ACHTER ABSCHNITT
Die Spätzeit
Es ist durchaus nicht alles minderwertig, was die Kunst der Zeit
vor Beginn der bewußten Renaissance zu sagen hatte. Wenn
selbst eine gewöhnliche Sargmalerei aus der Zeit der libyschen
Soldatenkönige noch soviel Gutes aus dem Geist der Teil Amarna-
zeit aufzuweisen hat, wie das abgebildete Stück des Berliner Mu-
seums (Abb. 44), so kann der Funke künstlerischer Begabung in
Ägypten noch nicht erloschen sein. Freilich muß man sich wegen
des fortschreitenden wirtschaftlichen Verfalls vorzugsweise mit klein-
plastischen Werken begnügen, die Bronzeplastik rückt vom Ende der
Ramessidenzeit an die entscheidende Stelle. In großer Menge erschei-
nen kleine Götterfiguren. Unter diesen zeigen die Tierbilder, nament-
lich die jetzt sehr beliebten Katzenbilder, des heiligen Tieres von
Bubastis, einem der Hauptsitze der 22. Dynastie, daß der Ägypter
die liniensichere Erfassung des Tierkörpers nicht verlernt hat.
So kann am Ausgang der ägyptischen Kunst noch einmal eines
der allerbesten Tierbilder aller Zeiten stehen, der wunderbare
gelagerte Löwe des Nektanebos im Vatikan (Abb. 47), der die
Vollendung des in den Löwenfiguren Amenophis III. Erstrebten
bedeutet. Doch ist die nervöse Spannung der älteren Schöpfung
einer majestätischen Ruhe in dem breiten beherrschenden Haupt
gewichen. Die Ausführung ist technisch vollendet, vielleicht etwas
zu glatt. Dabei ist es ein durch und durch ägyptisches Werk, trotz-
dem die anlehnungsbedürftig gewordene Kunst nunmehr auch ge-
legentlich Anregungen der griechischen Kunst aufgreift.
Der in der äthiopischen 25. Dynastie merkbar einsetzende
Archaismus ist zweifellos politisch bedingt. Das äthiopische König-
tum von Napata spielt sich von Pianchis ägyptischem Feldzug
an als Erbe der orthodoxen Amonsherrschaft auf; der Gegensatz
zu den Assyrern und ihren unterägyptischen Helfern wirkt noch
verschärfend. Die entlegendste, nur oberflächlich seit den Zeiten
Die Spätzeit
Es ist durchaus nicht alles minderwertig, was die Kunst der Zeit
vor Beginn der bewußten Renaissance zu sagen hatte. Wenn
selbst eine gewöhnliche Sargmalerei aus der Zeit der libyschen
Soldatenkönige noch soviel Gutes aus dem Geist der Teil Amarna-
zeit aufzuweisen hat, wie das abgebildete Stück des Berliner Mu-
seums (Abb. 44), so kann der Funke künstlerischer Begabung in
Ägypten noch nicht erloschen sein. Freilich muß man sich wegen
des fortschreitenden wirtschaftlichen Verfalls vorzugsweise mit klein-
plastischen Werken begnügen, die Bronzeplastik rückt vom Ende der
Ramessidenzeit an die entscheidende Stelle. In großer Menge erschei-
nen kleine Götterfiguren. Unter diesen zeigen die Tierbilder, nament-
lich die jetzt sehr beliebten Katzenbilder, des heiligen Tieres von
Bubastis, einem der Hauptsitze der 22. Dynastie, daß der Ägypter
die liniensichere Erfassung des Tierkörpers nicht verlernt hat.
So kann am Ausgang der ägyptischen Kunst noch einmal eines
der allerbesten Tierbilder aller Zeiten stehen, der wunderbare
gelagerte Löwe des Nektanebos im Vatikan (Abb. 47), der die
Vollendung des in den Löwenfiguren Amenophis III. Erstrebten
bedeutet. Doch ist die nervöse Spannung der älteren Schöpfung
einer majestätischen Ruhe in dem breiten beherrschenden Haupt
gewichen. Die Ausführung ist technisch vollendet, vielleicht etwas
zu glatt. Dabei ist es ein durch und durch ägyptisches Werk, trotz-
dem die anlehnungsbedürftig gewordene Kunst nunmehr auch ge-
legentlich Anregungen der griechischen Kunst aufgreift.
Der in der äthiopischen 25. Dynastie merkbar einsetzende
Archaismus ist zweifellos politisch bedingt. Das äthiopische König-
tum von Napata spielt sich von Pianchis ägyptischem Feldzug
an als Erbe der orthodoxen Amonsherrschaft auf; der Gegensatz
zu den Assyrern und ihren unterägyptischen Helfern wirkt noch
verschärfend. Die entlegendste, nur oberflächlich seit den Zeiten