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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0250
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242

III. Ergebnisse

ländische Typen. Die Nachahmung eines metallenen Vorbildes ist offenkundig;
Gillieron hat mit Glück unser Gefäß in Silber zurückübersetzt (Geislinger Katalog
S. 21, 10). Eine tönerne Nachbildung eines ähnlichen, vierhenkligen Originals be-
findet sich im Athener Nationalmuseum (Mykenische Vasen XIX 137), eine Vor-
stufe bildet das auf Abb. 99 zum ersten Male veröffentlichte Kykladengefäß ).
Im Gesamteindruck verwandt, aber sehr viel ruhiger als die in ihrer „barocken"
Ausgestaltung maßlose Alabastervase ist ein zweihenkliges, kugeliges Gefäß aus
buntem Gestein auf einem Bruchstück des großen knossischen Prozessionsfreskos
(Evans II 724 Abb. 451). Unsere Vase findet auf Kreta vorläufig kein Gegenstück.

Ich reihe hier die Fayencegefäße der Schachtgräber an, weil sie offen-
bar als kostbar galten. Sonst hätte man den so reich ausgestatteten Fürstinnen von
Grab III nicht die geflickte Kanne 166b. c, CXLVIII f. mit ins Grab gegeben (vgl.
die Beschreibung oben S. 64). Die doppelte, tellerförmige Mündung, der lange
Hals auf dem kleinen, kugeligen Leibe wirken geradeso manieriert wie die eben
behandelte Alabastervase. Entsprechende Kannen finden sich auf Kreta (Gournia
Taf. VII 37) und Melos (Excav. at Phylakopi Taf. 27, 9). Der Zweck jener sonder-
baren Doppelmündung ist offenbar, beim Ausgießen überfließende Tropfen auf-
zufangen. Dies und die ungewöhnliche Kleinheit des Leibes lassen auf wohlrie-
chendes öl als einstigen Inhalt schließen.

Von den auf Taf. CXLVIII rechts abgebildeten Bruchstücken gehört ein
merkwürdig schräg geschlitzter, röhrenförmiger Ausguß wohl zu einem Gefäß
ähnlichen Zweckes. Ein Gegenstück in Alabaster s. oben S. 155 f. Abb. 74. Bei
Evans II 824 f. Abb. 540 f. sind eine Fayencevase aus Knossos und eine silberne
aus Byblos veröffentlicht, die von der Gesamtform, zu der unsere Bruchstücke ge-
hören könnten, eine Vorstellung geben. Sie hat eine sehr lange, bis ins FM. hin-
aufreichende Geschichte (Evans a. a. 0.; Boyd-Hawes, Gournia Taf. VII 37). Aber
geschlitzte Ausgüsse wie unsere beiden kenne ich darunter nicht. Taf. CXLVIII gibt
auch Stücke eines kleinen Bechers wieder (rechts von dem eben erwähnten Aus-
guß), ferner einen Teil eines langgezogenen, eiförmigen Rhytons (rechts unten),
wie sie, reich bemalt, im SM. I so häufig sind (Evans II 225 Abb. 129. 509 Abb.
312). Die daneben abgebildete kleine Schale 566 ist das Gegenstück einer oben
S. 239 erwähnten aus Alabaster (165, CLXVI). Die naturwahr modellierte Tri-
tonmuschel 166a gehört zu einer zuletzt von Evans (I 221 f. Abb. 167 f. II
822 f. Abb. 539 Taf. XXXI) behandelten Gruppe von unzweifelhafter kultischer
Bedeutung. Auch diese Muscheln haben wenigstens z. T. als Rhyta gedient.

Zu den feinsten Fayencevasen gehören die schon oben (S. 230) herangezoge-
nen Bruchstücke eines Kännchens mit den Reliefbildern zweier Krieger (123/4,

') Nat. Mus. Nr. 6153, aus einem Grabe von Syra. H. 15, Dm. d. Mündung 17, des Fußes 6. Lederbrauner Ton
ohne Überzug. Die Erlaubnis zur Veröffentlicbung verdanke ich G. Oikonomos. Vgl. auch Nr. 6134, ein marmornes
Scheingefäfi von Naxos, mit drei Hälsen, und 6108, drei Saucieren auf gemeinsamem Ringfuß.
 
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