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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 7.1902, Band 1 (Nr. 1-26)

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Nr. 3
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1902

Nach bekannter Weise

(Vgl. Ilo. 2 der »Jugend»)

Wenn der Sultan seinen Damen
Sagt, daß er im monogamen
fjoftjalt mehr Vergnügen sieht,

!Venn ein römischer Prälate,

Nach gefall'nem Lölibate,

Auf die Hochzeitsreise zieht,

Wenn des brit'schen Reiches Mehrer,

Eduard, als Briefbeschwerer
Auf dem Schreibtisch Arüger's liegt,

Wenn Fürst Heinrich, Herr der Reußen,

)n dem Rönigreiche Preußen
Eine Dorffchulstelle kriegt,

Wenn im schönen Garten Eden
Alle Engel polnisch reden
Und voll Ungeziefer sind,

Wenn die Königin der Serben
Wird im Wochenbette sterben, — —

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, ade, ade,

Dann ade, Schatz, lebe wohl!

fians Ukndt

Etwas mehr Dampf, fim Minister'.

Dieses schöne Wort ist im Deutschen Reiche nicht
nngehört verhallt. I» anderen Ländern mag man
über Rückschritte oder über Verlangsamung des
Fortschritts klagen; in Deutschland haben solche Nör-
geleien keine Berechtigung. Hier heißt es: Voll-
dampf voraus! In schnellem Tempo geht es vor-
wärts und immer vorwärts; gebremst wird nicht,
denn unser Fortschritt kennt keine Hindernisse ans
seiner Bahn. So war es in Frankfurt a. M. und
so war es in Zittau, wo wieder eine Lokomotive
mit Volldampf in das Bahnhosgebäude hineinge-
sahren ist! — Nu oben!

JUGEND

Die Ueberbrettln

Ihr Gesicht wird lang und länger,
Ihr Gesang wird bang und bänger,

Jedes legt noch schnell ein Li —
Und dann kommt der Tod herbei.

Wilh. Busch: „Max u. Moritz"

i ist! — Nu üben!

Die 6bre

In Wien wurde ein Mann von seiner Frau be-
trogen und ließ sich scheiden. Der Gram darüber
sraß ihm das Herz ab, er legte sich hin und starb,
\av enoaUtitttrt Srtf» pv im (Mvcibc t)Ott

liciridah

Heues Brettllied von Otto Julius Bierbaum
gelungen im verliehenen Crianon-Cheater

Hufreh! Der Spafj ift Tchief gegangen, Iiaridah!
£h' er noch recht angefangen! Iiaridah!

Als der Abend kaum verflossen, Iiaridah!

Ward fckon wieder zugeTchloffen! Iiaridah!

Sch, gerecht in allen Sätteln, Iiaridah!

Wollte auch mal Überbretteln: Iiaridah!

Andre gaben die Finanzen, Iiaridah!

Sch lieh meine Puppen tanzen! Iiaridah!

Zur Premiere kam gelaufen, Iiaridah!

Ganz Berlin in hellen Bauten; Iiaridah!

Aber nach den ersten Nummern, Iiaridah!

Fing die Bcilfte an zu schlummern! Iiaridah!

Und noch vor den letzten Sachen, Iiaridah!
Sah man keinen ©aff mehr wachen! Iiaridah!
Und verkracht war das Uheater, Iiaridah!
Sammt dem Ueberbreffluafer! Iiaridah!

froh ihm das Herz ab, er legte sich hin und starb,
offenbar in der Meinung, daß er im Grabe von
lemem Unglück ausruhen und ruhig schlafen könne.
Da irrte er aller lellr!

Da irrte er aber sehr!

Er hatte die Rechnung ohne den Ossizi
renralb acmnrht.

ijuuc uie

ehrenrath gemacht.

Der Unglückliche
Und weil er " m

ers-

war nämlich Reserveoffizier,
unu tuen er oen Verführer seiner Frau nicht znm
Duell gefordert hatte, wurde er nach seinem Tode
der Ofsizierscharge verlustig erklärt!

Nicht einmal im Grabe hatte der arme Mensch

'inP SVJitftpl llviX nrff XvttTsptt im

feine Ruhe! Und erst drüben im Jenseits!

Er Halle sich im Paradies bereits einen reizenden
Bekanntenkreis gebildet. Denn wie Alle, welche aus
Erden die Hölle haben, war er direkt in den Himmel
QCtomniCU. ~ua« CaiMov ^pnrns

HoUe haben, war er direkt m oen jpuumci

... Als aber die Kunde von seiner Degra-

dirung im Himmel bekannt wurde, wollte kein ein-

oirung im Himmel bekannt wurde, wo me iei
ziger seliger Geist mehr mit ihm verkehren,
zweifelt floh er imiießlich aus dem Paradie-

.... ... Ver

siuencu noy er schließlich aus dem Paradies. In
der Hölle nahmen sie ihn auch nicht ans. „Was fällt
Ihnen ein?", sagte der Satan. „Bedenken Sie meine
vornehme Kundschaft. Sehen Sie nur, da kommt
eben wieder ein leibhaftiger Gras, der sich umgebracht
hat, nachdem er im Jokeyclub eine halbe Million
verspielt!

.Was soll ich thun?" jammerte der Unglückliche.

.Wenden Sie sich an eine Seelenwanderungs-
i«.— o,««*c,*T ß'pfwprt (5rip minder

Glaubt nicht, weil ich umgefchmiflen, Iiaridah!
Chäf ich mich erlckiehen muffen! Iiaridah!

