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Kempf, Friedrich; Schuster, Karl
Das Freiburger Muenster: ein Führer für Einheimische und Fremde — Freiburg i. Br., 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.5501#0103
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Das Innere des Münsters.

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Den hervorragendsten Schatz des Münsters aber bilden die
Glasmalereien Sie gewähren einen umfassenden Überblick
über die Pflege dieses Kunstzweiges vom 13. bis zum Ausgang
des 16. Jahrhunderts (Chor). Sind auch die meisten Fenster
nicht mehr unversehrt in ihrer ursprünglichen Erscheinung er-
halten, so haben doch nur wenige kirchliche Bauten aus dem Mittel-
alter, was Umfang und Wert anlangt, Vorzüglicheres aufzuweisen.
Die beklagenswerten Verluste und Beschädigungen der Glas-
malereien wurden teils durch mancherlei Bauveränderungen,
teils durch die Kriegstürme im 17. und 18. Jahrhundert, teils
durch die Unbilden der Witterung sowie auch durch die Ge-
schmacksrichtung einer späteren Zeit herbeigeführt. Welchen
Schaden die Glasmalereien durch die Belagerung der Stadt im
Jahre 1744 und die Sprengung der Festungswerke erfuhren, wurde
schon früher gesagt (S. 38).

Seit dem 17. Jahrhundert war die Kunst der Glasmalerei voll-
ständig erstorben und erwachte erst wieder im ig. Jahrhundert
zu neuem Leben.

Wie es mit dem Kunstsinn gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestellt
war und welches Maß der Wertschätzung man diesen farbenglühenden
Kunstgebilden entgegenbrachte, geht aus der Aufzeichnung eines Zeit-
genossen, des mehrfach erwähnten Münstergeistlichen Geißi/iger, vom Jahre
1787, hervor: «Hier bey denen Fenstern und untren Kreuzstöcken ist zu
bemerken, dz es noch zu erdenken, wie dz in dem hiesigen Münster Lang-
hauß alle .Fenstergestelle mit den uralten Amausen oder Glasmahlereyen
von Heiligen und von Wappen, auch andern Figuren geziehret waren, nun
sind dieselben allgemach durch Zerfall und Lange der Zeiten, durch Winde,
Schauder oder Erdenstoßen, Hagel, Strohl des Gewitters, durch Stein werffen
deren Buben in Ruin zergangen, auch meistens weilen diese gemahlte
l'enstren sehr finster, schweer und tumm macheten schaffet man dieselbe
allgemach ab, und worden Stadt derselben allgemach lauter weiße Gläßer
entweders ganz eingesetzet und allgemach da und dorth mit weißen nach-
geflicket, dessen ohngeacht zu ewigen Angedenken, verbleiben hin und wider

1 Zu den Glasmalereien s. Fr. Gciges, Der alte Fensterschmuck des
Freiburger Münsters, Freiburg 1902 fr, Herder.
 
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