Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Aus'mWeerth, Ernst [Editor]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (2. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1860

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.18498#0061
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
AACHEN

59

einer Quelle, Ansegis, später Abt von S. Vandrille, genannt, und als Vorgesetzter dessen Einbard.
Auch Gerward, Aufseher der kaiserl, Büchersammjung, war Baumeister; ebenso Alcuin.24 Mit
ungemeiner Energie muss der Bau geleitet worden sein; denn in acht Jahren war er vollendet,
obgleich das Material der Bruch- und Fels-Steine, so wenig sorgsam sie auch bearbeitet sind,
immerhin schwieriger blieb, als die ravennatischen Ziegel.25 Aus den Nachrichten über einzelne
Unfälle erfahren wir, dass das Zeltdach der Bundkirche mit bleiernen Schindeln gedeckt war,
dass auf dessen Spitze ein goldener Apfel prangte26, dass sich vorn ein Vorhof oder Paradies
befand, dass sich Seitenhallen anschlössen, und ebenso westwärts die Wohnungen der zur Kirche
gehörigen Geistlichen und jener Gang, welcher Palast und Kirche verband.27 Die ehernen
Tbiiren des quadraten Portals lassen keinen Zweifel darüber, dass auch die beiden Glocken-
türme, welche dieses Portal zu beiden Seiten flankiren, ursprünglich mit Glocken versehen
waren, besonders wenn man die ausdrückliche Erwähnung von Glockengiessern in Betracht
zieht.28 Schwieriger bleibt dem Verständniss der nun verschwundene und schon im Mittel-
alter restaurirte alte Ghor, der im Innern zwei übereinander liegende Capellen darbot, und
nach Aussen einen geraden Abschluss hatte. Wenn nun auch der Aussenbau des Octogons
in seiner Ursprünglichkeit vielfach verändert und verbaut erscheint, so bietet er davon doch
noch so viel dar29, um den Gegensatz zu gewahren, der zwischen dieser einfachen schmuck-
losen Erscheinung des nicht einmal in zu sorglicher Technik aufgeführten Aussenbaues und der
reichen kostbaren und schmuckvollen Erscheinung des Innenbaues bestand. Dieser Gegensatz
entspricht der fränkischen Kunst überhaupt, wie der Kunst der Juden und Egypter und an-
derer Völker. Die in ihren ersten Stadien der Entwicklung stehende Kunst, welche noch
keine stilgerechten Formen zum hinreichenden Ausdrucksmittel errungen hat, wird diesen
Mangel meist durch Fülle und Kostbarkeit oberflächlicher Decoration zu ersetzen suchen.
Wir werden desshalb da, wo die Decoration an und für sich geboten ist, die höchste Ent-

24. Gesta abbat. Fontanell., ed. Portz. Mon. H. 270. 301, In S. Vandrille 823- 833 führte Ansegis

bedeutende Bauten aus. Einhard, mit dem Studium des Vitruv beschäftigt, baute sich Kloster
und Kirche in Michelsladt im Odenwald. Audi Alcuin war am Bau S. Peters in York be-
theiligt. Kugler, Kunstgesch. 3. Aufl. I. B. p. 274. Ueber Gerward: Einhard, Transl. S. S.
Marcel, et Petr. n. 67. p. 199. Act. Boll. 2. Juni.

25. Es sollen ausser dem einheimischen Steine auch zum Baue verwandt sein Quadern von den Stadt-

mauern Verduns. Hugo Verdun. apud Bouquet I. c. T. V. p. 373 ad an. 788.

26. Einhard, Leben Carl d. Gr. c. 32, wo berichtet wird, dass der Apfel auf das Dach der Pfarrge-

bäude fiel, welches also nebenan lag, wie auch westwärts die Wohnung Alcuins. Vergl. Einh.
Jahrbücher ad an. 829.

27. Der Verbindungsgang fiel zweimal ein, s. Annierk. 56; in den Seitenhallen versammeln sich die Für-

sten bei Otto L Krönung. Widuch. II. p. 642. Vergl. für die Vorhalle Monach. S. Gallen. I. 31.

28. Monach. S. Gallen. I. c. 29.

29. Die gründlichste Darlegung des Octogons gibt Mertens in Försters Wiener Bauzeitung. 5. Jahrg.

1840. p. 135, der, wie Quast, Bavenna Taf. VIII. 9 und Förster, Denkm. d. Kunst III., eine
quadrate Absis annimmt, wie sie auch auf den Münzen bei Meyer zu sehen ist. Vergl. die
Nachrichten über die alle Abbildung aus dem Valican, jetzt in Berlin, und die Abbildung der
Kirche auf dem Belief des Carlsschreines Taf. XXXVII.

8*
 
Annotationen