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Kekulé von Stradonitz, Reinhard [Hrsg.]; Kekulé von Stradonitz, Reinhard [Bearb.]
Die antiken Terrakotten (Band II): Die Terracotten von Sicilien — Berlin u.a., 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.866#0018
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ERSTER HAUPTTEIL.

I. FUNDSTELLEN.

MEGARA.

Als Fundort von Terracotten ist Megara erst seit 1S58
bekannt geworden; im Juli jenes Jahres fand sich eine sehr
grosse Anzahl an einer und derselben Stelle auf dem Besitz
des Notars Herrn Alfio Vinci. Nachdem man zuerst ge-
glaubt hatte, auf eine Werkstatt getroffen zu sein, ergab
sich nachher, dass es vielmehr eine Sammel- oder Ab-
lagerungsstelle war — vermutlich also von nach und nach
aufgehäuften, weggeworfenen Weihgeschenken oder dergl,
Von diesen Fimdstücken fand ich im Winter 1S74 in
Siracusa im Museum gegen 200 vor; doch können mir dazu
gehörige Stücke leicht entgangen sein, da ich den Be-
stand des Fundes zum Teil zwischen fremdem heraussuchen
musstc.

Seit 1S6S ist man vielfach, absichtlich und zufällig,
auf Gräber gestossen, von deren Inhalt einiges wenige un-
mittelbar in das Museum zu Siracusa, das meiste, wenigstens
zuerst, in Privatbesitz gekommen ist. Einige Wochen lang
hat die Regierung im Winter 1S79 Ausgrabungen vorneh-
men lassen.

Die hiernächst, Fig. 1, abgebildete weibliche Gestalt
befand sich im Januar 1S75 im Besitz des Herrn Salvadore
David in Melilli, welcher mir gestattete, sie durch Herrn
Otto in einer freilich sehr rasch auszuführenden Skizze
zeichnen zu lassen. Ucber die Art des Fundes erhielt ich
nur die allgemeine Angabe, er sei bei Melilli nach dem
Meere hin erfolgt. Die Figur hat die beträchtliche Höhe
von ungefähr 40 Centimeter; die Gesichtslänge beträgt
9 Centimeter. Die Figur ist hohl, aber sehr dickwandig,
so dass sie auffällig schwer ist, Im Haar sitzen Reste von
schwarzer Farbe. Der Kopf und die Flechten an den Seiten
sind gelassen, wie man sie gefunden hat; sonst scheint die
Oberfläche überschmiert zu sein, um die Beschädigungen
am Körper und am Schopf zu verdecken. Die Figur wird
schwerlich, so wie sie ist, vollständig sein, obwol sich
darüber nicht mit Sicherheit urteilen lässt. Die Ränder an
den Armen und unten sind beschädigt, aber zum Teil antik.
Dass die 'Vorderarme besonders gearbeitet und eingesetzt
wurden, kommt bei archaischen Tc-rracottafiguren häufig vor;
dafür, dass der unterste Teil des Körpers in der Weise,
wie es hier vorausgesetzt werden inusste, besonders ge-
arbeitet und angesetzt worden wäre, ist mir ein anderes
Beispiel nicht bekannt; aber es ist wol denkbar, dass man

so verfuhr, um die Schwierigkeiten der Herstellung zu ver-
ringern. Wenn man die Figur von vorn betrachtet, so
bemerkt man an den Augen keine Angabe der Augenlider;

im Profil gesehen fällt dagegen der Schatten so, dass man

glaubt, das obere Augenlid sei plastisch angegeben. — Die

| Figur macht den Findruck noch mehr von Ursprünglichkeit
 
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