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einer Urne befindlichen Profilbild des Verstorbenen und dem liebevoll durchgebildeten Früchtekranz am
Sockel. Schadow nahe stehen auch die ausdrucksvollen Profilbildnisse des v. Goldbeckschen Grabmals (1820) Z40
in Blumberg. Weiterhin muffen hier die schönen Köpfe am Eingang des Redentunnels in Rüdersdorf ge-
nannt werden; dargestcllt sind die Könige Friedrich II., Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III., 5Z-—542
ferner der Minister v. Hcinitz und der Oberberghauptmann Graf v. Reden, wohl aus Rauchs Werkstatt.
Der Gesamtentwurf des Tunnelportals stammt von Friedrich Schinkel. Aus der Beteiligung dieser Per- 5Z5
sönlichkeiten ist zu erkennen, daß weit bis ins 19. Jh. hinein der unselige Zwiespalt zwischen künstlerischen
und wirtschaftlich-technischen Aufgaben noch nicht bestand. Schinkels Wirken als Leiter der Oberbaudirektion
erstreckte sich auch auf die Überprüfung der Vorhaben, die jetzt den staatlichen Hochbauämtern obliegen, und
somit nahm er u. a. noch Einfluß auf den Neubau der Kirche in Liebenwalde (i8gg) und die Gestaltung des
Turmabschlusses in Blumberg (1822). — Sein Schüler August Stüler schuf im Zusammenwirken mit König 519
Friedrich Wilhelm I V. den Neubau der Oranienburger Kirche; auch der Neubau zu Birkenwerder (1847/49)
geht auf ihn zurück.
Die bei den Herrenhäusern des 18. LH. gelegenen regelmäßigen Ziergärten wurden schon seit Anfang des
19. Jh. umgewandelt im Sinne des freien Landschaftsparks; in diesem Zustand haben sie sich, wenn auch
vielfach arg beraubt und vernachlässigt, oft noch heute erhalten. Nur bei einem ist die Beteiligung von Peter
Joseph Lenne nachzuweisen, nämlich bei Dahlwitz. Weitere nennenswerte Parks liegen in Fredersdorf, Lanke, Z57
Oranienburg, Schöneiche, Schönfließ und bei Dammsmühle. Der in dieser Zeit neuerwachten Vorliebe für die
freie Natur und die Jagd verdankt auch das an sich ältere Jagdschlößchen der Schorfheide in Groß Schönebeck
sein neugotischcs Gewand.
Verwaltungsmäßig gibt es den Kreis Niederbarnim seit dem Jahre 1816. Aber auch schon früher wurde der
„Hohe" und „Niedere" Barnim unterschieden. Bei der 1815 geschaffenen Kreisabgrenzung kam der Südost-
zipfel des „Hohen Barnim" zum Kreis Niederbarnim, der dann in neuerer Zeit ein beträchtliches Gebiet an
Groß Berlin hat abtrcten müssen. Wie für so viele deutsche Landstriche beginnt hier gleichzeitig mit dem Auf-
schwung der Industrie und dem Anwachsen der Bevölkerungsziffern das traurigste Kapitel für die Kunst des
Kreisgebietes. Die Erschließung der Landschaft durch Eisenbahnen (1842/4.Z Bahn Berlin-Stettin, 184z
Gründung der niederschlesisch-märkischen, späteren Ostbahn, 1877 Berliner Nordbahn, 1881 Vorortverkehr
Bernau, 1891 Vorortverkehr Oranienburg) brachte es mit sich, daß um die außerhalb der Altsiedlungen
angelegten Bahnhöfe neue Wohn- und Geschäftsviertel aufschossen, die planlos von Unternehmern
hergestellt wurden. Der Übergang zu den alten Orten wurde rücksichtslos und aus Verkehrsgründen
oft unter Zerstörung der früheren Bebauung durchgeführt. Das protzige Neue dringt auch mitten in
die Ortsbilder ein und die Sucht, den schnell erworbenen Reichtum zur Schau zu stellen, verführt
zu architektonischen Aufgeblähtheiten, die durch ihre Größe allen älteren Bestand um seine Wirkung bringen.
