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Μ. Hoernes Goldfunde aus der Hallstattperiode in Österreich-Ungarn
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losen auf Bändern gereihten Bronzegliedern be-
stehend, damals wirklich existierten und häufiger
getragen wurden, wenn wir auch jetzt nur mehr
einzelnes davon besitzen. Jener Kulturkreis ist
aber der frühhallstättische Ungarns und der an-
grenzenden Ostalpen- und Saveländer.
Momentan lassen sich noch nicht alle Formen
des Goldfundes mit Parallelen aus diesem nordischen
Kulturkreis belegen; es fehlen solche u. a. zu den
zoomorphen Bildungen, den Tierfibeln und den
triskelesartigen Tierprotomen, welche in Μ. II 1.
und III 1. auf solchen Fibeln sehr inkorrekt und
verständnislos (3 Köpfe auf 4 Kreuzarmen) mit
dem oben erwähnten Kreuzornament verbunden
sind. Daß ähnlich roh gezeichnete Tiergestalten
auch auf altitalischen Bronzeplatten vorkommen
mögen, sei nicht geleugnet; auch in Goldarbeiten
aus Rußland und Sibirien findet sich Nahver-
wandtes. Hadaczek bemerkt, daß „viele Tiere auf
griechischen Vasen der geometrischen Stilrichtung
den Kopf ganz gleichartig nach dem Rücken zu-
rückwerfen“, wie in Μ. III 2; aber diese Stellung
gehört ebensogut der orientalischen, mykenischen
und barbarischen Kunst an, und die beiden Fibeln
Μ. II 1 und 2 könnten wirklich, nebeneinander
getragen, eine Art Gruppe gebildet haben, wie
z. B. die beiden Tiere auf einer der Goldplatten
aus dem 5. Schachtgrab von Mykene. Das Raub-
tier mit vorgestreckter Zunge scheint nicht zu
„lagern“, sondern zu laufen oder zu springen,
was die schematische Roheit der Darstellung
allerdings nicht deutlich erkennen läßt. In den
Stücken Μ. III 1 und 2 scheint noch die Ent-
stehung solcher aparter Plattenfibeln aus einer
Art von Zweidisken- oder Brillenfibel durchzu-
blicken. Das Figurale mischt sich in den Formen-
kreis der Hallstattzeit von verschiedenen Seiten
her, früher und später, vielfach ein, gewinnt aber
nirgends die Oberhand, und der vorwiegende
Stilcharakter bleibt ein bildloser. Woher es hier
stammt, ist nicht leicht zu sagen. Die Arbeiten
sind wohl in Ungarn aus siebenbürgischem Golde
geschmiedet; also kann, da durchaus nichts Be-
stimmtes auf Griechenland oder Italien hinweist,
etwa ein östlicher Einfluß, vorläufig nicht näher
bestimmbarer Art das Nichthallstättische unter diesen
Funden hervorgerufen haben. Leider stößt man
gegen Osten hin bei fast allen archäologischen
Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission IV i, 1906
Untersuchungen immer wieder auf minder ge-
nügend erforschte Gebiete; aber einzelnes läßt sich
doch von dorther belegen. Das Kreuz mit zen-
tralem Kreise und gegen die Enden zu verbreiter-
ten Armen ist ein assyrisches Schmuckmotiv (vgl.
z. B. Perrot-Chipiez II Fig. 306. 429), der Halb-
mond auf einer Art von Ständer ein bekanntes
Symbol auf assyrischen Zylindern. Sehr ähnlich,
wie auf dem Diadem von Μ., auf quergeripptem
röhrenförmigen Fuße, erscheint er als bronzenes
Zierstück unter den Gräberfunden von Ananino
an der Kama.1) Tierköpfe, hintereinander um
Fig. 53 Bronzezierstück aus Ananino, Rußland
einen Kreis geordnet, zeigt eine südrussische
Applike aus Goldblech.2) Bei alledem fehlt es
eben doch zu sehr an gut bezeugten Funden gleich
hohen Alters aus Osteuropa, als daß die Umschau
nach Parallelen hier ergiebiger ausfallen könnte.
Trotz der schrecklichen Roheit der Goldarbeiten
von Michalkow ist in ihnen doch weit mehr Stil,
als man auf den ersten Blick finden möchte, und
man darf zuversichtlich hoffen, daß künftige Funde
auch diese Seite noch beleuchten werden. Sky-
thischen oder ural-altaischen Stiles ist das Figurale
im Goldschatz nicht, wenigstens soweit wir jenen
Stil heute kennen. Es sei aber doch bemerkt,
daß sich in dem Gebiet, aus welchem unsere
Parallelen hauptsächlich stammen, im Gräberfeld
von Kis - Köszeg bei Fünfkirchen, skythische
Schmuckformen (kleine, dicke Bronzeringe, wie
Ertesitö XVII 23. Fig. 14, 1 —12, zuweilen mit
Gold plattiert) unter die althallstättischen Beigaben
einmengen. Hier hat also schon sehr früh eine
*) Aspelin Antiquites du Nord finno-ougrien F. 469.
(hier Fig. 53) derselbe als Anhängsel in Reihen Hampel
a. O. XCIII aus Ercsi, Kom. Feher.
2) Kondakof, Tolstoj, Reinach, Antiquites de la
Russie mdrid. 255 Fig. 233.
