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Neunter Abschnitt
des neuen Stils (2. Hälfte der 18. Dynastie) ist aber, das darf man
nicht übersehen, von unmittelbarer Beeinflussung aus dieser Rich-
tung freier, als die vorausgehende Thutmosidenzeit.
Wesentlich einseitiger ist das Verhältnis zu Phönikien, Syrien
und darüber hinaus Mesopotamien. Die an schöpferischen Gedan-
ken so überraschend arme und phantasielose semitische Kultur dort
hatte Ägypten wenig zu bieten, um so weniger, nachdem in dem
erbitterten Völkerringen auf dem Boden Syriens und Palästinas
von der Hyksoszeit über die Kriege Thutmosis III., die Einfälle
der Chabiri (Hebräer) in der Amarnazeit bis zu den Hettiterkämp-
fen Ramses II. die letzten Keime einer höheren Kultur vernichtet
waren. Dagegen haben die phönikischen Küstenstädte seit dem
Mittleren Reich mit kurzen Unterbrechungen eine stark ägyptisierte
Herrscherschicht. Phönikien ist daher auch später der Boden jenes
bekannten Mischstils, der neben einem schwächeren babylonisch-
assyrischen Einschlag gerade das ägyptische Lehngut, aufbauend
auf der in der Ramessidenzeit erreichten Stufe, unverkennbar her-
vortreten läßt. Die weiten Handelsverbindungen der Küste tragen
für die Weltverbreitung dieser Elemente nach Westen, Norden und
Osten außerordentlich viel bei.
Von Phönikien und Syrien gelangen ägyptische Einflüsse, auch
hier vor allem figürliche und kompositionelle Einwirkungen, z. B.
der Jagd- und Schlachtenbilder, namentlich in Metall- (Schalen-)
und Elfenbein-Arbeiten, daneben die Pflanzenornamentik, wie Ro-
settenreihen, Palmette, Bogenfriese aus Blüten und Knospen des
Lotos u. a., sowohl in die assyrische als in die neubabylonische
Kunst. Der Sphinx ist schon früher bis in den hettitischen Kultur-
kreis gewandert, die geflügelte Sonnenscheibe, der Skarabäus und
die ägyptische Türform folgen ihm nach Persien. Dem archaischen
Griechenland wurden wiederum von den kleinasiatischen Ioniern
orientalische Elemente ebenso übermittelt, wie sie von Kleinasien
nach Etrurien in den Westen gelangten. Durch die seit dem 7. Jahr-
hundert aufblühenden Handelsniederlassungen ionischer Griechen
in Ägypten (Naukratis) bekam es Gelegenheit, die Spätblüte der
ägyptischen Renaissance und den ägyptischen Kanon der mensch-
lichen Gestalt im Lande selbst kennenzulernen.
Neunter Abschnitt
des neuen Stils (2. Hälfte der 18. Dynastie) ist aber, das darf man
nicht übersehen, von unmittelbarer Beeinflussung aus dieser Rich-
tung freier, als die vorausgehende Thutmosidenzeit.
Wesentlich einseitiger ist das Verhältnis zu Phönikien, Syrien
und darüber hinaus Mesopotamien. Die an schöpferischen Gedan-
ken so überraschend arme und phantasielose semitische Kultur dort
hatte Ägypten wenig zu bieten, um so weniger, nachdem in dem
erbitterten Völkerringen auf dem Boden Syriens und Palästinas
von der Hyksoszeit über die Kriege Thutmosis III., die Einfälle
der Chabiri (Hebräer) in der Amarnazeit bis zu den Hettiterkämp-
fen Ramses II. die letzten Keime einer höheren Kultur vernichtet
waren. Dagegen haben die phönikischen Küstenstädte seit dem
Mittleren Reich mit kurzen Unterbrechungen eine stark ägyptisierte
Herrscherschicht. Phönikien ist daher auch später der Boden jenes
bekannten Mischstils, der neben einem schwächeren babylonisch-
assyrischen Einschlag gerade das ägyptische Lehngut, aufbauend
auf der in der Ramessidenzeit erreichten Stufe, unverkennbar her-
vortreten läßt. Die weiten Handelsverbindungen der Küste tragen
für die Weltverbreitung dieser Elemente nach Westen, Norden und
Osten außerordentlich viel bei.
Von Phönikien und Syrien gelangen ägyptische Einflüsse, auch
hier vor allem figürliche und kompositionelle Einwirkungen, z. B.
der Jagd- und Schlachtenbilder, namentlich in Metall- (Schalen-)
und Elfenbein-Arbeiten, daneben die Pflanzenornamentik, wie Ro-
settenreihen, Palmette, Bogenfriese aus Blüten und Knospen des
Lotos u. a., sowohl in die assyrische als in die neubabylonische
Kunst. Der Sphinx ist schon früher bis in den hettitischen Kultur-
kreis gewandert, die geflügelte Sonnenscheibe, der Skarabäus und
die ägyptische Türform folgen ihm nach Persien. Dem archaischen
Griechenland wurden wiederum von den kleinasiatischen Ioniern
orientalische Elemente ebenso übermittelt, wie sie von Kleinasien
nach Etrurien in den Westen gelangten. Durch die seit dem 7. Jahr-
hundert aufblühenden Handelsniederlassungen ionischer Griechen
in Ägypten (Naukratis) bekam es Gelegenheit, die Spätblüte der
ägyptischen Renaissance und den ägyptischen Kanon der mensch-
lichen Gestalt im Lande selbst kennenzulernen.