So ist durch die neuen Gebäude auf der Nordseite des Bernauer Marktes der Zusammenklang des Wohnbaues
mit der mächtigen Stadtkirche empfindlich gestört. Das Bestreben, sich in der Anpreisung von Ware gegen-
seitig zu überbieten, ebnet den Weg für die Reklameauswüchse, zu denen auch die rücksichtslosen Ladenein-
brüche in den Erdgeschossen zu rechnen sind. (In Bernau beginnt man erfreulicherweise, diese Schäden wieder
zu beseitigen.) Für all das wurden zudem durch die verbesserten Verkehrsmöglichkeiten leicht herbeizuschaffende,
industriemäßig hergestellte und oft landschaftsfremde Werkstoffe benutzt.
Auf den Dörfern wirkten besonders verheerend die eingreifenden Umbauten der Gutshäuser und Kirchen, weil
diese, wie früher im guten Sinne, nun verschandelt das Ortsbild wesentlich bestimmen. Der Reichtum der
Gründerjahre verführte zur Errichtung von durch landfremden Zierkram vcrunklärten „Theaterschlöffern"
(Blumberg, Fredersdorf, Hönow, Lanke, Löhme, Schönfließ, Tasdorf) an Stelle der vornehm-schlichten
märkischen Gutshäuser. Hier äußerte sich der Individualismus der Zeit in krasser Form. Ähnlich ging
es den Dorfkirchen infolge der neuen Raumbedürfnisse durch die schnell anwachsenden Einwohnerzahlen
und auch infolge der bürokratischen Erledigung der neuen Bauunternehmungen, deren Erzeugnisse man
heute am liebsten wieder beseitigen möchte. Unter vielem anderen sind hier die Kirchtürme von Hen-
nickendorf, Münchehofe, Schönfließ, Seebcrg, Stolzenhagen, Wensickendorf und Zepernick zu nennen, sowie
einer Urne befindlichen Profilbild des Verstorbenen und dem liebevoll durchgebildeten Früchtekranz am
Sockel. Schadow nahe stehen auch die ausdrucksvollen Profilbildnisse des v. Goldbeckschen Grabmals (1820) Z40
in Blumberg. Weiterhin muffen hier die schönen Köpfe am Eingang des Redentunnels in Rüdersdorf ge-
nannt werden; dargestcllt sind die Könige Friedrich II., Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III., 5Z-—542
ferner der Minister v. Hcinitz und der Oberberghauptmann Graf v. Reden, wohl aus Rauchs Werkstatt.
Der Gesamtentwurf des Tunnelportals stammt von Friedrich Schinkel. Aus der Beteiligung dieser Per- 5Z5
sönlichkeiten ist zu erkennen, daß weit bis ins 19. Jh. hinein der unselige Zwiespalt zwischen künstlerischen
und wirtschaftlich-technischen Aufgaben noch nicht bestand. Schinkels Wirken als Leiter der Oberbaudirektion
erstreckte sich auch auf die Überprüfung der Vorhaben, die jetzt den staatlichen Hochbauämtern obliegen, und
somit nahm er u. a. noch Einfluß auf den Neubau der Kirche in Liebenwalde (i8gg) und die Gestaltung des
Turmabschlusses in Blumberg (1822). — Sein Schüler August Stüler schuf im Zusammenwirken mit König 519
Friedrich Wilhelm I V. den Neubau der Oranienburger Kirche; auch der Neubau zu Birkenwerder (1847/49)
geht auf ihn zurück.
