Nr. 19
JUGEND
1897
Chr. Wild (München).
Und auch der Zweck — inan kann ihn
wohl versteh'»,
Man kann ihn traumhaft, leuchtend vor
sich seh'n,
Doch ihn in Worte fasten, klipp und klar,
Das kan» man nicht. IGglaub', es wolltegar
Mit jenem Werk, das man nicht nennen,
kann,
Ein andres Werk mein vielgeliebter
Mann
Vollbringen, ob der Erde Noth betrübt,
Für das es wieder keinen Namen gibt!
Waldschrat
wie int'ressant!
(Sin: sich) Mir wird im Ropf so weh',
Als war mein Hirn verwandelt in purse!
Rautendelein fährt fort:
Nun hört! was Heinrich stets mir Schmerz
und Hohn
Erfüllte, ist die tiefe Lonfusion,
Die hierzulande jederorts besteht,
wie da so Alles durch einander geht-
Narurgespenster nach antikem Schnitt
Und spätromantisch Elfenvolk damit,
Und Lhristenthum — frühnordische Ge-
stalten —
Gott Balder selber scheint hier noch zu
walten —
Und Hexenspuk »ach allen Regeln, ganz
Von mittelalterlichster Observanz,
Ein jedes Wesen stammt aus andrer Art
Und Reines weiß so recht, woher derFahrt?
Nimm nur mich selbst: was bin ich denn?
Ein Geist?
Ein Mensch? Ein Elfe? Sag' mir's,
wenn Du's weißt!
Zu allemAnfang glaubt' ich freilich wohl,
Ich fei der frischen Lebenskraft Symbol,
Doch das mit Heinrich, ich erkenn' es hell,
war doch am Ende wieder zu reell.
Und als er starb, begann erst meine Noth;
war ich lebendig, oder war ich todt?
Den Wassergeistern ward ich eingcreiht,
Jedoch — das Rind stammt noch aus
Heinrichs Zeit!
Entzückend bin ich, nimmst du mich naiv,
Doch für's Naive bin ich viel zu tief.
Dann steh' einmal die Buschgroßmutter an:
Ein Bettelweib und eine Norne dann —
Urwalaweise, daß sie fast dich schreckt,
Und dazu spricht sie Schlesiens Dialekt! —
wer kennt sich aus in dieser tollen Welt,
wo Alles wirbelnd durch einander fällt?
Waldschrat
Verrückte Welt! Ich muß es auch gesteh'»,
wär' sie nicht doch im Grunde wunderschön!
Rautendelein
Schön wie das Märchen selber, lieber
Schrat!
Doch g'rade darum, siehst Du, darum hat
Es meinen guten Heinrich so gequält,
Daß dieser Schönheit etwas Rlarheit fehlt.
Dem abzuhelfen fing er auf dem Berg,
Da droben an sein Wunderräthselwerk!
waldj chrat
Doch — nimm's nicht bös' — wie kann
zu solchem Ziel
Ein Mensch gelangen durch ein Glockenspiel?
Rautendelein
wir fassen'« nicht mit unserm stumpfen Sinn—
Nur einer wußt es', doch er ging dahin —
Er starb.
Wald sch rat
. woran?
Rautendelein
Er trank drei Becher leer!
jwaldschrat
Er soff sich todt? war ihm der wein zu
schwer?
Rautendelein
Zu schwer begreiflich, nicht zu alkoholig,
Er starb an unverdaulicher Symbolik!
Waldschrat
zärtlich und liebkosend:
Der arme Mensch!
Rautendelein
Ach wüßtest Du, wie gut
Mir armen Wasserfrau Dein Mitleid lhuk,
wie Deine Worte schweren Rümmer löste» I
Vetter ihr Haupt an seine zottige Brust.
Wald sch rat lüstern:
Ich will Dich gern' noch intensiver trösten.
Rautendelein
wie schmiegt sich weich Dein pelzkleid mir
an's Ohr,
welch feiner Haarduft steigt daraus hervor!
Waldschrat
Schon bessert Dein Geschmack sich, Gott sei
Dank!
Du sagtest früher was von Bocksgestank!
Gleichviel! — Rannst du den Abend fort
von Haus,
Dann schüttest du dein Herz mir weiter aus.
Rautendelein
Vielleicht — das heißt — ganz rsth wird
mein Gesicht —
Es ist nicht Recht —
Waldschrat, derb:
Rautendel, zier' dich nicht!
Du brauchst des Trostes, armes Opfer-
lamm!