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Μ. Hoernes Goldfunde aus der Hallstattperiode in Österreich-Ungarn
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losen auf Bändern gereihten Bronzegliedern be-
stehend, damals wirklich existierten und häufiger
getragen wurden, wenn wir auch jetzt nur mehr
einzelnes davon besitzen. Jener Kulturkreis ist
aber der frühhallstättische Ungarns und der an-
grenzenden Ostalpen- und Saveländer.
Momentan lassen sich noch nicht alle Formen
des Goldfundes mit Parallelen aus diesem nordischen
Kulturkreis belegen; es fehlen solche u. a. zu den
zoomorphen Bildungen, den Tierfibeln und den
triskelesartigen Tierprotomen, welche in Μ. II 1.
und III 1. auf solchen Fibeln sehr inkorrekt und
verständnislos (3 Köpfe auf 4 Kreuzarmen) mit
dem oben erwähnten Kreuzornament verbunden
sind. Daß ähnlich roh gezeichnete Tiergestalten
auch auf altitalischen Bronzeplatten vorkommen
mögen, sei nicht geleugnet; auch in Goldarbeiten
aus Rußland und Sibirien findet sich Nahver-
wandtes. Hadaczek bemerkt, daß „viele Tiere auf
griechischen Vasen der geometrischen Stilrichtung
den Kopf ganz gleichartig nach dem Rücken zu-
rückwerfen“, wie in Μ. III 2; aber diese Stellung
gehört ebensogut der orientalischen, mykenischen
und barbarischen Kunst an, und die beiden Fibeln
Μ. II 1 und 2 könnten wirklich, nebeneinander
getragen, eine Art Gruppe gebildet haben, wie
z. B. die beiden Tiere auf einer der Goldplatten
aus dem 5. Schachtgrab von Mykene. Das Raub-
tier mit vorgestreckter Zunge scheint nicht zu
„lagern“, sondern zu laufen oder zu springen,
was die schematische Roheit der Darstellung
allerdings nicht deutlich erkennen läßt. In den
Stücken Μ. III 1 und 2 scheint noch die Ent-
stehung solcher aparter Plattenfibeln aus einer
Art von Zweidisken- oder Brillenfibel durchzu-
blicken. Das Figurale mischt sich in den Formen-
kreis der Hallstattzeit von verschiedenen Seiten
her, früher und später, vielfach ein, gewinnt aber
nirgends die Oberhand, und der vorwiegende
Stilcharakter bleibt ein bildloser. Woher es hier
stammt, ist nicht leicht zu sagen. Die Arbeiten
sind wohl in Ungarn aus siebenbürgischem Golde
geschmiedet; also kann, da durchaus nichts Be-
stimmtes auf Griechenland oder Italien hinweist,
etwa ein östlicher Einfluß, vorläufig nicht näher
bestimmbarer Art das Nichthallstättische unter diesen
Funden hervorgerufen haben. Leider stößt man
gegen Osten hin bei fast allen archäologischen
Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission IV i, 1906
Untersuchungen immer wieder auf minder ge-
nügend erforschte Gebiete; aber einzelnes läßt sich
doch von dorther belegen. Das Kreuz mit zen-
tralem Kreise und gegen die Enden zu verbreiter-
ten Armen ist ein assyrisches Schmuckmotiv (vgl.
z. B. Perrot-Chipiez II Fig. 306. 429), der Halb-
mond auf einer Art von Ständer ein bekanntes
Symbol auf assyrischen Zylindern. Sehr ähnlich,
wie auf dem Diadem von Μ., auf quergeripptem
röhrenförmigen Fuße, erscheint er als bronzenes
Zierstück unter den Gräberfunden von Ananino
an der Kama.1) Tierköpfe, hintereinander um
Fig. 53 Bronzezierstück aus Ananino, Rußland
einen Kreis geordnet, zeigt eine südrussische
Applike aus Goldblech.2) Bei alledem fehlt es
eben doch zu sehr an gut bezeugten Funden gleich
hohen Alters aus Osteuropa, als daß die Umschau
nach Parallelen hier ergiebiger ausfallen könnte.
Trotz der schrecklichen Roheit der Goldarbeiten
von Michalkow ist in ihnen doch weit mehr Stil,
als man auf den ersten Blick finden möchte, und
man darf zuversichtlich hoffen, daß künftige Funde
auch diese Seite noch beleuchten werden. Sky-
thischen oder ural-altaischen Stiles ist das Figurale
im Goldschatz nicht, wenigstens soweit wir jenen
Stil heute kennen. Es sei aber doch bemerkt,
daß sich in dem Gebiet, aus welchem unsere
Parallelen hauptsächlich stammen, im Gräberfeld
von Kis - Köszeg bei Fünfkirchen, skythische
Schmuckformen (kleine, dicke Bronzeringe, wie
Ertesitö XVII 23. Fig. 14, 1 —12, zuweilen mit
Gold plattiert) unter die althallstättischen Beigaben
einmengen. Hier hat also schon sehr früh eine
*) Aspelin Antiquites du Nord finno-ougrien F. 469.
(hier Fig. 53) derselbe als Anhängsel in Reihen Hampel
a. O. XCIII aus Ercsi, Kom. Feher.
2) Kondakof, Tolstoj, Reinach, Antiquites de la
Russie mdrid. 255 Fig. 233.
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