Hoffmaniiswaldau
spiel aus Geschichte oder Natur zu dem betreffenden Fall in Beziehung gesetzt und durch diesen
bis ins einzelne paraphrasiert wird. Die Themen sind oft äußerst interessant, bezeugen Ge-
schmack, Kenntnisse und — natürltdr — Freude an entlegenen und seltenen Dingen. Die Titel
sind mit außerordentlicher Kunst gewählt: „Die Japanische Trauung“, „Das Monden-Kraut
Oriza“, „Die unverbotene Vergötterung“, „Die Hadrianische Miintze“, „Das Angst-Gebirge in
Peru“, „Der Wurm-Baum“, „Der Brasilianische Blumen-Specht“, „Rosen aus Siena“ usw.
Die angehängten Reden von Chr. Gryphius sind erheblich weitschweifiger und matter, aber
das Buch ist doch eines der wichtigsten Denkmale der deutschen Barokredekunst, und gerade
in unserer Zeit, die mehr und mehr die selbständige Bedeutung dieser Kunst neben den anderen
Wortkunstarten zu erkennen beginnt, „Denkreden“ sammelt und herausgibt von größtem Interesse.
Uber den beigebundenen J. G. Pritius s. unter diesem.
202 — Reisender Cupido in anmuthigen mit kurtzen Lateinisch und Teutschen Er-
klärungsversen untersetzten Kupferbildern vorgestellet. Joh. Andr. Thelott inv.
0. O. u. J. (Augsburg, Leopold 1703.) Querquart. Hpgt.
10 entzückende Blätter. Während die Barockdichtung nach Stil und Inhalt, in Motiven wie
in den Wendungen, Beiworten und der Art ihrer Farbigkeit den Einfluß der gleichzeitigen bil-
denden Kunst im weitesten Umfang erkennen läßt, sind die Beweise für Anregungen, welche
Malerei und verwandte Künste etwa von der Poesie aus erfahren haben könnten, längst nicht so
zahlreich, ja selten zu konstatieren. So ist denn neben den Kupfern zur Catharina von Georgien
des Gryphius (Nr. 133) das vorliegende Kupferwerk nach H.’s Reisendem Cupido neben seiner
kunstgeschichtlichen Bedeutung für die Entwicklung der Graphik vor allem wichtig für die Ge-
schichte der Beziehungen der Künste zueinander, den allgemeinen kulturgeschichtlichen Umkreis,
in dem sich das höhere geistige Leben der Zeit vollzog. Sind doch derartige Werke der Graphik
ihrem ganzen Charakter nach auch schon um der erheblichen Kosten willen, die ihre Anschaffung
verursachte, nur der wirtschaftlichen Oberschicht und besonders dem dazugehörigen „Frauen-
zimmer“ zugänglich und nur für diese Kreise bestimmt gewesen. Es liegt also der Fall vor, daß
ein graphischer Künstler, sei es im Auftrag, sei es aus eigener Initiative, von der Dichtung selber
zum Schaffen angeregt, das Werk des schlesischen Dichters als fast illustrativ genau behandeltes
Motiv verwandte und daß ein, naturgemäß hauptsächlich auf Süddeutschland und Österreich an-
gewiesener Augsburger Verlag das Risiko der Fierausgabe übernahm. Das alles könnte Ausgangs-
punkt für wichtige Untersuchungen und Feststellungen auf Grund dieses köstlichen und überhaupt
bis heute unbekannt gewesen, vermutlich nur in diesem einen Exemplar
erhalten gebliebenen Werkchens geben.
203 Hohberg (W. H. v.) Die unvergnügte Proserpina. Durch ein Mitglied der Hoch-
Löbl. Fruchtbringenden Gesellschafft. Regenspurg, Gedruckt bey Christoff
Fischer. 1661. 8°. Mit Frontisp. Pgt. d. Zt.
Goed. III, 243, 2. 8 Bll., 245 num. Bll. und 5 SS.
Dieser österreichische Freiherr und Großgrundbesitzer ist einer der wenigen Österreicher,
die das 17. Jahrhundert als Teilnehmer in der mittel- und norddeutschen Literaturbewegung auf-
zuweisen hat. Die „Proserpina“, sein Frühwerk, hält sich in der Behandlung wie sprachlich
durchaus innerhalb der gleichzeitigen deutschen Barockpoesie, ohne was Ouellenbenutzung, Aus-
wahl der Motive und Verhältnis zur Mundart anlangt besondere Eigenzüge zu zeigen. Die große
Seltenheit des Buches beweist, daß die Dichtung, obwohl von einem Mitglied der Fruchtbringen-
den Gesellschaft herriihrend, dennoch keine weite Verbreitung gefunden hat.
204 — Der Habspurgische Ottobert. 3 Tie. in 1 Bd. Durch ein Mitglied der Hoch-
löblichen Fruchtbringenden Gesellschafft. In Verlegung Joh. Bart. Oelers. Ge-
druckt zu Erffurt / Bey Johann Georg Hertzen. Im Jahr 1663—64. 8°. Mit Fron-
tisp. und 36 Kupf. Pgt. d. Zt.
