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Kalinowski, Lech [Hrsg.]; Muzeum Narodowe w Krakowie [Hrsg.]; Niedzica Seminar <4, 1987> [Hrsg.]
Late Baroque art in the 18th century in Poland, Bohemia, Slovakia and Hungary: Niedzica Seminars, 4, October 15-17, 1987 — Niedzica seminars, Band 4: Cracow, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.41590#0091

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gebildet worden sein. Die konkreten Angaben über ihre Herkunft
(Lehnert, Heel, Hutter, andere Jesuitenkünstler), die Verwendung
der deutschen Sprache (Plersch, Sebastian Fesinger), die An-
gehörigkeit zu deutschen Religionsvereinen (Fesinger) bezeugen
jedoch, daß wir es zum großen Teil mit zugewanderten Ausländer
zu tun haben. Die Anerkennung dieser Tatsache beziehungsweise
Versuche ihrer Vertuschung können zu wesentlicher Diskrepanz in
der Bestimmung der künstlerischen Provenienz führen. (Siehe die
Ableitung von Plersch aus dem Kreis von Permoser durch Hornung
[1965], durch Jadwiga Kaczmarzyk [1972] und Karpowicz [1985,11]
jedoch aus der Werkstatt von Bernatowicz).
Man muß also die objektiven Angaben annehmen, die aus den
Quellen stammen, und sie zur richtigen Interpretation der künst-
lerischen Erscheinungen nutzen. Wie es scheint, war das Auf-
tauchen einer ganzen Welle von Bildhauern deutscher Herkunft im
Polen des lö.Jhs. letzter Ausdruck der alten Tradition künstle-
rischer Wanderschaften. Die Wege dieser Migrationen und die
Mechanismen, die sie beherrschten, sind wenig bekannt. For-
schungen von Janusz Palubicki [1981], die ungewöhnlich wertvolle
Angaben zum Thema des Danziger Kreises brachten, sagen nichts
über die Situation in den anderen Zentren aus. Reiche Archiv-
materialien über die Jesuitenkünstler, stellen die Herkunst
mehrerer Personen klar, aber geben nur wenig Auskunft über die
Umstände und Motive ihrer Ansiedlung im neuen Land7. Unseren
sragmentarischen Kentnissen nach kamen die Künstler sowohl aus
den nächsten Nachbarländern, also aus Schlesien (in Rawicz im
Süden von Großpolen existierte eine ganze schlesische Künstler-
kolonie), Ostpreußen, Mähren, Böhmen, aber auch aus den weiter
entsernt liegenden Gebieten der Habsburger Monarchie, und aus
Bayern, Schwaben und Franken. Die Personalunion mit Sachsen
konnte die Immigration von Bilhauern erleichtern, ebenso wie es
bei den Architexten der Fall war. Weitere Arbeit über dieses
Thema sollte in den Forschungen zur Kunst des lö.Jhs. einen
wichtigen Platz einnehmen, da ihre Ergebnisse in den Fällen
nützlich sein können, wo die Vergleichanalyse allein zum prä-
zisen Ersassen des Materials nicht ausreicht.
Unabhängig von der Abstammung war das Milieu für alle im
Lande wirkender Künstler das gleiche. Sie gehörten wie die Hand-
werker zum Bürgerstand. Dir Einkommen war relativ hoch und das
chronische Fehlen qualifizierter Arbeitskräste bewirkte, daß sie
mit einer Anstellung keinerlei Probleme hatten. Die Position der
Bildhauer und Schnitzer, deren Kunst direkt mit der Verarbeitung
von Stein oder Holz verbunden gewesen ist, wurde dabei geringer
eingeschätzt, als die der Maler, Achitekten und Baumeister.
Keiner der Bildhauer des lö.Jhs. konnte auch nur von der Kar-
riere des Malers Jerzy Szymonowicz träumen, der geadelt wurde.
Sie hatten auch keinen Zutritt zum Militär, was bei Architekten
ost die Chance einses sozialen Aufstieges ermöglichte. Sogar die
Einnahme der offiziellen Position eines Hoskünstlers durch
Plersch blieb einzigartig.
Als Handwerker hatten Bildhauer und Schnitzer eigentlich dem
Stadtrecht unterliegen müssen. Wie wir schon wissen, wirkten sie
jedoch auch außerhalb einer Innungsorganisation. Dies geschah,
wenn eine Zunft in der betreffenden Ortschast nicht vorhanden
war, oder aus eigenem Willen, wenn sie sich nicht veralteten
Strukture und Einschränkungen unterwerfen wollten. Die letztere

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