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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 25.1910

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Reichel, A.: Boōpis
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Pfuhl, Ernst: Apollodoros o skiagraphos
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https://doi.org/10.11588/diglit.44285#0022
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I 2

E. Pfuhl, Apollodoros ό σκιαγράφος.

genug, daß er in seiner Schilderung jene Eigentümlichkeiten streift, die, einem
gewissen Schönheitsideale entsprechend, noch weitergelebt haben mögen, deren
anschaulichste Verkörperung aber in den Werken der kretisch-mykenischen Kunst
niedergelegt war? Ist es gleichfalls nur ein Zufall, daß Homer gerade die weiblichen
Göttergestalten — Hera und Selene *4) — mit dem Epitheton βοώπις ausstattete,
oder dürfen wir der Entwicklung der dem Epitheton zugrunde liegenden Eigen-
tümlichkeit in der Formgebung auf den weiblichen Idolen in diesem Zusammen-
hänge noch erhöhte Bedeutung beimessen?
Wie dem auch sei, die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß Homer, wie so oft,
auch bei der Wahl seines Epithetons im Banne der kretisch-mykenischen Kunst
gestanden ist. Das darf um so weniger wundernehmen, als die bevorzugte Stellung
der Augen in der Kunst selbst die Völkerstürme überdauerte, die um die Wende
des Jahrtausends Griechenland erfüllten. Das Auge wie auch geschlechtliche Sym-
bole leben im Volksglauben, der ihnen apotropäische Wirkung zuschreibt, weiter,
und die schönen rotfigurigen Augenschalen dürften wohl als die letzten künstlerischen
Ausläufer an die Tage der Kindheit des Volkes gemahnen.
Wien 1910. A. Reichel.

APOLLODOROS Ο ΣΚΙΑΓΡΑΦΟΣ.
Durch Gerhart Rodenwaldts groß angelegtes Buch über die Komposition der
pompejanischen Wandgemälde ist eine Grundfrage der Geschichte der griechischen
und damit aller Malerei zu erneuter Diskussion gestellt: die Frage, Avann die Griechen
zum räumlichen Zusammenschluß ihrer Bilder gelangt sind, wann sie dasjenige Maß
an Illusionskraft der farbigen Darstellung auf der Fläche erreicht haben, wie es
uns für die malerische Wiedergabe der Natur selbstverständlich ist. Rodenwaldts
Buch schließt sich organisch an Carl Roberts Forschungen über die ältere griechische
Malerei an: wir stehen vor einem in sich geschlossenen System. Ich konnte deshalb
meine abweichende Meinung selbst im Rahmen einer ausführlichen Besprechung
des Buches, die in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen von 1910 erscheinen wird,
nicht eingehend begründen; gerade der Kernpunkt der Frage verlangt aber ge-
naueste Untersuchung, damit ein fester Ausgangspunkt gewonnen wird; sonst kann
man jenes System so wenig aus den Angeln heben wie Archimedes die Erde. Dieser
Ausgangspunkt steht mir seit Jahren fest, denn ich glaube nachweisen zu können,
daß Apollodoros ό σκιαγράφος nicht der Schattenmaler, sondern der Perspektiviker
ist. Diese Tatsache und ihre Konsequenzen lassen sich aber jetzt sehr viel leichter
als früher in die Gesamtgeschichte der griechischen Malerei einfügen, denn unser
Wissen von polygnotischer Malerei hat neuerdings durch Hausers Verdienst eine
überraschende Erweiterung erfahren. Demgegenüber wird Robert selbst wahr-
scheinlich der Erste sein, der zu einer Revision seiner früheren Anschauungen bereit

M) Dilthey, Arch. Ztg. XXXIX 1881, 137. Anm 17.
 
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