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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Editor]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 4.1906

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Nr. 4
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Tietze, Hans: Johann Michael Rottmayr
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https://doi.org/10.11588/diglit.47869#0243
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Η. Tietze Johann Michael Rottmayr

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geschlossene Gruppen
reihen sich zu loseren
Verbänden aneinander,
die zwanglos ineinan-
der übergehen und,
ohne tiefere geistige
Bezüge zu besitzen,
sich doch kompositio-
nell mühelos und an-
mutig auseinander ent-
wickeln. Das hier abge-
bildete Bild aus Salz-
burg ist ein Beispiel
für viele: die Grup-
pen der Liegenden und
Sitzenden vorn, der
stehende Heilige mit-
ten unter ihnen, der
Mann rechts, der in die
Höhe deutet; der Hei-
lige zwischen Himmel
und Erde von großen
Engeln getragen, end-
lich Christus in der Glo-
rie, eins steigt über das
andere empor und hilft
das stürmische Drän-
gen nach oben verstär-
ken, das erst in dem
ganzen Aufbau des rei-


Fig. 61 Rottmayr, Kreuzabnahme im Stift Kremsmünster

so reichen Könnens.
Aber auch aus frühe-
rer Zeit sind manche
Bilder, an deren Eigen-
händigkeit zu zweifeln
wir keinen Grund ha-
ben, schlecht und flüch-
tig gemalt; schon die
Berichterstatter des
XVIII. Jh. haben wohl
bemerkt, daß er wie der
Lehrer seines Lehrers
— Liberi — zwei Pinsel
benützt habe, einen für
die Verständigen und
einen für die Laien;
jedenfalls haben sie ihm
den Vorwurf nicht er-
spart, daß er die Güte
der Arbeit von der
Höhe der Bezahlung
abhängig machte.
Eine solche Anschul-
digung, deren Berechti-
gung wir wenigstens
vermuten können, wirft
einen schweren Schat-
ten auf seine künstle-
rische Persönlichkeit;
aber, wie in den ein-

chen Altars mit dem oberen Aufsatz seinen vollen
Ausdruck findet. So sehen wir auch bei diesen

leitenden Worten hervorgehoben wurde, diese
kommt an dieser Stelle erst in zweiter Linie in

Bildern, in letzter Linie das Interesse des Künstlers
sich wieder dem Probleme zuwenden, das ihn bei
seinen Deckenbildern beschäftigt hatte.
Unter den zahlreichen, produktiven Malern
seiner Zeit gehört Rottmayr zu den fruchtbarsten
und in der großen Masse von Werken, die er uns
hinterlassen hat, findet sich Gutes und Schlechtes.
Letzteres häuft sich in den späteren Jahren mehr
und mehr und in den letzten Jahren des langen
Künstlerlebens werden die Bilder schlechthin un-

genießbar. Seine Phantasie war erschöpft, die
Formen werden hart und steif, die Farben grell
und schreiend; späte Werke, wie die Bilder in
Lanzendorf oder der hl. Karl der Stephanskirche
in Wien wirken wie traurige Ruinen eines einst

Betracht; was uns an Rottmayr interessierte,
war der U mstand, daß die künstlerischen Interessen
und Aufgaben seiner Zeit an ihm einen sehr
charakteristischen und oft sehr glücklichen Inter-
preten fanden. So brauchen wir uns hier auch
nicht mit dem unmittelbaren Schülerkreise des
Meisters zu befassen; über die Salzburger Lokal-
maler, die mit ihm in Zusammenhang gebracht
werden,1) dürfte nicht viel zu berichten sein und
der große Einfluß, den er zweifellos auf jüngere
Zeitgenossen wie Martin Altomonte ausgeübt
hat2), ist wohl ein wichtiger Faktor in der künstle-
^Z.B. Simon Benedikt Feistenberger aus Kitzbühel; die
Nachricht allerdings etwas unklar. S. auch Anhang II, Sp.157.
2) Vgl. besonders Μ. Altomontes frühe Bilder in
Heiligenkreuz.
 
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