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Der Gart en Julius Heß (München)

„Grüß d! Gott, Tuifl!" sagt der Bub.

„Nix zum Handeln, Bub?'" fragt der Teufel und bleibt vor ihm stehen.

„Möchtest meine Seelen, Hölltulfl, gelt?'' sagt der Bub.

„Seelen?"' krächzt der Teufel und zuckt mit der Schulter, „was mach ich
mit Seelen? Seelen find heuer wie Zwetfchgensteine im Preis! Büblein,
willst du mir nix verkaufen dein Glück? Slxt die schönen Dukaten!"

Und der Teufel schüttet aus der kralligen Rechten lauter Goldstücke hervor,
die funkeln und rinnen wie ein glühender Strom zur Erde nieder und
gleiten wieder zurück in die Hand.

„was soll ich mit deine Goldstück, Hölltuifl?" sagt der Bub, „kanns eh
nicht verfuttern!"

Der Teufel bückt sich, mit beiden Händen am Boden, dicht über dem Bur-
schen, daß ihm aus der krummen Rase die Fünklein heiß ums Gesicht sprühn.
„Büblein," zischelt er, und seine Schlitzaugen glimmern, „ich Hab dich lieb!"

Da schlägt ihm der Bub mit der Saust zwischen die Hörner, daß es dumpf
aufknallt. „Gehst weiter, schiacher Tropf!"

Der Teufel fährt prustend zurück und schüttelt den Schädel. Und plötzlich
dreht er jäh um und springt bergauf wie ein gescheuchtes Rind, mit der
Rraxe am Buckel, fernhin verklirrt fein Hufschlag im Geröll.

„Dem Hab ichs geschmiert!" sagt der Bub.

Das Erdmännlein reckt feine Zipfelkappe aus dem Heidekraut, wohin es
sich verschlossen. An allen Gliedern zitternd kommts zu dem Buben gekrochen.

„Lus, Büblein, lus!" flüsterts und verzieht kummervoll die galten in
seinem Gefichtlein.

Der Bub blickt empor. Wo ist die Sonne geblieben? Mit mächtigen grauen
Schwingen ists wie eine riesige Sledermaus am blauen Himmel heraufge-
schwommen, und überall quillts dunkel über die Gipfel. Ein Rauschen tost
aus den Tälern hinter den Seifen, und auf einmal biegt der Lärchenbaum
droben auf der Höhe den Wipfel zu Boden. Ein Windstoß saust. Über die
Seefläche hin flattern winzige weiße Hemdchen in Scharen: Luftgeistchen
stieben aus der stillen Waldbucht heraus über den See.

„Das Pfeiflein!" gellt das Erdmännlein auf und weist mit dem Singer
in die Höhe, „der Teufel hat dein Pfeiflein gestohlen!"

Am Grat droben auf einer Zacke zuhöchst fitzt der Teufel, den Hut im
Genick, und bläst in die Rnochenpfeife aus vollen Backen. Über den Himmel
wimmelt ein Heer von grauen Gestalten.

„Die Büchsen her!" zetert das Männlein, „die Büchsen!"

Der Hügel vor dem Buben erzittert, die Latschensträucher fallen aus-
einander, und der Hügel klafft auf: eine Menge von Zwergen trippelt her-
vor, diefchleppen in langer Reihe mit wehenden Haaren eine mächtigeBüchse
auf ihren Schultern. „Schieß, Sonntagsbub, schieß!" keuchen die Männlein.

Der Bub legt an. Ein Seuerstrahl kracht aus dem Rohr. Der Teufel auf
der Gratfpihe taumelt und stürzt das Gewänd hinab von Zacken zu Zacken:
wie ein zottiger Gemsbock liegt er mit seinem Gehörn schwarz im Geröll.

Da wird es finster auf einen Schlag über der Alm. Blitze zucken feuerrot
weithin durchs Dunkel. Lin Brüllen birst aus dem Gewölk, daß die Selsen er-
dröhnen. „Die Schwarzen!" schreien die Männlein, „laufts, Buben, laufts!"

Die Rinder am Hange werfen die Schwänze auf und rasen wie besessen

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Julius Heß: Der Garten
 
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