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1902

JUGEND

Nr. 26

Der Urenkel aber jenes Bürgers, welcher
so fleißig die Thore vor ihm verriegelt hatte,
saß würdig in seinem ledernen Lehnsessel
und sprach: Die Sache ist nämlich — die:
wäre der Komet ein fester Pimmelskörpcr
wie unser planet, so wäre natürlich bei
einer Begegnung der beiden das Ende der
Erde in ihrer jetzigen Gestalt unvermeid-
lich. Da indessen kaum der Kern als eine
konsistente Masse anzusehen ist, der große
Schweif aber jedenfalls im wesentlichen aus
Nebel und vielleicht noch Petroleum und
Meteorsteine» besteht, so ist an eine Zer-
stückelung der Erde selbst durch den größten
Kometen nicht zu denken. Ernster ist die
Frage, ob sie aus ihrer Bahn gerückt wer-
den könnte. Allein wie die bisher auf die
Erde niedergegangenen Meteore, deren Zahl
bekanntlich eine ziemlich beträchtliche ist,
keine Spur von Einfluß auf das Gleich-
gewicht derselben gehabt haben, ebenso wird
auch ein Komet nichts vermögen; wenig-
stens könnten etwa eintretende Schwankun-
gen erst nach vielen Jahrtausenden in ihren
Folgen verhängnißvoll werden, nämlich
entweder durch eine Annäherung der Erde
an die Sonne, oder durch eine Entfernung
derselben von derselben. Recht interessant
ist übrigens, wenngleich auch durch Zöllner
noch nicht völlig aufgeklärt, daß der Schweif
eines Paarsterns, sobald derselbe in die
Nähe der Sonne gelangt. . .

Na und so weiter.

*

» »

And endlich — kommt er wirklich. So
direkt rennt er auf uns z», daß der neblige
Schwanz nur wie das Negativ eines den
Kern seitlich umgebenden halbrunden Schat-
tens erscheint.

And er stürzt — mitten in den Großen
Ozean.

Alle Magnetnadeln auf Erden werden
im selben Augenblicke wahnsinnig.

Nur ein ganz kurzes, unheimlich gellen-
des Geschützpfeifen ging vorher, da knallt
der riesige Mittelster» schon ins Wasser
hinein. Eine Ringwelle, zehnmal so hoch
wie die Berge pawaiis, flutet von seiner
Unterseite aus nach Nord und Süd und
Ost und West, und zerstört an den Küsten
Asiens und Amerikas ganze Länder. Dieser
ersten Ringwelle folgen neue und neue, denn
das Meer kocht und explodiert unaufhörlich
unter dem glühende» Riesenball hervor. Der
liegt natürlich nicht still, sondern wälzt sich
schnell nach der tiefsten Stelle des Meeres,
während oben von seinem unerkennbar fer-
nen Paupte her ein unheimliches Tosen
den Brand der wogen noch überlärmt.
Dann sackt er mit einem plötzlichen Rucke
eine ganze Ecke tiefer, hebt sich ein wenig
wieder in die Pöhe, das Tosen oben ver-
doppelt sich, wieder sackt er, und nun sinkt
er unaufhörlich hinein in die geöffnete
Erde. Die Ringwellen, die jetzt eine nach
der andern als Telegraphen ans Land reisen,
sind noch viel viel größer als die früheren;
Polynesien schaden sie nichts mehr, das
war schon gleich nach der ersten futsch. Um
den Rand des zuckenden Riesen herum steigt
jetzt mit zornigem Schäumen und Brüllen
die kochende Lava der alten Erde durch
den kochenden Ozean an die Oberfläche,
und während der glühende Fremdling unten
mit ihr verschmilzt, umhüllt sein freigeblie-

Üas Korn

üichter und Schatten im GCCechseltanz
Oaukeln über die goldenen ^lehren.
Kfother Mohn in leuchtendem Glanz
©räumt von wundersamen Mähren.

ist reif . . P. W. Keller-Reutlingen

Blühendes lieben in weiter IJund.

/Iber tief im Halmengrund
Klingt wie jBensenklang ein ©on:

Morgen schon,

morgen! 'j, Loewenbera
Register
Jakob Loewenberg (Löwenberg): Das Korn ist reif
Paul Wilhelm Keller-Reutlingen: Zeichnung zum Gedicht "Das Korn ist reif"
 
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