Die bei den Herrenhäusern des 18. LH. gelegenen regelmäßigen Ziergärten wurden schon seit Anfang des
19. Jh. umgewandelt im Sinne des freien Landschaftsparks; in diesem Zustand haben sie sich, wenn auch
vielfach arg beraubt und vernachlässigt, oft noch heute erhalten. Nur bei einem ist die Beteiligung von Peter
Joseph Lenne nachzuweisen, nämlich bei Dahlwitz. Weitere nennenswerte Parks liegen in Fredersdorf, Lanke, Z57
Oranienburg, Schöneiche, Schönfließ und bei Dammsmühle. Der in dieser Zeit neuerwachten Vorliebe für die
freie Natur und die Jagd verdankt auch das an sich ältere Jagdschlößchen der Schorfheide in Groß Schönebeck
sein neugotischcs Gewand.
Verwaltungsmäßig gibt es den Kreis Niederbarnim seit dem Jahre 1816. Aber auch schon früher wurde der
„Hohe" und „Niedere" Barnim unterschieden. Bei der 1815 geschaffenen Kreisabgrenzung kam der Südost-
zipfel des „Hohen Barnim" zum Kreis Niederbarnim, der dann in neuerer Zeit ein beträchtliches Gebiet an
Groß Berlin hat abtrcten müssen. Wie für so viele deutsche Landstriche beginnt hier gleichzeitig mit dem Auf-
schwung der Industrie und dem Anwachsen der Bevölkerungsziffern das traurigste Kapitel für die Kunst des
Kreisgebietes. Die Erschließung der Landschaft durch Eisenbahnen (1842/4.Z Bahn Berlin-Stettin, 184z
Gründung der niederschlesisch-märkischen, späteren Ostbahn, 1877 Berliner Nordbahn, 1881 Vorortverkehr
Bernau, 1891 Vorortverkehr Oranienburg) brachte es mit sich, daß um die außerhalb der Altsiedlungen
angelegten Bahnhöfe neue Wohn- und Geschäftsviertel aufschossen, die planlos von Unternehmern
hergestellt wurden. Der Übergang zu den alten Orten wurde rücksichtslos und aus Verkehrsgründen
oft unter Zerstörung der früheren Bebauung durchgeführt. Das protzige Neue dringt auch mitten in
die Ortsbilder ein und die Sucht, den schnell erworbenen Reichtum zur Schau zu stellen, verführt
zu architektonischen Aufgeblähtheiten, die durch ihre Größe allen älteren Bestand um seine Wirkung bringen.
So ist durch die neuen Gebäude auf der Nordseite des Bernauer Marktes der Zusammenklang des Wohnbaues
mit der mächtigen Stadtkirche empfindlich gestört. Das Bestreben, sich in der Anpreisung von Ware gegen-
seitig zu überbieten, ebnet den Weg für die Reklameauswüchse, zu denen auch die rücksichtslosen Ladenein-
brüche in den Erdgeschossen zu rechnen sind. (In Bernau beginnt man erfreulicherweise, diese Schäden wieder
zu beseitigen.) Für all das wurden zudem durch die verbesserten Verkehrsmöglichkeiten leicht herbeizuschaffende,
industriemäßig hergestellte und oft landschaftsfremde Werkstoffe benutzt.
Auf den Dörfern wirkten besonders verheerend die eingreifenden Umbauten der Gutshäuser und Kirchen, weil
diese, wie früher im guten Sinne, nun verschandelt das Ortsbild wesentlich bestimmen. Der Reichtum der
Gründerjahre verführte zur Errichtung von durch landfremden Zierkram vcrunklärten „Theaterschlöffern"
(Blumberg, Fredersdorf, Hönow, Lanke, Löhme, Schönfließ, Tasdorf) an Stelle der vornehm-schlichten
märkischen Gutshäuser. Hier äußerte sich der Individualismus der Zeit in krasser Form. Ähnlich ging
es den Dorfkirchen infolge der neuen Raumbedürfnisse durch die schnell anwachsenden Einwohnerzahlen
und auch infolge der bürokratischen Erledigung der neuen Bauunternehmungen, deren Erzeugnisse man
heute am liebsten wieder beseitigen möchte. Unter vielem anderen sind hier die Kirchtürme von Hen-
nickendorf, Münchehofe, Schönfließ, Seebcrg, Stolzenhagen, Wensickendorf und Zepernick zu nennen, sowie