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Aus'mWeerth, Ernst [Editor]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (2. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.18498#0117
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AACHEN.

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in Anknüpfung an die Worte Einhard's, dass der Patriarch von Jerusalem ihm Reliquien
sandte von den heiligen Orten, und der König Aaron von Persien ihm die heiligen Orte
seihst schenkte210, früh erdichtet211 und fand allgemeinen Glauhen. Dass ehen diese heiden
Sagenkreise an dem Schreine CarPs ihre Darstellung fanden, kann nur den Beweis liefern,
wie allgemein sie hei seiner Entstehung in der Volksanschauung lehten, und für Materien,
die in dieser Raum gewinnen, wird man nicht irgend eine gelehrte Quelle zu entdecken
hrauchen, sondern man wird sie immer wieder in neuen Gestalten gleichzeitiger Erzählungen
finden, je länger man sich umsieht. Und wie nahe lag es hei der Ausschmückung eines
Kunstwerkes, welches zur Zeit der Kreuzzüge an einem Orte entstand, zu dem Gottfried von
Rouillon Beziehungen hatte, die Kreuzzüge gepredigt und später hauptsächlich heschriehen
wurden, auf diese zurück zu gehen.212 Wir seihst fanden sofort das ganze oder theilweise
Thema unserer Reliefs in Turpin's Erzählungen213 aus dem Ilten Jahrhundert, in der
Kaiserchronik214 aus dem 12ten Jahrhundert, in einem niederdeutschen Gedichte: Carl
Meinet215 und fügen dem noch die uns durch Käntzeler's Mittheilung zuerst diesem Inhalte
nach bekannt gewordene Chronik von Philipp Mousques aus dem 13ten Jahrh. hinzu216,
älterer Bruchstücke und Varianten nicht zu gedenken,217

Betrachten wir mit Hülfe dieser Quellen unsere Reliefe, so führt uns das erste zu
jener von der Sage angegebenen Veranlassung des spanischen Krieges.

1. Carl liegt im Bette. Neben ihm steht der Apostel Jacobus mit einem Schrift-
bande, auf welchem die Worte stehen: Karole surge, veni, Galeciam tibi dare, veni. Wir

Reubcr, p. 121, thut Meldung von den Malereien dieses Krieges im Aachener Palaste. Ein-
zelne Momente, wie z. B. das erste und zweite Relief dieses Schreines, kommen vor an einem
gebrannten Fenster des Domes zu S. Denis und zu Chartres aus dem 13. Jahrhundert. Vgl.
Organ für christl. Kunst, 1857, p. 113. Eine älteste Ausschmückung des span. Krieges
Perlz. III. p. 708.

210. Einh. Jahrb. ad an. 799; vita c. 16.

211. Zur Zeit der Kreuzzüge war die Meinung von Carl's früherem Kreuzzuge allgemein. Um das

Jahr 1000 findet man sie bereits beim Mönche vom Kloster Andrea auf Sorakte, Perlz,
Archiv, V. 148 und Script., III. 709. Eine weitläufige Litteratur dieser Sage in Grässe,
die Sagenkreise des Mittelalters, p. 292. Gödeke's deutsche Dichtung im Mittelalter, p. 680.

212. Ueber Gottfried von Bouillon: Prof. Bock's Albertus Aquensis in Lersch, Rhein. Jahrb., 1843,

p. 50. Kreuzpredigt, p. 91 dieses Textes. Ueber Albertus Aquensis: Bock's Aufsatz und
Wattenbach's Deutschlands Geschichtsquellen, 1858, p. 303.

213. Turpini Hisloria de vita Caroli m. ed. Reuber ist bekanntlich die älteste umfangreiche Bearbei-

tung des caroling. Sagenkreises, die aus dem 11. Jahrhundert stammt und freilich auf älteren
Traditionen beruht.

214. Die Kaiserchronik, ein Gedicht des 12. Jahrb., zum ersten Male herausgegeben von Massmann

1843—54.

215. Carl Meinet, zum ersten Mal herausgegeben von Adelbert von Keller 1858 in der Bibliothek d.

litter. Vereins zu Stuttgart. Nach Lachmann ist dieses Gedicht aus dem 12. Jahrb., nach
Grimm und Beneke spätestens aus dem Anfang des 14. Jahrh.

216. Philippe Mousques, aus dem 14. Jahrb., herausgeg. v. Beilfenberg. Brüssel 1838.

217. Solche werden in Grässe's Sagenkreisen des Mittelalters und Massmann's III. Bande der Kaiser-

chronik in Menge angegeben.

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