so
Verwendung fanden. Um dem Land zu wirtschaftlicher Blüte zu verhelfen und cs von dcrEinfuhr unabhängig
zu machen, siedelte vor allem Friedrich der Große aus vielen Landern herangezogene Facharbeiter an, für
die derartige geschloffene Ortschaften hingestellt wurden. Zu ihnen gehören die französisch-schweizerische Uhr-
450,559 machersiedlung Friedrichsthal,die ehemalige Glashütte von Zerpenschleuse,die ehemaligen Maulbeerplantagen
von Schluft und Friedenthal sowie die Spinnerdörfer Sachsenhausen, Schönwalde und Marienwerder. Nach-
dem die schon im 16.JH. begonnenen Kanalbauten im zo-jährigen Kriege verfallen waren, wurden die Wasser-
straßen unter landeöherrlicherFürsorge 1744/46 weiter ausgebaut und an ihnen entstanden geschlossene Schiffer-
657 siedlungen, wie die zu Zerpenschleuse eingcmeindeten Ortsteile Berg und Kienitz, ebenfalls in der erwähnten
eingeschossigen Bauweise. Neben dieser fallen mancherorts solche Häuser auf, die ihren Giebel und Eingang
zur Straße wenden und oft stattlicher sind. Für dieses „märkische Dielenhaus" gibt cs noch gute Beispiele in
Z84 Groß Schönebeck. Meist haben sie aber das Schicksal aller Wohnhäuser geteilt und sind infolge innerer Um-
bauten und äußerer Erneuerungen nicht mehr als Baudenkmäler anzusprechen. Allen gemeinsam ist die in
der Mitte gelegene massiv gemauerte Küche, deren großer Schlot gleichzeitig als Räucherkammer diente.
Zwischen Küche und Haustüren liegen kleine Flure, auf die auch die Türen zu den Stuben münden, deren Ofen
und Kochnischen an den Mittelschlot angeschloffen sind. Aufwändigere Wohnbauten, wie Amts-, Pfarr- und
Gasthäuser sind ganz unterkellert, zu ihren Haustüren führen oft Freitreppen, und sie haben mehrere Schorn-
steine, wodurch die Küche nach einer Seite hin verlagert werden kann und so ein durchgehender Flur möglich
wird. Diese Bauten sind ab und zu schon zweigeschossig, was für die Stadthäuser die Regel ist. Sie schließen
sich dann freilich zu geschloffenen Reihen zusammen, die höchstens durch Brandgäßchen unterbrochen werden.
427,428 In Alt Landsberg, Liebenwalde und sogar in Bernau hat ein großer Teil der Häuser außer der Eingangstür
eine meist seitlich verlagerte breite Durchfahrt; tritt der Besucher durch diese ein, so sieht er vor sich
einen von Ställen und Scheunen umbauten Hof, auf ihm die Ackerwagen, den Misthaufen und allerlei Ge-
flügel. Hierbei offenbart sich erst der wahre Charakter des Städtchens: Ackerbürger sind seine Hauptbewohner
und morgens wie abends treten im Straßenbild die Kuhherden auf. Daneben muten die modern-aufdring-
lichen Schaufenster in den oft modisch zurechtgestutzten Häuserfronten besonders komisch an. Es ist sehr zu
bedauern, daß auf solche Art der einstige geschloffene Eindruck der Strassen mit gleicher First- und Traufenhöhe
und ihren nur durch das unverputzte Fachwerk wechselnd gestalteten Schauseiten in den meisten Fällen ver-
Z2g nichtet ist. Bis auf ein einziges Fachwerkhaus mit geschnitztem Schwellenbalken von 158z in Bernau werden
in keiner der Städte unseres Kreises ältere Wohnhäuser als solche des 17. bis 18. Jh.mehr stehen, da zahl-
reiche Stadtbrände die früher nur aus Holz erbauten Straßenzüge immer wieder hcimgesucht haben. Um dem
Feuer weniger Nahrung zu geben, wurden die Scheunen gemäß den verschiedenen, seit Ende des 17. Jh. er-
lassenen Feucrordnungen an die Ausfallstraßen vor die Tore verlegt; diese Scheunenvicrtel sind ein weiteres
Kennzeichen der Ackerbürgerstädtchen; man findet sie im Kreise noch deutlich ausgeprägt bei Liebenwalde
und Alt Landsberg.
