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Sesckiektliek-kunstZeWiekMeker Überblick
Von Heinrich Jerchel und Joachim Seeger
Die Kunstdenkmäler gehören zu den beredtesten Zeugnissen aus dem Lebensbereich unserer Vorfahren. Für
unser Geschichtsbild sind sie nächst den geschriebenen und gedruckten Urkunden von großer Bedeutung: be-
zeugen sie doch den menschlichen Kulturwillen aller Zeiten bis in unsere Gegenwart hinein und verdienen des-
halb die gleiche Beachtung und Pflege, die für anderes Quellenmaterial aus sehr realen Gründen seit langem
selbstverständlich ist. Nicht nur die sogenannte große Kunst, sondern auch das kleinste Werk bis herab zum ver-
zierten Gebrauchsgegenstand gilt hier als „Urkunde", wobei sich das Schaffen des genialen Einzelnen in seiner
überzeitlichen Bedeutung von selbst als überragend heraushebt. Dieser Überblick unternimmt es, solche Ur-
kunden für einen Kreis ordnend zusammenzufassen, und zieht dabei ergänzend und bestätigend die historisch
bekannten Tatsachen hinzu. Eine tiefergehende Durchdringung des Stoffes bleibt der kunst- und heimat-
geschichtlichen Einzelforschung überlassen.
Als älteste Baudenkmäler geschichtlicher Zeit sind auch im Niederbamim die festgefügten Feldsteinkirchen
zu werten, auf die bereits am Ende des vor- und frühgeschichtlichen Überblicks hingewiesen ist. Ein festes
Datum ist für keinen dieser Bauten überliefert, jedoch können sic einwandfrei auf Grund kunstgeschichtlicher
Erkenntnisse für das iz. Jahrhundert in Anspruch genommen werden. Drese Zeitsetzung bestätigt sich
darüber hinaus durch das Alter der frühesten kirchlichen Ausstattungsstücke.
i8z Das stattlichste Beispiel solcher Feldsteinkirchen hat sich im ersten Bau der Stadtkirche von Alt Landsberg er-
halten. Es ist eine Pfeilerbasilika mit hochragendem, querrechteckigem Westturm von Schiffsbreite und mit
einfachem, gerade geschlossenemChor. Wie die im Kreis Oberbarnim gelegene Nachbarkirche Strausberg ist sie
kennzeichnend für den städtischen Sakralbau dieser Zeit. Reste eines verwandten Beispiels mag die Bernauer
Marienkirche enthalten. — Nur einschiffig und kleiner, aber dafür bereichert durch Choreinziehung und eine
Z92, Z9Z halbrunde ApsiS sind die aufwandreichsten Beispiele der Landkirchen(Herzfelde,Hönow, Lindenberg, Zepernick).
Diesen schließen sich die einfacheren Typen an, bei denen entweder Apsis (Blumberg, Börnicke) oder Chor-
einziehung (Seefeld) oder Choreinziehung und Apsis fortfallen. Die genannten Beispiele haben sämtlich
einen Turm; von turmloscn gehören Münchehofe, Rüdersdorf und Schwanebeck zur ersten Gruppe, Birkholz
und Schöneiche zur zweiten, die einfachen Saalkirchen Krummensee, Mehrow, Schmachtenhagen, Schönfließ
und Stolpe zur dritten Gruppe. Der Bau in Werder ist ein einfacher Saal mit Apsis. Der Saalbau von
Zinndorf hat zwar einen Turm, der aber abweichend von den bisher genannten Beispielen gegen das Schiff
einspringt, was gewöhnlich ein Anzeichen für Turmanbauten späterer Jahrhunderte ist. Diese Möglichkeit,
550 die in Rüdersdorf und Werder durch spätgotische Beispiele belegt ist, muß auch hier offen bleiben. Die ur-
sprünglichen Dächer, deren Gespärre in einigen Fällen noch die alten sind (Chordächer in Schöneiche, Hönow,
Münchehofe, Schwanebeck und Birkholz), sind sehr steil. Die Jnnenräume erhielten ihr Licht aus den hoch-
sitzenden, kleinen rundbogigen Fenstern mit stark geschrägten Gewänden, die man an zahlreichen Beispielen,
z. T. sogar mit ihren alten Holzrahmen (Alt Landsberg, Hönow, Birkholz), in den heutigen Dachräumcn
beobachten kann.
Die Gliederung des Jnnenraumeö wurde bewirkt durch die großen, teils runden, teils spitzen Bögen zwischen
Chor und Schiff und mittels eines Westbogens, durch den der Turm ehemals in das Ganze des Raumes ein-
bezogen war. Dieser Bogen ist leider durch spätere Einbautcn oder Vermauerungen fast nirgend mehr mitbe-
ftimmend für den Eindruck geblieben. Ob von der Kirche aus ein Einblick in das Dach möglich war oder ob
dieses durch eine Dielung abgetrennt war, ist in keinem Fall sicher zu entscheiden; im Chor der Alt Landsberger
Stadtkirche ist eine ehemalige Holztonne zu vermuten.
Die Einzelformen an Fenstern und Türen sind bei allen diesen Bauten schlicht; dafür zeichnet eine kräftige
und überaus sorgfältige Bearbeitung des Mauerwerks, insbesondere der Bauecken und der Gewändesteine,
die Bauten dieser Frühzeit aus. Die wenigen vorhandenen Sockel sind oben abgeschrägt, seltener karniesförmig.