Rautendelein
Du sprachst einmal von cinemwcidenstamin
I», Busch, der hohl ist. . .
Waldschrat
Heute Nacht um zehn!
Nickelmann
<iuS der Tiefe bescheiden mahnend:
Brekekekex!
Rautendelein
Er ruft! Auf wiederseh'n!
Tauche unter, dem Schrak Rußhändc zuwerfcnd.
Waldschrat
Nun ist das scheue Täublein zahm —
Mich freut's, daß Alles so logisch kam!
Der kluge Mann,
Der warten kann
Und nicht zum Ersten haben muß,
Der kriegt zum Schluß
I>n Ueberfluß!
Mir sicgcsfrohcn Sprüngen ab ins Gebüsch.
ES dämmert und wird bald Nacht. Drei Elfen
schwebe» herbei.
Erste Elfe
Schwester»! Rommr und schlingt denReih'n!
Die Zweite
Eine fehlt —
Die Erste
Rautendelein I
Die Dritte
Laßt sie laufen, sie hat nun
Anderweitig heut' zu thu'n!
Für den Tanz im Elfenbund
ward sie ohnedies zu rund ..
Die Erste
Dreh' Dich, holder Elfenkran; —
Alle
Tingcl - Tange! - Sister- Tanz!
Vierte Elfe (kommt)
Ueber'm schwarzen Haidcmoor
Steigt der bleiche Mond empor,
Streut sei» Silber über'» Raum,
Ueber Busch und Weidenbaum.
Aber gibt's ein Rendez-vous,
Macht er schnell die Augen zu,
Und discret erlischt der Glanz —
Alle
Tingel - Tange! - Sister - Tanz I
Fünfte Elfe (kommt)
Räuzlcin schreit und Täublein girrt,
Uhu aus dem Loche schwirrt,
Fledermaus und Floh erwacht,
Wanzen weckt die warme Nacht.
Rüfer summt und Heuschreck hupft,
Und die Buschgroßmutter schnupft,
Gockel wackelt mit dem Schwan; —
Alle
Tingel- Tangcl - Sister - Tanz I
Di- Musik geht nach und nach in die Melodie
Tararabumdiähl über, während der Mond steigt,
fällt der Vorhang.
JUGEND
1897
Chr. Wild (München).
Und auch der Zweck — inan kann ihn
wohl versteh'»,
Man kann ihn traumhaft, leuchtend vor
sich seh'n,
Doch ihn in Worte fasten, klipp und klar,
Das kan» man nicht. IGglaub', es wolltegar
Mit jenem Werk, das man nicht nennen,
kann,
Ein andres Werk mein vielgeliebter
Mann
Vollbringen, ob der Erde Noth betrübt,
Für das es wieder keinen Namen gibt!
Waldschrat
wie int'ressant!
(Sin: sich) Mir wird im Ropf so weh',
Als war mein Hirn verwandelt in purse!
Rautendelein fährt fort:
Nun hört! was Heinrich stets mir Schmerz
und Hohn
Erfüllte, ist die tiefe Lonfusion,
Die hierzulande jederorts besteht,
wie da so Alles durch einander geht-
Narurgespenster nach antikem Schnitt
Und spätromantisch Elfenvolk damit,
Und Lhristenthum — frühnordische Ge-
stalten —
Gott Balder selber scheint hier noch zu
walten —
Und Hexenspuk »ach allen Regeln, ganz
Von mittelalterlichster Observanz,
Ein jedes Wesen stammt aus andrer Art
Und Reines weiß so recht, woher derFahrt?
Nimm nur mich selbst: was bin ich denn?
Ein Geist?
Ein Mensch? Ein Elfe? Sag' mir's,
wenn Du's weißt!
Zu allemAnfang glaubt' ich freilich wohl,
Ich fei der frischen Lebenskraft Symbol,
Doch das mit Heinrich, ich erkenn' es hell,
war doch am Ende wieder zu reell.
Und als er starb, begann erst meine Noth;
war ich lebendig, oder war ich todt?
Den Wassergeistern ward ich eingcreiht,
Jedoch — das Rind stammt noch aus
Heinrichs Zeit!
Entzückend bin ich, nimmst du mich naiv,
Doch für's Naive bin ich viel zu tief.
Dann steh' einmal die Buschgroßmutter an:
Ein Bettelweib und eine Norne dann —
Urwalaweise, daß sie fast dich schreckt,
Und dazu spricht sie Schlesiens Dialekt! —
wer kennt sich aus in dieser tollen Welt,
wo Alles wirbelnd durch einander fällt?