iz—16 An Hausrat haben sich bedauerlicherweise immer nur Einzelstücke erhalten; außer Ofenkacheln in den Hcimat-
467,49z müssen scheinen von dem einstigen Reichtum an prächtigen Kachelöfen nur noch die in Neuholland und Schön-
eiche zu zeugen, auch diese sind bereits umgesetzt. Große alte Schränke, Truhen und Stühle finden sich nur noch
vereinzelt; neben der Nichtachtung des alten Erbgutes im letzten halben Jahrhundert ist der Kunsthandel der
benachbarten Großstadt mitschuldig an den Verlusten, und leider glückt es ihm immer noch, solche schönen
Belegstücke früheren Handwerksffeißes den Eigentümern abzuschwatzen. Um diese Möglichkeit nicht noch zu
erleichtern, ist im vorliegenden Bande die Aufzählung beweglicher Ausstattungsstücke in privater Hand ge-
wöhnlich unterlassen worden.
Schon seit dem 17. Jh. wird es immer auffallender, wie ein Teil des Kulturlebens im Kreise unter den
Einfluß von Berlin gerät, was neben der örtlichen Nähe naturgemäß auch dadurch begründet ist, daß es
sich um die Regierungshauptstadt handelt. So sind damals die preußischen Landbaumeister an der Gestal-
tung der Ortsbilder beteiligt; Berliner Zinngießer, Silbcrschmiede und Glockengießer beliefern die ländlichen
Gemeinden. Der Berliner Bildhauer Gottfried Schadow schuf eines seiner Hauptwerke für das Kreisgebiet,
58z das marmorne Grabmal des Königlichen Bankiers Schütze (1798) in der Schöneicher Kirche, mit dem an
Verwendung fanden. Um dem Land zu wirtschaftlicher Blüte zu verhelfen und cs von dcrEinfuhr unabhängig
zu machen, siedelte vor allem Friedrich der Große aus vielen Landern herangezogene Facharbeiter an, für
die derartige geschloffene Ortschaften hingestellt wurden. Zu ihnen gehören die französisch-schweizerische Uhr-
450,559 machersiedlung Friedrichsthal,die ehemalige Glashütte von Zerpenschleuse,die ehemaligen Maulbeerplantagen
von Schluft und Friedenthal sowie die Spinnerdörfer Sachsenhausen, Schönwalde und Marienwerder. Nach-
dem die schon im 16.JH. begonnenen Kanalbauten im zo-jährigen Kriege verfallen waren, wurden die Wasser-
straßen unter landeöherrlicherFürsorge 1744/46 weiter ausgebaut und an ihnen entstanden geschlossene Schiffer-
657 siedlungen, wie die zu Zerpenschleuse eingcmeindeten Ortsteile Berg und Kienitz, ebenfalls in der erwähnten
eingeschossigen Bauweise. Neben dieser fallen mancherorts solche Häuser auf, die ihren Giebel und Eingang
zur Straße wenden und oft stattlicher sind. Für dieses „märkische Dielenhaus" gibt cs noch gute Beispiele in
Z84 Groß Schönebeck. Meist haben sie aber das Schicksal aller Wohnhäuser geteilt und sind infolge innerer Um-
bauten und äußerer Erneuerungen nicht mehr als Baudenkmäler anzusprechen. Allen gemeinsam ist die in
der Mitte gelegene massiv gemauerte Küche, deren großer Schlot gleichzeitig als Räucherkammer diente.
