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Aus'mWeerth, Ernst [Editor]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (2. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.18498#0067
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AACIIK.N.

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last zwei Jahrhunderte Gestorbenen öffnen Hess, um wenigstens sein Gebein verehrend zu
schauen.69 Diese Störung des Todesfriedens verübelte ihm seine Zeit; denn sie unterliess
es nicht, den frühen Tod des letzten Ottonen der Ahndung des Schicksals zuzuschreiben.
Es war allerdings die Tragik des Schicksals, dass Herrscher, die mit der gewaltigsten Energie
des Gemüthes die Grösse der Vergangenheit erfassten, der Thalkraft für die Gegenwart oder
des Glückes äusserer Umstände entbehrten. Otto, kaum mit der toga virilis umgürtet, starb
zu Rom, und über die Alpen wanderte der Leichenzug nach Aachen,« um, wahrscheinlich auf
sein ausdrückliches Geheiss, im Tode neben dem zu ruhen, den im Leben zu erreichen ihm
nicht vergönnt war. Ein Denkmal von Marmor, das Friedrich der Weise ^Von Sachsen 1513
über seinem Grabmal errichten Hess, verschwand erst 1803 zur Zeit der französischen In-
vasion.70 Mit den Ottonen schloss die zweite grosse Periode Aachens. Denn wenn auch
Aachen berufen war, das Diadem auf das Haupt der Kaiser zu setzen und sie alle länger oder
vorübergehend hier weilten, auch 1007 und 1024 Reichsversammlungen hier gehalten wurden,
so zeichnet sich doch nur Heinrich IL, der fromme Gründer Rambergs, aus durch den
Weiterbau des Adalbertstiftes71 und dessen Reschenkung, durch die Gründung des Klosters
zum heiligen Nicolaus72 und durch die Reschenkung der Pfalzcapelle mit Gütern und Kost-
barkeiten, von denen der herrliche Ambo auf Taf. XXXIII noch heute Zeugniss ablegt. Hein-
rich IV., wenn er auch der Capelle Einiges verlieh73, schämte sich nicht, einen Theil ihrer
Reliquien, den Arm des heiligen Simeon, das Haupt des heiligen Anastasius und die Gebeine
des Märtyrers Speus74 nach der Harzburg zu entführen.

Aachen sollte noch eine dritte Periode seiner Grösse erleben. Die Hohenstaufen,
wie die Ottonen voll individuellen Machtgefühls, erfassten wie diese das Ideal des Kaiser-
reiches, welches sie zurückführte auf die Verehrung Carl's des Grossen und der Krönungs-
stadt Aachen. Abermals störte Friedrich I., ein Herrscher, dem die Sage selbst die Grabes-
ruhe verwehrt, die Grabesruhe Carl's.75 Rarbarossa fand ihn nicht mehr so unversehrt da-
sitzen, wie die Sage ihn gelbst im Kyffhäuser sitzen lässt; denn die Gebeine wurden nun
in einen Sarg sorglich gelegt76, freilich verbunden mit einer feierlichen Erhebung und Selig-
sprechung derselben im Reisein eines stattlichen Reichstages. Jene herrliche Lichtkrone,

69. Chronicon Novaliciense III. c. 33. apud Pertz Mon. VII. 73 — 133.

70. Giosebrecht, Deutsche Kaisergeschichte. I. p. 725. Quix, Beschreibung etc. p. 23.

71. Lac. I. 142, 143, 144, 152 u. s. w. Quix I. p. 44.

72. Quix, Codex I. Urk. 20.

73. Lac. I. 215, 227, 254, 411.

74. Lambert v. Hersfehl, Jahrb. ad an. 1072.

75. Ademar an. 1000. apud Pertz Mon. IV. 106 — 148. Annales aquenscs bei Quix, Codex p. 71

ad an. 1166.

7 6. Man nimmt gemeinlich und wol irrthümlich an, dies sei der in Quix, Beschreibung der Mün-
sterkirche, und in Heft V—VI. Taf. IX—X der Jahrb. d. rh. Altertb.-Vereins pubheirte weisse
Marmorsarg mit der Reliefdarstellung der Proserpinäsage. Man vergl. desshalb Texl zu
Taf. XXVII.

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