Waldschrat
Verrückte Welt! Ich muß es auch gesteh'»,
wär' sie nicht doch im Grunde wunderschön!
Rautendelein
Schön wie das Märchen selber, lieber
Schrat!
Doch g'rade darum, siehst Du, darum hat
Es meinen guten Heinrich so gequält,
Daß dieser Schönheit etwas Rlarheit fehlt.
Dem abzuhelfen fing er auf dem Berg,
Da droben an sein Wunderräthselwerk!
waldj chrat
Doch — nimm's nicht bös' — wie kann
zu solchem Ziel
Ein Mensch gelangen durch ein Glockenspiel?
Rautendelein
wir fassen'« nicht mit unserm stumpfen Sinn—
Nur einer wußt es', doch er ging dahin —
Er starb.
Wald sch rat
. woran?
Rautendelein
Er trank drei Becher leer!
jwaldschrat
Er soff sich todt? war ihm der wein zu
schwer?
Rautendelein
Zu schwer begreiflich, nicht zu alkoholig,
Er starb an unverdaulicher Symbolik!
Waldschrat
zärtlich und liebkosend:
Der arme Mensch!
Rautendelein
Ach wüßtest Du, wie gut
Mir armen Wasserfrau Dein Mitleid lhuk,
wie Deine Worte schweren Rümmer löste» I
Vetter ihr Haupt an seine zottige Brust.
Wald sch rat lüstern:
Ich will Dich gern' noch intensiver trösten.
Rautendelein
wie schmiegt sich weich Dein pelzkleid mir
an's Ohr,
welch feiner Haarduft steigt daraus hervor!
Waldschrat
Schon bessert Dein Geschmack sich, Gott sei
Dank!
Du sagtest früher was von Bocksgestank!
Gleichviel! — Rannst du den Abend fort
von Haus,
Dann schüttest du dein Herz mir weiter aus.
Rautendelein
Vielleicht — das heißt — ganz rsth wird
mein Gesicht —
Es ist nicht Recht —
Waldschrat, derb:
Rautendel, zier' dich nicht!
Du brauchst des Trostes, armes Opfer-
lamm!
Rautendelein
Du sprachst einmal von cinemwcidenstamin
I», Busch, der hohl ist. . .
Waldschrat
Heute Nacht um zehn!
Nickelmann
<iuS der Tiefe bescheiden mahnend:
Brekekekex!
Rautendelein
Er ruft! Auf wiederseh'n!
Tauche unter, dem Schrak Rußhändc zuwerfcnd.
Waldschrat
Nun ist das scheue Täublein zahm —
Mich freut's, daß Alles so logisch kam!
Der kluge Mann,
Der warten kann
Und nicht zum Ersten haben muß,
Der kriegt zum Schluß
I>n Ueberfluß!
Mir sicgcsfrohcn Sprüngen ab ins Gebüsch.
ES dämmert und wird bald Nacht. Drei Elfen
schwebe» herbei.
Erste Elfe
Schwester»! Rommr und schlingt denReih'n!
Die Zweite
Eine fehlt —
Die Erste
Rautendelein I
Die Dritte
Laßt sie laufen, sie hat nun
Anderweitig heut' zu thu'n!
Für den Tanz im Elfenbund
ward sie ohnedies zu rund ..
Die Erste
Dreh' Dich, holder Elfenkran; —
Alle
Tingcl - Tange! - Sister- Tanz!
Vierte Elfe (kommt)
Ueber'm schwarzen Haidcmoor
Steigt der bleiche Mond empor,
Streut sei» Silber über'» Raum,
Ueber Busch und Weidenbaum.
Aber gibt's ein Rendez-vous,
Macht er schnell die Augen zu,
Und discret erlischt der Glanz —
Alle
Tingel - Tange! - Sister - Tanz I
Fünfte Elfe (kommt)
Räuzlcin schreit und Täublein girrt,
Uhu aus dem Loche schwirrt,
Fledermaus und Floh erwacht,
Wanzen weckt die warme Nacht.
Rüfer summt und Heuschreck hupft,
Und die Buschgroßmutter schnupft,
Gockel wackelt mit dem Schwan; —
Alle
Tingel- Tangcl - Sister - Tanz I
Di- Musik geht nach und nach in die Melodie
Tararabumdiähl über, während der Mond steigt,
fällt der Vorhang.