Goed. III, 243, 4, 3. Riesenepos von 30 Gesängen, etwa 40 000 Versen, 1700 SS.
Es behandelt die Schicksale eines habsburgischen Prinzen „Aus dem Ertzhaus . . . auserlesen
zur großen Welt-Vogtey“. Ein Abenteuer- (nicht Abenteurer-) Roman, in dem noch gewisse
rittermäßige Elemente österreichischer Adelsüberlieferungen nachklingen. Im allgemeinen aber
durchaus eine Verflechtung barockmäßiger Abenteuermotive, wunderbarer Begebenheiten, Schick-
sale und Schauplätze. Die gelehrte Vielwisserei ist naturgemäß weniger spürbar wie bei den
gleichzeitigen Prosa-Romanen. Die Szenen des Buches spielen sich im frühmittelalterlichen
Byzanz ab, das Mittelmeer ist ihr Hauptschauplatz.
Mit Exlibris Nostiz.
205 Hoberg. Beytrag zum Schlesischen Helicon, Oder Sammlung auserlesener Ge-
dichte, Worunter viele Neukirchische befindlich / Mit großer Mühe zusammen-
gebracht, und dem Druck übergeben. Sorau, Zu finden in Hebolds Buchladen,
1733. 8°. Mit Titelkupf. Hldr.
Nicht bei Goed. Späte, aber interessante Sammlung mit merkwürdigem Vorwort des Heraus-
geber-Verlegers. 8 Bll., 304 SS.
206 Homburg (E. C.) Erasmi Chrysophili Homburgensis. Schimpft- und ernsthaffte
Clio. 2 Tie. in 1 Bd. Gedruckt 1638. In Verlegung Zachariae Hertels / Buchh. 8°.
Hldr.
Goed. III, 78, la. Schon die-zweite Ausgabe von 1642 wird von Heyse 44, 691 für sehr selten
gehalten, die erste ist kaum je auf den Markt gekommen. 136 Bll.
Die „Clio“ hatte außerordentlichen Zeiterfolg, vor allem wohl wegen der Sangbarkeit der
vielen Lieder lind ihrer flüssigen, anmutig spielenden Form. Sie sind darum (bei übrigens gerin-
gerer Eigenart und vielleicht gerade deswegen) ein Muster und Spezimen des durchschnittlichen
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spiel aus Geschichte oder Natur zu dem betreffenden Fall in Beziehung gesetzt und durch diesen
bis ins einzelne paraphrasiert wird. Die Themen sind oft äußerst interessant, bezeugen Ge-
schmack, Kenntnisse und — natürltdr — Freude an entlegenen und seltenen Dingen. Die Titel
sind mit außerordentlicher Kunst gewählt: „Die Japanische Trauung“, „Das Monden-Kraut
Oriza“, „Die unverbotene Vergötterung“, „Die Hadrianische Miintze“, „Das Angst-Gebirge in
Peru“, „Der Wurm-Baum“, „Der Brasilianische Blumen-Specht“, „Rosen aus Siena“ usw.
Die angehängten Reden von Chr. Gryphius sind erheblich weitschweifiger und matter, aber
das Buch ist doch eines der wichtigsten Denkmale der deutschen Barokredekunst, und gerade
in unserer Zeit, die mehr und mehr die selbständige Bedeutung dieser Kunst neben den anderen
Wortkunstarten zu erkennen beginnt, „Denkreden“ sammelt und herausgibt von größtem Interesse.
Uber den beigebundenen J. G. Pritius s. unter diesem.
202 — Reisender Cupido in anmuthigen mit kurtzen Lateinisch und Teutschen Er-
klärungsversen untersetzten Kupferbildern vorgestellet. Joh. Andr. Thelott inv.
