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Grillparzer s Katby

Von Prof. August Sauer (Prag)

;n einer musikalischen Soiree zu Anfang des Jahres 1821 war es, als dem
' Dichter der „Sappl, o" ein schönes junges Mädchen durch ihre hohe Geftalt,
cch ihr sicheres Auftreten, ihr ungezwungenes und ungebundenes Benehmen,
rch ihre fast trunkne Hingabe an den Zauber der Musik auffiel. Ihr rothe
°'d, ihre geringelten, schwarzbraunen Haare schildert er einem Freunde: „Jene
mit den Augen, hätte ich bald gesagt; denn es war, als hätte Niemand Augen
8 sie, und als wäre sie selbst nur da in ihren Augen, so blitzten die dnnkel-
anncn Bälle, scharffasscnd, leicht beweglich, alles bemerkend, jede Bewegung,
des Wort einträchtig begleitend." Bald kann er sich vor der „Allgegenwart
-eser Augen nicht mehr retten: „Wo ich bin, fern und nah, stehe» zwei Augen
a, dunkelhell, blitzesschnell, schimmernd wie Felsenguell, schattennmkranzt. dr
>üht sich vergeblich ab, diese Augen zu beschreiben: „Tag und Nacht, lernst, der
rcht, Wassers- und Fenersmacht sind hier in eins gebracht, lächeln mich an. Und
iolbe§, bräutliches Glück umfängt den Dichter: „Abends, wenn'S dämmert noch,
>°'g' ich vier Treppen hoch, poch' an's Thor, streckt sich ein Hälslein vor; Wangen
mnd, Purpurmund, nächtig .Haar, Stirne klar, drunter mein Augenpaar !

„Wem ist das Kind? Wie heißt du?" fragt Rudolf von Habsburg rm
„Ottokar" ein auf ihn zulaufendes Kind. „Katharina! Kathrina Fröhlich, Burgers-
und aus Wien," gibt die Mutter zur Antwort, und liebevoll beugt sich Rudolf
m der Kleinen herab: „Fall'nicht, Kathrina! Ei, was ist sie hübsch! Wie fromm
ans den braunen Augen blickt, und schelmisch doch. Zierst du drei, auch tchon,
ote?" So neckte der Bräutigam, auf ein wirkliches Erlcbniß Kathy s mit Kaiser
... ' ‘ *■'- m nnr aanz Wien.

rote? So neckte der Bräutigam, auf ein luuuuyv*. -—
ran1 anspielend, die Verlobte össentlich vor ganz Wien.

Katharina stammte aus guter bürgerlicher Familie; aber der Vater ha e
'Nt ohne eigne Schuld mit seinem Geschäft Unglück gehabt und die Eltern
^aren damals auf den Erwerb ihrer vier Töchter angewiesen, die alle emen
!«uf ergreife» sollten. Kathy'S Begabung wies sie aus die Schauspielkunst.
Sophie Schröder wollte ihre Ausbildung übernehmen, was Grillparzer nicht zugab.
häufiger Theaterbesuch förderte ihre künstlerische Anlage und ersetzte, was geringe
Schulbildung ihr schuldig geblieben war. Durch und durch Wienerin, lebhaft und
Mgenirt, witzig ,,»d schlagfertig, amnuthig und lieblich, war ste die Freude der
rchngen. Von ihrem feinen Herzenstakt gibt mancher ihrer Bnefe Zeugmh.
Proben einer seltene» Geistesgegenwart hat sie abgelegt. Das vielumworbene,
damals einundzwanzigjährige Alädchen schien wie geschaffen, um den verhätschelten
Abling der Wiener Frauenwelt zu beglücken. Und in der That: einen ganzen
poetische» Frühling zaubert sic i„ ihm hervor, tausend dichterische Plane und Ge-
"alten erfüllen seine Phantasie; seine Lyrik nimmt einen Schmelz an, der ihr
niher und später versagt blieb. Energischer als bisher betreibt der etwa? lässige
^ eamte sein Avancement. Es gelingt ihm, die Gunst seines Vorgesetzten zu cr-
werbcn. Im Herbst 1823 sollen alle Vorbereitungen zur Hochzeit getroffen ge-
wesen sein. Warum kam es nicht dazu? ^ ,

Grillparzer pflegte die neugierigen Frager mit einem schalkhaften: „I trau
"si halt net" abzutrumpfen oder aus seine geringe Besoldung und drucken en
'ramiliensorgen hinzuweisen; noch in seiner Selbstbiographie lehnt er cs s irosf
ab, die Siegel dieses Geheimnisses zu breche». Um so offener spricht er dar iw er
'» vertrauten Briefen und Tagebüchern, und durch seine Dichtungen gewahrte er
schon den Zeitgenossen Einblick in das innerste Heiligthum seiner Seele.

, Er war eine schwerflüssige, verschlossene, einsame Natur. Eine verfey e
Erziehung und bittre Lebenscrfahntngen steigerten seine Scheu und> Zurückhaltung
bss r»r mürrischen Einsilbigkeit und rauhen Verdrossenheit. Die bestrickende
Liebenswürdigkeit und hinreißende Heiterkeit seines Wesens trat nur selten und auch
Liebsten und Nächsten gegenüber nur auf kurze Zeit z» Tage. E», gewiffc.

Des Meeres und der Diebe Wellen Rob. Engels

,,3ch will Dir wohl, erfreut doch, da$ Du fern;

• Und reichte meine Stimme bis zu Dir,

Ach riefe grützend: Gute JSachtl“ 111. Aufzug

1902

Nr. 4
Register
Robert Engels: Des Meeres und der Liebe Wellen
August Sauer: Grillparzer's Kathy
 
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