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Kees, Hermann
Ägyptische Kunst — Jedermanns Bücherei: Breslau: Hirt, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.67249#0079
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Kunstbeziehungen

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führen von dort ins Abendland. Daß die Südländer, Nubien und
später auch Äthiopien, seit der (Frühzeit immer mehr von der
höheren Kultur Ägyptens abhängig werden, sei nebenher erwähnt;
außer lokaler Handwerkerkunst sind dort vor der Äthiopenzeit
kaum Ansätze eigener Kultur vorhanden. Als früh dem Orient
zugewandter Mittelpunkt der ägäischen Inselwelt ist Kreta beson-
ders wichtig geworden. Mit ihm pflegten die Ägypter schon von
der Blütezeit des Alten Reiches an regelmäßigen Handelsverkehr.
Künstlerische Berührungen vermögen wir auf ägyptischer Seite
trotzdem vorläufig nicht vor der 12. Dynastie nachzuweisen, wo
bunte Kamaresvasen, allerdings in verschwindend geringer Zahl,
in der Stadt Sesostris II. bei Illahun („Kahun“) und in Abydos auf-
treten. Andrerseits wandern so gut wie nach Phönikien, ja bis
Kilikien hinauf (Adana) kleinere ägyptische Arbeiten, neben Stein-
gefäßen aus Alabaster, Skarabäen z. B. auch figürliche Statuetten
von Privatpersonen auch nach Kreta.
Der Einfluß auf die ägyptische Kunst ist zunächst unbedeutend:
Ob die seit der 12. Dynastie ornamental viel verwendete Spirale,
namentlich zur Einfassung der Skarabäensiegelinschriften, auch als
Deckenmuster oder in Metallarbeiten aus feinem Golddraht, aus
der Inselkunst nach Ägypten gekommen ist, ist zweifelhaft, aber
möglich. Die entscheidende Zeit müßte dann bereits in die Hera-
kleopolitenzeit hinaufgehen, in die sich die Spirale zurückverfolgen
läßt. Enger werden die Beziehungen zu Kreta am Ende der Hyk-
soszeit, namentlich zu Beginn der 18. Dynastie (Thutmosidenzeit).
Auch hier ist aber die ägyptische Wirkung nach außen stärker
fühlbar als umgekehrt. Von Ägypten kommt der Anstoß zur natür-
lichen Darstellung der menschlichen Umwelt, vor allem der Land-
schaft, mit Tieren und Pflanzen: die beliebtesten ägyptischen Pflan-
zenmotive, Papyrus, Lotos, Lilie und Cyperus alopecuroides gehen
in die mykenische Ornamentik über. Ägypten seinerseits hat außer
wenigen ornamentalen Motiven den kretischen Künstlern vielleicht
den kühnen Schwung des Vortrags und einzelne kompositionelle
Raumlösungen1 abgesehen. Gerade die Zeit der höchsten Steigerung

1 s. o. S. 44.
 
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