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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 4.1906

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Nr. 3
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Bayer, Josef: Eine Töpferei aus der Bronzezeit bei Herzogenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.47869#0039
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J. Bayer Eine Töpferei aus der Bronzezeit bei Herzogenburg

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sehr primitiven Vorratsgefäßen aus sehr rohem
Material, häufig mit der Tupfenleiste. Zu dem Vor-
kommen dieser wahrscheinlich noch neolithischen
Erzeugnisse gesellt sich ein Einzelfund aus dem
Frühjahr 1905 auf dem westlich von der Schotter-
grube gelegenen Acker, etwa 30 Schritte von der


Fig. 3 Flachbeil aus Hornblendegneis und vertikaler
Durchschnitt; y2 n. Gr.

Töpferei entfernt: ein kleines Flachbeil aus Horn-
blendegneis.1) Auf demselben Acker fand sich
auch ein Steinhammerfragment (Fig. 4). Nach
diesen Erscheinungen zu schließen, war der Ort
am Ende der neolithischen oder spätestens zu Be-
ginn der ersten Metallzeit bereits besiedelt. Die
Keramik ist uns für die Chronologie ein sicherer
Beleg, der Fund eines Steinbeiles weniger. Denn
man hat Steinartefakte noch lange nach der Ent-
deckung der Bronze im Gebrauch behalten. Das
erschiene auch dann selbstverständlich, wenn es
nicht durch viele Beispiele bezeugt wäre.2)


Fig. 4 Steinhammerfragment; i/i n. Gr.

1) Nach J. Szombathy.
2) Μ. Hoernes in diesem Jahrbuch I (1903) 19: Flach-
beil aus Hippersdorf-Plexental. J. Paeliardi Prähist. Blätter
IV (1894) 57 berichtet über das Vorkommen eines kleinen
steinernen Flachbeiles unter Bronzezeitfunden und schließt
daraus auf das Alter des Gräberfeldes: Übergang von der
neolithischen zur Bronzezeit!

Abgesehen von der konservativen Art des
Menschen, der bei so durchgreifenden Verände-
rungen wie beim Übergang aus der Stein- in eine
Metallkultur nur sehr bedächtig vorwärtsstrebte, war
es nicht minder anfangs die Seltenheit und Kost-
barkeit der Bronze, die das Beibehalten der Stein-
artefakte noch lange in die Bronzezeit hinein be-
dingte. Man muß annehmen, daß die ersten Bronzen
in wenigen Exemplaren als goldglänzende Schau-
stücke und Gegenstände allgemeiner Bewunderung
im praktischen Leben keine Verwendung fanden.
Neben den vorerwähnten sehr alten Ton-
scherben fand ich den Randscherben einer großen
Urne mit konischem Hals aus der Hallstattperiode.
Diese Erscheinung auf dem Herzogenburger Fund-
platz erinnert bis ins Detail an Getzersdorf. Auch
da ließen sich in den Abfallsgruben die Zeugen der
verschiedenen Altersstufen deutlich unterscheiden,
an deren Endpunkt die Skelettgräber mit ihren
teilweise prächtigen Beigaben aus der Blütezeit
der La-Tene-Kultur zu verweisen sind.1) Diese
Funde lassen die Traisenalluvionen als sehr alte
Besiedlungsstätten erscheinen; aber so lange uns
Gräber aus den zwischen den genannten Zeitaltern
gelegenen Stufen fehlen, dürfen wir größere Unter-
brechungen in der Besiedlung annehmen. Dem
prähistorischen Menschen mußten diese Wag-
raine in der Tat als sehr einladend zu dauernder
Niederlassung erscheinen. Die Wogenraine, welche
die Traisen bei ihrem stetigen Werke der Tal-
füllung längs der beiden Talränder als Spuren
ihrer Tätigkeit hinterlassen hat, fallen, in unregel-
mäßigen Linien und verschiedener Llöhe ver-
laufend, oft in mehreren Stufen zum heutigen
Flußbett ab. Wo sie gegen die Talmitte weiter
vorspringen, bilden sie gleichsam eine Feste in-
mitten des Inundationsgebietes des Flusses. Der
Überschwemmungsgefahr entrückt, bot außerdem
der schotterige Untergrund den Vorteil der Trocken-
heit, und wenige Schritte gegen die Talränder luden
die fruchtbaren Schollen zum Anbau ein, die Fluß-
auen zur Jagd, die Gewässer zum Fischfang. In
erster Linie bestimmend für die Wahl des Wohn-
platzes muß die Trink- und Kochwasserfrage ge-
wesen sein. Man wünschte nahe am Flusse, aber
vor ihm geschützt zu hausen. Diese Forderung
war hier erfüllt.
b Siehe Georg Baumgartner, Mitt. Z.K. XXVI (1900) 100.
 
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