Zwischen Küche und Haustüren liegen kleine Flure, auf die auch die Türen zu den Stuben münden, deren Ofen
und Kochnischen an den Mittelschlot angeschloffen sind. Aufwändigere Wohnbauten, wie Amts-, Pfarr- und
Gasthäuser sind ganz unterkellert, zu ihren Haustüren führen oft Freitreppen, und sie haben mehrere Schorn-
steine, wodurch die Küche nach einer Seite hin verlagert werden kann und so ein durchgehender Flur möglich
wird. Diese Bauten sind ab und zu schon zweigeschossig, was für die Stadthäuser die Regel ist. Sie schließen
sich dann freilich zu geschloffenen Reihen zusammen, die höchstens durch Brandgäßchen unterbrochen werden.
427,428 In Alt Landsberg, Liebenwalde und sogar in Bernau hat ein großer Teil der Häuser außer der Eingangstür
eine meist seitlich verlagerte breite Durchfahrt; tritt der Besucher durch diese ein, so sieht er vor sich
einen von Ställen und Scheunen umbauten Hof, auf ihm die Ackerwagen, den Misthaufen und allerlei Ge-
flügel. Hierbei offenbart sich erst der wahre Charakter des Städtchens: Ackerbürger sind seine Hauptbewohner
und morgens wie abends treten im Straßenbild die Kuhherden auf. Daneben muten die modern-aufdring-
lichen Schaufenster in den oft modisch zurechtgestutzten Häuserfronten besonders komisch an. Es ist sehr zu
bedauern, daß auf solche Art der einstige geschloffene Eindruck der Strassen mit gleicher First- und Traufenhöhe
und ihren nur durch das unverputzte Fachwerk wechselnd gestalteten Schauseiten in den meisten Fällen ver-
Z2g nichtet ist. Bis auf ein einziges Fachwerkhaus mit geschnitztem Schwellenbalken von 158z in Bernau werden
in keiner der Städte unseres Kreises ältere Wohnhäuser als solche des 17. bis 18. Jh.mehr stehen, da zahl-
reiche Stadtbrände die früher nur aus Holz erbauten Straßenzüge immer wieder hcimgesucht haben. Um dem
Feuer weniger Nahrung zu geben, wurden die Scheunen gemäß den verschiedenen, seit Ende des 17. Jh. er-
lassenen Feucrordnungen an die Ausfallstraßen vor die Tore verlegt; diese Scheunenvicrtel sind ein weiteres
Kennzeichen der Ackerbürgerstädtchen; man findet sie im Kreise noch deutlich ausgeprägt bei Liebenwalde
und Alt Landsberg.
iz—16 An Hausrat haben sich bedauerlicherweise immer nur Einzelstücke erhalten; außer Ofenkacheln in den Hcimat-
467,49z müssen scheinen von dem einstigen Reichtum an prächtigen Kachelöfen nur noch die in Neuholland und Schön-
eiche zu zeugen, auch diese sind bereits umgesetzt. Große alte Schränke, Truhen und Stühle finden sich nur noch
vereinzelt; neben der Nichtachtung des alten Erbgutes im letzten halben Jahrhundert ist der Kunsthandel der
benachbarten Großstadt mitschuldig an den Verlusten, und leider glückt es ihm immer noch, solche schönen
Belegstücke früheren Handwerksffeißes den Eigentümern abzuschwatzen. Um diese Möglichkeit nicht noch zu
erleichtern, ist im vorliegenden Bande die Aufzählung beweglicher Ausstattungsstücke in privater Hand ge-
wöhnlich unterlassen worden.
Schon seit dem 17. Jh. wird es immer auffallender, wie ein Teil des Kulturlebens im Kreise unter den
Einfluß von Berlin gerät, was neben der örtlichen Nähe naturgemäß auch dadurch begründet ist, daß es
sich um die Regierungshauptstadt handelt. So sind damals die preußischen Landbaumeister an der Gestal-
tung der Ortsbilder beteiligt; Berliner Zinngießer, Silbcrschmiede und Glockengießer beliefern die ländlichen
Gemeinden. Der Berliner Bildhauer Gottfried Schadow schuf eines seiner Hauptwerke für das Kreisgebiet,
58z das marmorne Grabmal des Königlichen Bankiers Schütze (1798) in der Schöneicher Kirche, mit dem an