0. O. u. J. (Augsburg, Leopold 1703.) Querquart. Hpgt.
10 entzückende Blätter. Während die Barockdichtung nach Stil und Inhalt, in Motiven wie
in den Wendungen, Beiworten und der Art ihrer Farbigkeit den Einfluß der gleichzeitigen bil-
denden Kunst im weitesten Umfang erkennen läßt, sind die Beweise für Anregungen, welche
Malerei und verwandte Künste etwa von der Poesie aus erfahren haben könnten, längst nicht so
zahlreich, ja selten zu konstatieren. So ist denn neben den Kupfern zur Catharina von Georgien
des Gryphius (Nr. 133) das vorliegende Kupferwerk nach H.’s Reisendem Cupido neben seiner
kunstgeschichtlichen Bedeutung für die Entwicklung der Graphik vor allem wichtig für die Ge-
schichte der Beziehungen der Künste zueinander, den allgemeinen kulturgeschichtlichen Umkreis,
in dem sich das höhere geistige Leben der Zeit vollzog. Sind doch derartige Werke der Graphik
ihrem ganzen Charakter nach auch schon um der erheblichen Kosten willen, die ihre Anschaffung
verursachte, nur der wirtschaftlichen Oberschicht und besonders dem dazugehörigen „Frauen-
zimmer“ zugänglich und nur für diese Kreise bestimmt gewesen. Es liegt also der Fall vor, daß
ein graphischer Künstler, sei es im Auftrag, sei es aus eigener Initiative, von der Dichtung selber
zum Schaffen angeregt, das Werk des schlesischen Dichters als fast illustrativ genau behandeltes
Motiv verwandte und daß ein, naturgemäß hauptsächlich auf Süddeutschland und Österreich an-
gewiesener Augsburger Verlag das Risiko der Fierausgabe übernahm. Das alles könnte Ausgangs-
punkt für wichtige Untersuchungen und Feststellungen auf Grund dieses köstlichen und überhaupt
bis heute unbekannt gewesen, vermutlich nur in diesem einen Exemplar
erhalten gebliebenen Werkchens geben.
203 Hohberg (W. H. v.) Die unvergnügte Proserpina. Durch ein Mitglied der Hoch-
Löbl. Fruchtbringenden Gesellschafft. Regenspurg, Gedruckt bey Christoff
Fischer. 1661. 8°. Mit Frontisp. Pgt. d. Zt.
Goed. III, 243, 2. 8 Bll., 245 num. Bll. und 5 SS.
Dieser österreichische Freiherr und Großgrundbesitzer ist einer der wenigen Österreicher,
die das 17. Jahrhundert als Teilnehmer in der mittel- und norddeutschen Literaturbewegung auf-
zuweisen hat. Die „Proserpina“, sein Frühwerk, hält sich in der Behandlung wie sprachlich
durchaus innerhalb der gleichzeitigen deutschen Barockpoesie, ohne was Ouellenbenutzung, Aus-
wahl der Motive und Verhältnis zur Mundart anlangt besondere Eigenzüge zu zeigen. Die große
Seltenheit des Buches beweist, daß die Dichtung, obwohl von einem Mitglied der Fruchtbringen-
den Gesellschaft herriihrend, dennoch keine weite Verbreitung gefunden hat.
204 — Der Habspurgische Ottobert. 3 Tie. in 1 Bd. Durch ein Mitglied der Hoch-
löblichen Fruchtbringenden Gesellschafft. In Verlegung Joh. Bart. Oelers. Ge-
druckt zu Erffurt / Bey Johann Georg Hertzen. Im Jahr 1663—64. 8°. Mit Fron-
tisp. und 36 Kupf. Pgt. d. Zt.
Goed. III, 243, 4, 3. Riesenepos von 30 Gesängen, etwa 40 000 Versen, 1700 SS.
Es behandelt die Schicksale eines habsburgischen Prinzen „Aus dem Ertzhaus . . . auserlesen
zur großen Welt-Vogtey“. Ein Abenteuer- (nicht Abenteurer-) Roman, in dem noch gewisse
rittermäßige Elemente österreichischer Adelsüberlieferungen nachklingen. Im allgemeinen aber
durchaus eine Verflechtung barockmäßiger Abenteuermotive, wunderbarer Begebenheiten, Schick-
sale und Schauplätze. Die gelehrte Vielwisserei ist naturgemäß weniger spürbar wie bei den
gleichzeitigen Prosa-Romanen. Die Szenen des Buches spielen sich im frühmittelalterlichen
Byzanz ab, das Mittelmeer ist ihr Hauptschauplatz.
Mit Exlibris Nostiz.
205 Hoberg. Beytrag zum Schlesischen Helicon, Oder Sammlung auserlesener Ge-
dichte, Worunter viele Neukirchische befindlich / Mit großer Mühe zusammen-
gebracht, und dem Druck übergeben. Sorau, Zu finden in Hebolds Buchladen,
1733. 8°. Mit Titelkupf. Hldr.
Nicht bei Goed. Späte, aber interessante Sammlung mit merkwürdigem Vorwort des Heraus-
geber-Verlegers. 8 Bll., 304 SS.
206 Homburg (E. C.) Erasmi Chrysophili Homburgensis. Schimpft- und ernsthaffte
Clio. 2 Tie. in 1 Bd. Gedruckt 1638. In Verlegung Zachariae Hertels / Buchh. 8°.
Hldr.
Goed. III, 78, la. Schon die-zweite Ausgabe von 1642 wird von Heyse 44, 691 für sehr selten
gehalten, die erste ist kaum je auf den Markt gekommen. 136 Bll.
Die „Clio“ hatte außerordentlichen Zeiterfolg, vor allem wohl wegen der Sangbarkeit der
vielen Lieder lind ihrer flüssigen, anmutig spielenden Form. Sie sind darum (bei übrigens gerin-
gerer Eigenart und vielleicht gerade deswegen) ein Muster und Spezimen des durchschnittlichen
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