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Brauer, Heinrich; Scheffler, Wolfgang; Weber, Hans
Die Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein (2): Die Kunstdenkmäler des Kreises Pinneberg — Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.66537#0121
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Hellingen

ii7

ischen Buchstaben ausgeht. Die Strahlen durchbrechen einen Wolkenkranz, in dem ge-
flügelte Engelköpfe erscheinen. Über dem Gesims drei flammende Vasen. Jeweils zwei
weitere Eingänge befinden sich an der Süd-Ost, Süd-West, Nord-Ost und Nord-West-
Seite des Oktogons, doch sind diese — als Nebeneingänge zu den unter den Emporen
gelegenen Seitenlogen — ganz schlicht behandelt. Sie haben Stichbogen. Die Fenster,
die an diesen Seiten weiter herabreichen, haben Sandsteinsohlbänke.
Das mit roten holländischen Pfannen gedeckte achtteilige Mansarddach hat auf jeder
Seite in der Mansarde je zwei rundbogig geschlossene Dachgauben, im oberen Dachteil
je eine mit Satteldach versehene Gaube. Die Bekrönung bildet die mit Kupfer verkleidete
hohe breite Achtecklaterne. Ein breiter Umgang mit schönem schmiedeeisernen Gitter 27
umgibt sie. Die Laterne tritt auch für den näher an die Kirche herankommenden frei
und unbeeinträchtigt in Erscheinung. Toskanische Pilaster stoßen an den Ecken zusammen
und schließen rundbogige Fenster ein. Über dem ionischen Gebälk erhebt sich die welsche
Haube, an deren Spitze Kugel, Wetterfahne und Kreuz aufragen.
Inneres: Acht gemauerte Achtecksäulen scheiden eine von zwei Emporen durchzogene 30
äußere Raumzone als Außen- und Nebenschiff von dem inneren Raum ab und tragen die
kühne Holzkonstruktion des Kappengewölbes. In seiner Mitte befindet sich — eine für den
protestantischen Kirchenbau einzigartige Lösung — die große offene Laterne, die Haupt- 32
lichtquelle des weiten Innenraums. Die Laterne ist so breit und ihre Fenster so hoch, daß
der durch das hohe Dach bedingte Schacht wie ein Sockel und Unterbau des lichterfüllten
Achtecktempels wirkt. Die Dachgauben der Mansarde stehen in Verbindung mit Licht-
schächten, die in die geraden Balkendecken des Außenschiffs münden; die oberen Dach-
gauben senden ihr Licht durch lange steile Kanäle zu den Stichbogenöffnungen in den
acht Gewölbekappen. Diese Fenster sichern zwar der Raummitte—dem Platz vor dem Altar 31
und um die Taufe — auch an trüben Tagen eine beträchtliche Aufhellung, doch tragen sie
andererseits mit dazu bei, daß die Gewölbekappen selbst stets dunkel erscheinen müssen.
So wird eine befriedigende Auffassung der an sich klaren und wohlproportionierten Raum-
form behindert, der Blick dagegen durch die Darbietung der langen Lichtschächte
allzusehr auf die technischen Schwierigkeiten der Dachkonstruktion gelenkt.
Stuckatur und Fresko: Für die innere Ausschmückung standen dem Baumeister Cai
Dose der Stukkateur Carlo Donato Martini und dessen Bruder, der Maler Francesco
Martini zur Seite. An den Gewölbekappen haben die Stuckaturen die Form von reichen
Bilderrahmen über Wandtischen oder Altären. Die Felder in der Laterne tragen Fresken
von auf Wolken sitzenden Gestalten, König David (über der Orgel), drei Propheten und
die vier Evangelisten. Oben und unten befinden sich an den rechteckigen Rahmen Rocaille-
kartuschen. Ähnliche Formen kehren als Grisaillemalerei in steter Wiederholung an den
Emporenfeldern wieder. Die Laternendecke zeigt in Frescomalerei musizierende Engel
auf Wolken, um ein Dreieck mit dem Auge Gottes schwebend.
AUSSTATTUNG. Der Altar 'm mit Kanzel und Orgel zu einem Aufbau vereinigt, der 30
von den beiden östlichen Achteckpfeilern wirkungsvoll zusammengefaßt wird. Laut 76
Baurechnungsbuch (Burgh. S. 73) von Tischlermeister Meltzo aus Altona hergestellt,
die Bildhauerarbeit von Joh. Heinrich Schmidt. Die Bilder sind signiert, Francesco
Martini malte sie.
 
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