Die älteren Öffnungen scheinen immer rundbogig zu sein; früh tritt jedoch auch der Spitzbogen, besonders an
Sesckiektliek-kunstZeWiekMeker Überblick
Von Heinrich Jerchel und Joachim Seeger
Die Kunstdenkmäler gehören zu den beredtesten Zeugnissen aus dem Lebensbereich unserer Vorfahren. Für
unser Geschichtsbild sind sie nächst den geschriebenen und gedruckten Urkunden von großer Bedeutung: be-
zeugen sie doch den menschlichen Kulturwillen aller Zeiten bis in unsere Gegenwart hinein und verdienen des-
halb die gleiche Beachtung und Pflege, die für anderes Quellenmaterial aus sehr realen Gründen seit langem
selbstverständlich ist. Nicht nur die sogenannte große Kunst, sondern auch das kleinste Werk bis herab zum ver-
zierten Gebrauchsgegenstand gilt hier als „Urkunde", wobei sich das Schaffen des genialen Einzelnen in seiner
überzeitlichen Bedeutung von selbst als überragend heraushebt. Dieser Überblick unternimmt es, solche Ur-
kunden für einen Kreis ordnend zusammenzufassen, und zieht dabei ergänzend und bestätigend die historisch
bekannten Tatsachen hinzu. Eine tiefergehende Durchdringung des Stoffes bleibt der kunst- und heimat-
geschichtlichen Einzelforschung überlassen.
Als älteste Baudenkmäler geschichtlicher Zeit sind auch im Niederbamim die festgefügten Feldsteinkirchen
zu werten, auf die bereits am Ende des vor- und frühgeschichtlichen Überblicks hingewiesen ist. Ein festes
Datum ist für keinen dieser Bauten überliefert, jedoch können sic einwandfrei auf Grund kunstgeschichtlicher
Erkenntnisse für das iz. Jahrhundert in Anspruch genommen werden. Drese Zeitsetzung bestätigt sich
darüber hinaus durch das Alter der frühesten kirchlichen Ausstattungsstücke.
i8z Das stattlichste Beispiel solcher Feldsteinkirchen hat sich im ersten Bau der Stadtkirche von Alt Landsberg er-
halten. Es ist eine Pfeilerbasilika mit hochragendem, querrechteckigem Westturm von Schiffsbreite und mit
einfachem, gerade geschlossenemChor. Wie die im Kreis Oberbarnim gelegene Nachbarkirche Strausberg ist sie
kennzeichnend für den städtischen Sakralbau dieser Zeit. Reste eines verwandten Beispiels mag die Bernauer
Marienkirche enthalten. — Nur einschiffig und kleiner, aber dafür bereichert durch Choreinziehung und eine
Z92, Z9Z halbrunde ApsiS sind die aufwandreichsten Beispiele der Landkirchen(Herzfelde,Hönow, Lindenberg, Zepernick).
Diesen schließen sich die einfacheren Typen an, bei denen entweder Apsis (Blumberg, Börnicke) oder Chor-
einziehung (Seefeld) oder Choreinziehung und Apsis fortfallen. Die genannten Beispiele haben sämtlich
einen Turm; von turmloscn gehören Münchehofe, Rüdersdorf und Schwanebeck zur ersten Gruppe, Birkholz
und Schöneiche zur zweiten, die einfachen Saalkirchen Krummensee, Mehrow, Schmachtenhagen, Schönfließ
und Stolpe zur dritten Gruppe. Der Bau in Werder ist ein einfacher Saal mit Apsis. Der Saalbau von
Zinndorf hat zwar einen Turm, der aber abweichend von den bisher genannten Beispielen gegen das Schiff
einspringt, was gewöhnlich ein Anzeichen für Turmanbauten späterer Jahrhunderte ist. Diese Möglichkeit,
550 die in Rüdersdorf und Werder durch spätgotische Beispiele belegt ist, muß auch hier offen bleiben. Die ur-
sprünglichen Dächer, deren Gespärre in einigen Fällen noch die alten sind (Chordächer in Schöneiche, Hönow,
Münchehofe, Schwanebeck und Birkholz), sind sehr steil. Die Jnnenräume erhielten ihr Licht aus den hoch-
sitzenden, kleinen rundbogigen Fenstern mit stark geschrägten Gewänden, die man an zahlreichen Beispielen,
z. T. sogar mit ihren alten Holzrahmen (Alt Landsberg, Hönow, Birkholz), in den heutigen Dachräumcn
beobachten kann.
Die Gliederung des Jnnenraumeö wurde bewirkt durch die großen, teils runden, teils spitzen Bögen zwischen
Chor und Schiff und mittels eines Westbogens, durch den der Turm ehemals in das Ganze des Raumes ein-
bezogen war. Dieser Bogen ist leider durch spätere Einbautcn oder Vermauerungen fast nirgend mehr mitbe-
ftimmend für den Eindruck geblieben. Ob von der Kirche aus ein Einblick in das Dach möglich war oder ob
dieses durch eine Dielung abgetrennt war, ist in keinem Fall sicher zu entscheiden; im Chor der Alt Landsberger
Stadtkirche ist eine ehemalige Holztonne zu vermuten.
Die Einzelformen an Fenstern und Türen sind bei allen diesen Bauten schlicht; dafür zeichnet eine kräftige
und überaus sorgfältige Bearbeitung des Mauerwerks, insbesondere der Bauecken und der Gewändesteine,
die Bauten dieser Frühzeit aus. Die wenigen vorhandenen Sockel sind oben abgeschrägt, seltener karniesförmig.
Die älteren Öffnungen scheinen immer rundbogig zu sein; früh tritt jedoch auch der Spitzbogen, besonders an