Als ich iurcffTiel, dah es knackte, Iiaridah!
Zog ich mich aus dem Kontrakte! Iiaridah!

Denen, die mich hergebeten, Iiaridah!

Koftef’s ziemliche Moneten. Iiaridah!

Denn ich bin kein Einfaltspinsel, Iiaridah!
Dies beweisen „Pan“ und „Snfel“! Iiaridah!

Darum scheid' ich ohne Kater, Iiaridah!

Von dem Crianon-Cheater! Iiaridah!

Iiatz mir den Bumor nicht rauben, Iiaridah!
Andre muffen auch dran glauben! Iiaridah!

Nr. 3

Letzter Hppell

(Im extravaganten „Jugendstil")

Der Abg. Theodor Barth machte
kürzlich in einem vortrage im Wiener sozial,
politischen vereine folgende INittheilung.

Der bekannte Kenner des Zuckerprä-
mienwesens, Professor d’Aulnis de
Bourouill in Utrecht, hat kürzlich den in-
teressanten rechnerischen Rachweis geliefert,
daß im Jahre 1920 die Lontinentalftaaten
Frankreich, Belgien, Holland, Deutschland
und Desterreich ein Geschenk von zu-
sammen 91 Millionen Francs in Zorm
von Zuck er Prämien (d. h. Zuschüssen,
die aus den Erträgnissen der Zuckersteuer,
also aus den Taschen der Lonsumenten, ge-
nommen werden, nur um den Zucker im
Ausland noch unter den productionskoften liefern zu
Könnens an England geleistet haben, was ungefähr
ausreicht, um die Zinsen der Kriegsanleihen zu decken,
die das britische Reich anläßlich des Burenkrieges aus-
genommen hat.

Da schmäht und brandmarkt man entrüstet
Old Englands Raub- und Rachczug,

Und er. der feige Räuber, brüstet
Sich seiner Frevel noch mir Fug:

Er heimst mit stillvergnügtem Grinsen
Noch Gaben ein, — den Zuckerzoll,
wir zahlen ihm ja selbst die Zinsen!

Für seine Schulden, — o wie toll!

Nein, — eh' uns solche Mitschuld schände
— Ging's nur nach mir, Du armer Bur',

Eh' hübe» sich Millionen Hände
Zu einem zweiten Rütli-Schwur:

Sic lieber ungezuckert trinken,

Die braune Andrä-Hofce-Brüh,

Als Thcrten, die zum Himmel stinken,
Befördern, — und schon morgens frühl
Zu Nutz der Freiheit troy'ge» Söhnen
Legt sonst die Hand Ihr träg in Schooß
Vom süßen Raffer sich entwöhnen,

Dünkt Euch dies Opfer auch zu groß?
Hausfrau'n Europcns, leert die Dosen,

Rein Heller mehr für England hcrl
wie wird Freund Joe sich erbosen,

! Fließt dieser Goldstrom auch nicht mehr-

Maxi

Bravo!

Ls gab ein hoher Mund sich kund
Durch Sie „I? orvveutsche Allgemeine
Die sprach sich über Vie Polen aus.

Wie frech die sind und gemeine.

Der deutsche ZRichel freut sich baß.

Daß an der mal etwas zu loben,

Und wünscht nur ihr und ihrem wund,

Sie möchte das öfter erproben.

Kilian

„TOenoen wie net) au eine --

agentur!" rieth ihm der Teufel. „Kehren Sieivicder
aus die Erde zurück, werden Sie wieder
leutuaut, verführen Sie eines Andern 8
lassen sich todtschießen, — dann kommen §
und es soll mir ein Vergnügen sein!" —

•' 6--2 -»**«*♦• 0(Y>ar»?i4aPii prftpfiptt. i)

0 es ion mir ein üüergnuyeu ,cm; -
So kann es einem Menschen ergehen, der glaubt,
allen irdischen Cvnseqnenzen der Ehe einfach durch
das Streben entgehen *« türmen 1 —i—

Ls rutscht das Rad, Herrjeh! Schrumbum!

Da fällt die alte Kutsche um. —

amu, »,„sch. ..Der Geburtstag".

flti Prof. Gustav Schmollet

Bei dem Diner zu Ehren des Ministerialdirektors Alt-
hoff sagte Prof. Schmoller u. A. das Folgende: „Ich
wage das Wort: ein Virtuose der Opportunität. ..
Auch Miguel ist immer wieder als eminent kluger Op-
portunist bezeichnet worden: er soll selbst öfter gesagt haben,
daß ihm in Berlin Niemand aber sei, außer
unter Umständen Herr Althoff."

„Lin virtuos der Bpportunität" —

So sprachst Du frei von der Leber.

In's Deutsche übertragen, versteht
Man drunter einen Streber.

Doch Miqncl hat Recht: Herr Althoff war

Trotz allem und allem ihm über.

Doch kommt der Fasching über's Jahr,

Da sprechen wir uns, mein Lieber!
Ministerwege sind steil und schmal,

Und ohne Geländer und Lehne.

Der Eine purzelt in einen Canal
Und der Andere über — die Spähne!

Elke

49
Register
[nicht signierter Beitrag]: Mit der Zeit
[nicht signierter Beitrag]: Laridah
[nicht signierter Beitrag]: Etwas mehr Dampf, Herr Minister!
Arpad Schmidhammer: Zeichnung ohne Titel
Arpad Schmidhammer: Die Überbrettln
-i-: Die Ehre
Elkan: An Prof. Gustav Schmoller
Hans Wendt: Nach bekannter Weise
Franz: Vandalen der Wissenschaft
 
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