner kurzen Schrift2) — wie er in den ein-
leitenden Worten sagt — „das Verhältnis des
Künstlers (Donner) zu der Epoche, welche ihm
voranging und zu der Zeit, in der er selbst lebte“
beleuchtete, hatte die Jahreszeiten „jene vier le-
bensgroßen, aus Sandstein gemeißelten Figuren“
noch gesehen und widmet ihnen,3) da es „wenig
gekannte“ Werke sind, eine längere Besprechung.
In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhun-
derts scheinen aber jene Figuren in Vergessen-
heit geraten zu sein, denn Ilg sagt in seiner Ge-
denkschrift:4) „Nicht mehr vorhanden sind die
vier Jahreszeiten von Stein, welche Donner für den
neuerbauten Palast des Grafen Anton Grassalko-
wits (jetzt Wohnung des Herrn Erzherzogs Friedrich)
daselbst gemacht haben soll.“ Die vier Figuren,
die unverrückt die ganzen Jahre hindurch stehen
geblieben waren, zogen bei der kürzlich erfolgten j
Herrichtung des Stiegenhauses die Aufmerksam-
keit von neuem auf sich und wurden sogar von
der Übertünchung, „wodurch“, wie Karl Weiss
bemerkt, „zartere Linien gelitten hatten“ befreit.
Ich möchte der Tradition nicht unbedingt Glau-
ben schenken: von den vier Figuren dürften
nur zwei, der Sommer und der Herbst, auf
Donner selbst zurückgehen; die anderen beiden,
der Frühling und der Winter, weichen stark
von dem Meister ab und können nur Schüler-
arbeiten sein.
Es existiert kein archivalisches Material, das
die Baugeschichte des Palais des Herrn Erzherzogs
Frieörich klarlegen würde.5) Das Schloß ist in der
unmittelbarsten Nähe des Militärspitales, der ehe-
maligen Sommerresidenz, die sich der Primas

b 1. c. p. 142.
2) Raphael Donner. Ein Beitrag zur Geschichte der
Plastik in Wien. Separatabdr. d. V. f. Landeskunde.
3) 1. c. p. 361.
4) 1. c. p. 54.
5) Eine diesbezügliche Anfrage an Herrn Batka, Stadt-
archivar in Preßburg, der mir sonst mit seinem Rate freund-
lichst behilflich war, blieb erfolglos.

Graf Esterhazy erbaut hatte und soll — so lautet
die lokale Tradition — ursprünglich mit diesem
zusammengehangen und seine Entstehung gleich-
falls dem Primas Esterhazy zu verdanken haben.
Die Figuren befinden sich in vier Wandnischen


Fig. 96 Der Frühling. Statue im Stiegenhause des Palais
Sr. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Friedrich in Preßburg
und ihre Aufstellung dürfte schon bei der An-
lage des Stiegenhauses berücksichtigt worden sein.
Folglich dürfen wir mit großer Wahrscheinlich-
keit annehmen, daß Donner sie im Auftrage des
Primas ausgeführt hat. Der Winter (Abb. 95)
wird durch einen bärtigen Mann dargestellt, der
sich mit der Rechten auf einen Amboß stützt und
 
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