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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0254
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246

III. Ergebnisse

gesetzte Röhre quadratischen Durchschnitts, deren Verschlußbrettchen fehlen.
Denn die außer den abgebildeten noch vorhandenen Bruchstücke konnten nach
den Maßen dazu nicht dienen (vgl. die Beschreibung oben S. 144 f.). Das unvoll-
ständige Stück auf unserer Tafel rechts oben und ein zweites, formlos zerstörtes
gehörten daher entweder zu einer Verlängerung jener „Röhre", oder zu einem
Gegenstück. Die breite Längsrinne dieser Brettchen erinnert an gewisse quaderför-
mige frühminoische „Kernoi" aus Stein, die oft aus zwei Hälften bestehen1); die
Rinnen dienten hier offenbar zum Zusammenbinden der Hälften, und auch für
unsere Holzbüchse möchte man Ahnliches vermuten.

Ebenso sonderbar wie die Form ist die Verzierung dieses Gegenstandes. Die
Elfenbeinplättchen längs der Ränder sollen offenbar nicht bloß als Schmuck, son-
dern auch sozusagen als festigende Klammern wirken. Die schräg übereinander
gestellten Doppelleisten mit den darunter eingesetzten, senkrechten Holzplättchen
machen den Eindruck von Postamenten oder Konsolen, zu denen Analogien aus
Kreta bekannt sind: Evans I 512 Abb. 368, vgl. III 512 ff. Die darauf stehenden
Hunde sind aus Holz geschnitzt, das jedesfalls, genau wie die eingesetzten Plätt-
chen, eine andere Farbe hatte als der Grund und daher in Verbindung mit dem
Elfenbein polychrom wirkte. In Haltung, Größe und Rasse unterscheiden sich die
Hunde voneinander (vgl. unten S. 300 f.). Den Zweck des ganzen merkwürdigen
Gegenstandes habe ich nicht ermitteln können.

Zum Schmucke hölzerner Büchsen mögen auch die Elfenbeinleisten
819, CXLVI und vielleicht einige der Taf. LXXI abgebildeten Streifen aus Eber-
hauern gehört haben, zu runden Dosen etwa Ränder aus Goldblech wie 311, XLV
und 788, CXLIII, wenn diese nicht von Vasen stammen. Über den großen, runden
Deckel aus Goldblech, 264, XL ist schon oben S. 232 gesprochen worden. Hölzerne
Griffe oder Henkel in Löwengestalt bezeugen die Goldverkleidungen 108, XXXIII
und 792. 843, CXLIII, S. 147 f. Abb. 63.

Bei den großen Rosetten aus Flittergold 361, XLIV kann man schwanken, ob
sie nicht eher von der Verzierung eines Holzkästchens als eines Gewandes stam-
men: die Mitte fehlt regelmäßig und ließ den Grund durchscheinen. So entstanden
goldgelbe Blüten mit braunem Fruchtboden. Man vergleiche die ähnliche Farben-
wirkung eines ägyptischen Kästchens aus Ebenholz und Elfenbein bei Schäfer,
Ägypt. Kunst 298. Wir haben ja schon oben S. 188 f. die Freude an mehrfarbigem
Schmuck kennengelernt.

Kunstgeschichtlich besonders lehrreich (unten S. 297) sind die Reste eines
großen, durchbrochenen Goldreliefs, das als Verzierung des Deckels oder
der Wandung einer Truhe zu gelten hat: 119/20, XXXIII. Diese figurenreiche Dar-

*) St. Xanthoudides, Vaulted Tombs of Mesarä Taf. III. X. XXIV. LH;"zu der Holzbüchse jetzt B. Schweitzer,
Ath. Mitt. 55, 1930, 107 ff. Beil. XXIX, der in sehr willkommener Weise meine Beschreibung ergänzt. Seiner Deutung,
daß die Hunde als Wächter auf flachen Dächern gedacht seien, kann ich freilich nicht folgen.
 
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